Das neue Marabu – modern, aber mit altem Charme
09.03.2023 GelterkindenDas Kulturzentrum ist saniert und steht vor der Neueröffnung
Ein modernes Foyer mit Hollywood-Flair, eine Gesamtsanierung der Gebäudeinfrastruktur und viel Liebe zum Detail zeichnen die Sanierung des Marabus aus. Nun wird es neu eröffnet – mit bewährtem Konzept und ...
Das Kulturzentrum ist saniert und steht vor der Neueröffnung
Ein modernes Foyer mit Hollywood-Flair, eine Gesamtsanierung der Gebäudeinfrastruktur und viel Liebe zum Detail zeichnen die Sanierung des Marabus aus. Nun wird es neu eröffnet – mit bewährtem Konzept und öffentlichem Barbetrieb.
Severin Furter
Das Kulturzentrum Marabu in Gelterkinden steht vor einem Neuanfang. In rund zehn Tagen öffnet es nach den umfassenden Sanierungsarbeiten erstmals seine Tore für die Öffentlichkeit (siehe Kasten). Dann werden die Oberbaselbieterinnen und Oberbaselbieter die Gelegenheit haben, im Haus ein- und auszugehen und sich von den neugestalteten Räumlichkeiten ein Bild zu machen.
Äusserlich hat sich das Gebäude an der Schulgasse 5 im Dorfkern kaum verändert. Der Schriftzug über der Eingangstüre und die Fassade erscheinen im gewohnten Bild, doch schon beim Blick durchs Fenster offenbart sich, was in den vergangenen rund 12 Monaten der Sanierungsarbeiten geschehen ist.
Das Foyer des Kulturzentrums erscheint vollumfänglich im neuen Glanz und ist geräumiger als vorher. Der rote Boden mit seinen goldenen Sternen bringt ein Flair von Hollywood ins Oberbaselbiet. Jeder Stern ist einer Spenderin oder einem Spender gewidmet, der sich finanziell am Umbau beteiligt hat.
Gleich der erste Stern beim Eingang gehört dabei der ehemaligen Eigentümerin des Gebäudes, die mit dem Verkauf der Liegenschaft den Grundstein für die Sanierung gelegt hat. Nur so konnte die Gemeinde Gelterkinden – nach einem fast einstimmigen Ja der Gemeindeversammlung – das beliebte Kulturlokal für 1,85 Millionen Franken kaufen und später im Baurecht an die Stiftung Marabu weitergeben. Das Marabu ist im Inneren kaum wiederzuerkennen. Nicht nur der rote Boden, sondern auch die markante und beleuchtete Bar laden im .Foyer künftig zum Verweilen ein: «Wir wollen ein Treffpunkt für das ganze Dorf und die Bevölkerung im Oberbaselbiet sein», sagt Hans Buser, Stiftungspräsident des Marabus. Künftig hat die Bar jeden Donnerstagabend für ihre Gäste geöffnet – dann, wenn traditionellerweise weiterhin ein Film im Kino Marabu gezeigt wird. «Ein Besuch der Bar ist jedoch auch ohne Kinobesuch möglich», hält Buser fest. So möchten die Verantwortlichen dem Dorf ab dem 27. April etwas zurückgeben, als Dank für die grosse Unterstützung in den vergangenen Jahren rund um die Sanierung sowie die Treue zum Marabu.
Während das Foyer unverkennbar in neuem Glanz erscheint, die Toilettenanlagen saniert und die Bühne im grossen Kino- und Eventsaal eine Aufwertung erhielt, hat das Marabu seinen Charme aus seiner Gründungszeit der 1950er-Jahre vielerorts auch beibehalten. Die altehrwürdige Garderobe ist genauso weiterhin Bestandteil des Gebäudes, wie auch das «goldene» Treppengeländer am Aufgang zum Balkon. Auch ein Teil der alten Kinosessel finden frisch gepolstert ihren Platz im Foyer.
Ein Bijou im Keller
Viel investiert wurde zudem in den Aufbau des Gebäudes und in vieles, das auf den ersten Blick nicht für die Besuchenden ersichtlich ist. Während die Lüftung im Marabu in den vergangenen Jahren nicht mehr funktioniert hat und die Räumlichkeiten nicht richtig beheizt werden konnten, ist die gesamte Haustechnik inklusive Sicherheits- und Brandschutzmassnahmen nun auf dem neuesten Stand. Das Gebäude wurde vollumfänglich energetisch saniert, inklusive dem Dach, das für erhebliche Mehrkosten gesorgt hatte. Dank einer Photovoltaikanlage auf dem Dach kann der Energiebedarf zudem zu einem Grossteil selber produziert werden. Zudem verfügt das Marabu nun auch über genügend Lagerund Stauraum. Total rechnet Buser mit Investitionskosten von rund 3,8 Millionen Franken – rund eine halbe Million mehr als geplant.
Ein Bijou, das im Wesentlichen jedoch nur die Künstlerinnen und Künstler zu sehen bekommen, die im Marabu auftreten, befindet sich im Untergeschoss des Gebäudes. Im historischen Gewölbekeller wurde eine moderne Künstlergarderobe mit Bad und Toilette eingebaut.
Der Aufwand für die grosse Sanierung des Kulturzentrums habe sich gelohnt: «Alle, die das neue Marabu sehen, sind positiv beeindruckt», sagt Hans Buser. Aus dem Altbau wurde ein modernes Gebäude, das von seinem Charme aber nichts verloren hat.
Betrieb in Ehrenamtlichkeit
Der Betrieb des Marabus wird weiterhin durch den gleichnamigen Verein mit seinen zahlreichen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern sichergestellt. Dank einer Zukunftskonferenz konnten neue Helfende dazugewonnen werden. «In den nächsten Monaten wollen wir Erfahrungen mit den neuen Betriebsabläufen sammeln», sagt Buser.
An der Ausrichtung des Marabus wird sich nichts ändern. Neben dem Kino- und Barbetrieb steht das Lokal weiterhin Veranstaltungen jeglicher Art – egal ob Konzert oder Lesung – offen. Bis zu 300 respektive 400 Personen können dabei begrüsst werden. Dank des grosszügigen Foyers bietet sich künftig aber auch die Gelegenheit, Veranstaltungen mit geringer Besucherzahl im würdigen Rahmen durchzuführen.
Den ersten Funktionstest erlebt das Marabu am Wochenende vom 18. und 19. März. Dann laden die Stiftung und der Verein des Marabus zu den Tagen der offenen Türe. Bereits am Freitagabend, 17. März, werden rund 200 geladene Gäste das Kulturzentrum feierlich eröffnen – erwartet wird dabei auch Monica Gschwind, Regierungsrätin und Vorsteherin der Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion. Mit dem offiziellen Kulturbetrieb wird dann am 19. April gestartet.
«Wir freuen uns, es kann losgehen», so Hans Buser, während im Hintergrund die Bauleute mit den letzten Sanierungsarbeiten beschäftigt sind und dem neuen Marabu den Feinschliff geben.
Erhalt der Kinoarchitektur – Zeitzeuge aus den Fünfzigern
Im August 2015 wurden wir, die Lehner + Tomaselli AG, sowie zwei weitere Architekturbüros vom Verein Marabu zur Teilnahme an einem Studienauftrag eingeladen. Der Verein Marabu wählte das Konzept von «lehnertomaselliarchitekten» zur Weiterbearbeitung und Realisierung aus. Konzeptionell wird das im Hinterhof versteckt liegende Kinogebäude mit dem neuen Foyer von der Schulgasse aus erlebbar. Das Marabu gewinnt damit an Präsenz und die Wahrnehmung im Dorf wird gestärkt.
Das Vorderhaus wurde im Jahr 1822 ursprünglich als Schule gebaut. Ende der 1950er-Jahre wurde das Kino auf dem ehemaligen Schulhof im Hinterhof erstellt. Die unverwechselbare Kinoarchitektur sorgt für den Charme und macht das Kulturzentrum so beliebt. Der Erhalt eines der letzten Zeitzeugen mit dem besonderen Charme war aus denkmalpflegerischer Sicht wichtig. Das Gebäude ist kommunal schützenswert und war praktisch unverändert im originalen Zustand erhalten. Alle Eingriffe erfolgten unter maximaler Rücksichtnahme und dem Ziel, die Architektur der 1950er-Jahre zu erhalten.
Beim Umbau des Marabus mussten besondere Herausforderungen angegangen werden. Der bestehende Gewölbekeller wurde beispielsweise funktional in das neue Raumkonzept integriert. So wurde aus dem ehemaligen Tankraum der Ölheizung eine Künstlergarderobe (siehe Hauptartikel).
Die Schnittstellen zwischen den Bauten aus verschiedenen Epochen wurden verbunden. Die gesamte Dachkonstruktion über dem Kinosaal ist ersetzt worden – bei gleichzeitigem Erhalt der schützenswerten Innendecke. Unter der Bewahrung der schützenswerten Bausubstanz wurden sämtliche haustechnischen Installationen erneuert sowie die komplett energetische Sanierung vollzogen. Brandschutz- und akustische Massnahmen wurden subtil in die Architektur integriert. Fluchtwege durch den Innenhof mussten unter Berücksichtigung der nachbarschaftlichen Verhältnisse sichergestellt werden.
Wir danken dem Verein und der Stiftung Marabu – dem Kulturzentrum für das Oberbaselbiet – für das entgegengebrachte Vertrauen. Wir sind stolz auf das Ergebnis und auch, dass wir Teil dieses tollen Projekts sein durften.
Angelo Tomaselli, lehnertomaselliarchitekten, Sissach