Internet-Betrügerin schuldig gesprochen
10.03.2023 Baselbiet, JustizMuttenz | Zwei Jahre bedingt für Oberbaselbieterin
Über das Internet hatte eine Frau aus dem Oberbaselbiet Waren angeboten, verkauft, das Geld dafür überweisen lassen, die Ware aber nicht geliefert. Dafür erhielt sie vom Strafgericht eine bedingte Haftstrafe von zwei ...
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Über das Internet hatte eine Frau aus dem Oberbaselbiet Waren angeboten, verkauft, das Geld dafür überweisen lassen, die Ware aber nicht geliefert. Dafür erhielt sie vom Strafgericht eine bedingte Haftstrafe von zwei Jahren.
Thomas Immoos
Tablets, Handys, Lautsprecherboxen, Nike-Turnschuhe – all dies bot eine Frau, die eine Teil-Invalidenrente und Sozialhilfe bezieht, im Internet zum Verkauf an. Allerdings war sie bis auf eine Ausnahme gar nie im Besitz der Ware und somit auch weder in der Lage noch willens, diese zu liefern (die «Volksstimme» berichtete).
Vor Gericht zeigte sich die Angeklagte reuig: «Es war ein Blödsinn, den ich gemacht habe.» Auf die Idee war sie gekommen, als sie eine Lautsprecherbox anbot und mehrere Angebote dafür erhielt. Für die angebotene Ware verlangte sie relativ kleine Beträge, zwischen 40 und 170 Franken. Geschädigt wurden insgesamt rund 40 Personen. Mit dem Geld kaufte sie unter anderem Zigaretten und Weihnachtsgeschenke für ihre Freunde. Den Behörden ihrer Gemeinde verschwieg sie nicht nur die Verkaufserträge, sondern auch Zuwendungen und Geldgeschenke von Verwandten. Deshalb war sie auch des Sozialhilfebetrugs angeklagt. Dazu kam der Vorwurf der falschen Anschuldigung, weil sie ihren damaligen Freund bezichtigt hatte, den Internethandel betrieben und ihr Bankkonto bewirtschaftet zu haben. Zudem zerstörte sie im Streit das Wasserbett in der Wohnung des Freundes.
Kriminelle Energie
Staatsanwältin Eszter Tréfas bescheinigte der Angeklagten eine gewisse kriminelle Energie. Mit Arglist habe sie ihre Kundinnen und Kunden getäuscht. Auch habe sie dem Sozialamt wesentliche Fakten vorenthalten. Der Schaden in der Höhe von über 13 000 Franken in der Wohnung des Ex-Freundes sei ebenfalls «keine Bagatellsumme». Die Staatsanwältin beantragte eine 15-monatige bedingte Gefängnisstrafe bei einer Probezeit von zwei Jahren.
Demgegenüber plädierte Pflichtverteidiger Michael Blattner für Freispruch in allen Punkten. Zwar seien zahlreiche Menschen finanziell geschädigt worden. Dies sei aber eine zivil-, keine strafrechtliche Angelegenheit. Auch handle es sich bei den Internetdelikten nicht um mehrere Delikte, sondern um eine Handlungseinheit. Was die Arglist angeht, so liege diese nicht vor. Dafür hätte seine Mandantin ein ganzes Lügengebäude aufbauen müssen, das sei aber nicht der Fall gewesen. Auch die tiefen Preise für die angebotene Ware hätten stutzig machen müssen, argumentierte der Anwalt weiter. Was die falschen Anschuldigungen angehe, so seien diese Vorwürfe nicht verwertbar, da seiner Mandantin erst nach der Befragung durch die Polizei ein amtlicher Verteidiger zugeteilt worden sei.
Vorwurf nicht haltbar
Auch liege kein Sozialhilfebetrug vor. Denn Sozialhilfebezüger dürften geringfügige Nebeneinkünfte haben, ohne mit Kürzungen rechnen zu müssen. Zudem seien die Geldzuwendungen nicht als Einkünfte zu werten, sondern als Darlehen. Die Urkundenfälschung liege ebenfalls nicht vor. Denn die nachträgliche Bestätigung der Vollmacht an den Ex-Freund sei im rechtlichen Sinne keine Urkunde. Und was die Sachbeschädigung angeht, so habe der Freund zu wenig unternommen, um den Wasserschaden möglichst gering zu halten.
Verfahren dauerte über vier Jahre
Das Dreiergericht unter der Leitung von Beat Schmidli verurteilte die Frau zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, bei einer Probezeit von zwei Jahren. Schmidli befand: «Es war keine gute Idee, Dinge im Internet anzubieten, ohne liefern zu wollen.» Mit Ausnahme einiger weniger Fälle liege Internetbetrug vor. Auch die falsche Anschuldigung bleibt als Vorwurf bestehen. Hingegen sei der Vorwurf des Sozialhilfebetrugs nicht haltbar. Die Wohngemeinde habe nicht genau nachgewiesen, wie hoch dieser Betrug allenfalls sei und ob die Kürzung der Sozialhilfe gerechtfertigt gewesen sei.
Auch beim Wasserschaden zeigt sich das Gericht milde. Der Freund habe es, trotz Anregung der Polizei, unterlassen, die Feuerwehr zu rufen, um den Wasserschaden beheben zu lassen. Auch sei ein Teil des Schadens als «Altersentwertung» zu betrachten. Zu den Internetbetrügen sagte der Gerichtspräsident, dass es zwar eine Vielzahl von Geschädigten gebe, aber die einzelnen Deliktsbeträge gering seien. Trotzdem seien diese Handlungen als qualifizierter Betrug zu werten.
Der Angeklagten wurden ihr Geständnis und ihre Kooperationsbereitschaft zugutegehalten. Sie sei nicht rücksichtlos vorgegangen und habe aus Geldnot gehandelt. Das Gericht verwies auch auf die belastete Kindheit und die psychische Erkrankung der Frau. Dass das Verfahren über vier Jahre dauerte, bis es zur Verhandlung kam, kritisierte Schmidli und führte dies auch als weiteren Minderungsgrund an. Neben der sechsmonatigen bedingten Haftstrafe hat die Frau einen Teil der Verfahrenskosten zu tragen. Die Forderungen der geschädigten Kunden wurden auf den Zivilweg verwiesen.