Werke von Kathryn Vogt-Häfelfinger im «Cheesmeyer»-Schaufenster

Die Sissacher Künstlerin Kathryn Vogt-Häfelfinger stellt im Kulturhaus Cheesmeyer ihre neusten Werke aus. Die Ausstellung gehört zum Projekt «Kunst im Schaufenster». Die «Volksstimme» hat mit Kathryn Vogt-Häfelfinger über ihre Kunst gesprochen.

Kitty Schaertlin

Frau Vogt, wann haben Sie das erste Mal gemerkt, dass Sie sich für Kunst interessieren?
Kathryn Vogt-Häfelfinger: Als Kind hat mir ein Besuch im Atelier meines Grossonkels und Metallplastikers Eugen «Tschems» Häfelfinger grossen Eindruck gemacht. Prägend waren auch Besuche im Kloster Engelberg bei Pater Eugen, einem Benediktinermönch und befreundeten Künstler meines Vaters. Der Geruch der verwendeten Ölfarben wirkte ebenfalls stimulierend auf mich. Es waren viele Erlebnisse und Eindrücke, die mich Künstlerin werden liessen.

Warum haben Sie die Kunst zu Ihrem Beruf gemacht?
Während meiner Ausbildung zur Kindergärtnerin merkte ich, dass mich das Fach «Bildnerisches Gestalten» enorm interessierte. So habe ich mich nach dem Seminar an der Schule für Gestaltung in Basel und anschliessend in New York in der Parsons School of Design ausbilden lassen. Seit 1994 arbeitete ich freischaffend.

Sie kommen aus einer kulturell engagierten Familie. Wie hat sie Ihren Werdegang geprägt?
Prägend war mein Vater, der Architekt Robert Häfelfinger, der uns Kinder in Museen und Ausstellungen mitgenommen und uns die Architektur nähergebracht hat; dazu gehörte zum Beispiel der Besuch in der Kapelle Notre-Damedu-Haut von Le Corbusier im französischen Ronchamp.

Sie haben immer wieder in den USA gelebt. Wie hat dieses Land Ihr künstlerisches Schaffen geprägt?
Ich war vor meiner Ausbildung zur Kindergärtnerin ein Jahr in Los Angeles. Dort absolvierte ich einen Kurs für Zeichnung und Gestaltung mit Ton. Das war in den Achtzigerjahren. Die kalifornische Kultur, die Kunstszene und dass ich mich immer wieder zwischen zwei Welten hin und her bewege – den USA und der Schweiz –, bestimmt mein experimentierfreudiges Schaffen bis heute.

Im «Cheesmeyer» sind grosse Leinwände mit Gesichtern zu sehen, die in Gestelle gepresst sind. Was wollen Sie damit ausdrücken?
Bei dieser Arbeit geht es um Kindheitserinnerungen und Herkunft: Erstens um meinen Onkel Louis und meine Grossmutter Louise, die nacheinander das Lebensmittel- und Spielwarengeschäft im «Cheesmeyer» führten, und zweitens um zwei Schwarz-Weiss-Fotos von Louis und Louise, die beide hinter der Verkaufstheke zeigen. Diese Szenerie war der Ausgangspunkt meiner Arbeit, und ich wollte meinen Onkel und meine Grossmutter dadurch nochmals aufleben lassen. So kamen die zwei Fotos dieser beiden Verwandten auf die Leinwand und wurden in Metallschuhgestelle des Warenhauses aus der damaligen Zeit hineingepresst. Die Arbeit drückt etwas Flüchtiges und Veränderbares aus. Ich verstehe sie als eine taktile Erinnerung in Form einer dreidimensionalen Skizze.

Die Arbeit trägt den Titel «Louise.Louis. Louise». Was hat es damit auf sich?
Meine Grossmutter hiess Louise, mein Onkel Louis und mein Zweitname ist Louise. Mit dem Titel «Louise.Louis.Louise» wollte ich die beiden wieder aufleben lassen. Es geht also um meine Herkunft und den «Cheesmeyer» als Teil meines Lebens.

Ebenfalls zu sehen sind abstrakte Zeichnungen, die an den Gestellen hängen. Wie stehen diese Zeichnungen im Zusammenhang mit den reingepressten Leinwänden?
Die roten Zeichnungen erinnern an den Laden meines Onkels, in dem Gläser standen mit süssen Himbeertäfeli – eine weitere Kindheitserinnerung. Daneben habe ich Collagen aus Öl und Bleistift geschaffen, mit denen ich mich auf einfache und grundlegende Weise mit dem Thema Kontakt befasse und dem Effekt, den eine Berührung auslösen kann. Kreise und Punkte stehen für Nähe und Distanz.

Andere Zeichnungen aus feinen Strichen und Punkten sind auf Papierrollen, die mich an chinesische Malerei erinnern. Wie sind Sie auf dieses ganz andere Sujet gekommen?
Diese Zeichnungen haben auch einen Bezug zum Warenhaus Cheesmeyer. Ich wollte in diesem Fenster eine grosse Arbeit entstehen lassen. Die Papierrollen deuten auf die Stoffe hin, die im Warenhaus verkauft worden sind, und lehnen sich an japanische Papierrollen an. Die Arbeit ist eine Weiterentwicklung meiner Punkte-Serie, die ich für den Zeitungskopf der «Volksstimme» angewendet habe, die im September vergangenen Jahres ihr 140-Jahre-Jubiläum gefeiert hat.

Sie haben schon in Galerien, Fabrikhallen, in der freien Natur ausgestellt und jetzt in einem Schaufenster. Welche Rolle spielt der Ausstellungsraum in Ihrer Kunst?
Es ist eine Kombination und Verflechtung von Architektur, die in meiner Kunst allgegenwärtig ist, und die ich in mein Gestalten einbeziehe.

Der amerikanische Künstler Bruce Naumann sagt, Kunst sei für ihn oft ein Kampf. Gilt das auch für Sie?
Ja. Kunst ist eine Herausforderung. Zum Beispiel bei diesen Schaufenstern habe ich mir etwas Spezielles vorgenommen in Bezug auf meinen Onkel und auf den Raum, nämlich das Schaufenster. Ich war oft hin- und hergerissen, ob das was wird und ich meinen eigenen Ansprüchen gerecht werde. Ja, es ist manchmal schon ein Kampf.

Kunst im Schaufenster: Kathryn Vogt-Häfelfinger, bis Samstag, 25. Februar, im «Cheesmeyer» in Sissach. www.cheesmeyer.ch

Erinnerungen an Onkel Louis

Image Title

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Ja. Ich benötige ein Abo.

Article

Image Title