Wo versteckt sich der König?
06.01.2023 LausenDer 6. Januar sorgt für Hochbetrieb beim «Bangerter»
Bäckermeister Stefan Berger von der Bäckerei-Konditorei Bangerter AG bereitet mit seinem Team jedes Jahr Dreikönigskuchen in unterschiedlichen Variationen zu. Im Sinne der Gleichberechtigung werden neben ...
Der 6. Januar sorgt für Hochbetrieb beim «Bangerter»
Bäckermeister Stefan Berger von der Bäckerei-Konditorei Bangerter AG bereitet mit seinem Team jedes Jahr Dreikönigskuchen in unterschiedlichen Variationen zu. Im Sinne der Gleichberechtigung werden neben Königen auch Königinnen im Teig versteckt.
Sander van Riemsdijk
Wer möchte nicht einmal König oder Königin sein, auch wenn es nur für einen Tag ist? Der heutige Dreikönigstag macht es möglich. Alle Jahre wieder am 6. Januar sind viele, Jung und Alt, auf der Suche nach der kleinen Kunststofffigur im traditionellen Dreikönigskuchen. Wer in einem frei wählbaren Brotstück das Glück hat – ohne sich dabei einen Zahn ausgebissen zu haben –, auf die Figur zu treffen, darf an diesem Tag den hoheitlichen Titel König oder Königin tragen. Zwar ohne Königreich, aber mit goldener Pappkrone. Damit aber am 6. Januar die Königinnen und Könige gekrönt werden können, braucht es einiges an Vorbereitung.
Sobald sich der Dreikönigstag auf dem neuen Jahreskalender ankündigt, bedeutet dies für Produktionsleiter Martin Grieder, Bäckermeister Stefan Berger und ihr Team jeweils Hochbetrieb. Die Produktion des Gebäcks findet im Untergeschoss des dreistöckigen Gebäudes statt. Seit elf Jahren formt hier der 40-jährige Stefan Berger die runden Brotteile mit einem Einzelgewicht von 50 Gramm für den 6-, 8- oder 10-teiligen Dreikönigskuchen in routiniertem Tempo und mit einer schwindelerregenden Fingerfertigkeit. Der 6. Januar ist dann der stressigste Tag. An diesem einen Tag werden nicht weniger als 3500 Königskuchen in den Ofen geschoben und anschliessend an die fünf Filialen und die drei «Bangimobile» ausgeliefert, berichtet Grieder. «Damit der Kuchen rechtzeitig und frisch gebacken zur Kundschaft kommt, arbeiten wir dann im Schichtbetrieb», sagt Berger. «Schon am Abend vorher fangen wir um 22 Uhr mit den Vorbereitungen an.» Die Kuchen werden noch nach alter klassischer Handarbeit angefertigt.
Auch eine Königin im Brotteig
Wichtig ist, dass die hoheitliche Plastikfigur nicht vergessen wird. Sonst ist die Enttäuschung gross. Berger geht hier mit System vor, indem er zuerst in mehrere Einzelteigstücke je eine der Plastikfiguren steckt. Auf einem Blech werden diese Teigstücke dann als erste an einem Mittelstück mit einem Gewicht von 100 Gramm angefügt, dann folgen die anderen runden Brotteile ohne Figur. Bei Berger ist es um die Gleichberechtigung nicht schlecht bestellt: Neben Königen werden auch Königinnen aus Plastik in den Brotteig gesteckt.
Wer hat nicht schon einmal geglaubt, im Kuchen eine kleine Vertiefung, einen Riss oder eine Druckstelle gesehen zu haben? Da muss sich die Königsfigur doch versteckt haben, oder? Berger lässt hier nichts anbrennen. Er bearbeitet den Teig gleichmässig zu einer glatten runden Form, sodass eine verfrühte Entdeckung ausgeschlossen werden kann. Wer einen Misserfolg schon einmal ausschliessen möchte, der muss wissen, dass es ein ungeschriebenes Gesetz ist, dass sich die Königsfigur nicht im Mittelstück befindet. Wieso dies so ist, wissen Grieder und Berger aber nicht. «Ich vermute, weil das Mittelstück den Kuchen zusammenhält», lässt sich Grieder zum einem Tipp verleiten.
Auf Spezialwünsche wird, wenn möglich, immer eingegangen. Gerade dann, wenn ein Familienzwist vermieden werden sollte. Dann wird für einmal von der Tradition abgewichen und in jedes Teilstück eine Plastikfigur gesteckt. Der Königskuchen ist in der Schweiz sehr beliebt. Es werden nicht weniger als anderthalb Millionen Stück jährlich abgesetzt. Nachdem die Nachfrage coronabedingt zwei Jahre lang eher zurückhaltend war, hat sie wieder angezogen, so Berger. Und damit verbunden auch bei vielen die Hoffnung, am Dreikönigstag zum König oder zur Königin gekrönt zu werden. Legt man sehr viel Wert darauf, an diesem Tag den hoheitlichen Titel zu tragen, dann kann man den ganzen Dreikönigskuchen auch selber essen. Eventuell zunächst ohne das Mittelstück.
Brauchtum Dreikönigskuchen
svr. Der Dreikönigskuchen zählt zum beliebtesten Brauchtumsgebäck der Schweiz. Über den Ursprung des Brauchs, wie wir ihn heute feiern, sind sich die Historiker im Unklaren. Vermutet wird, dass er seine Herkunft im alten Rom hatte. Belegt ist, dass vor etwa 450 Jahren ein Kuchen gebacken wurde mit verschiedenen Teilen und einer versteckten Münze oder einer getrockneten Bohne. Bis vor etwa 70 Jahren wurde der Brauch in der Schweiz kaum gepflegt. Dies änderte sich, als die Experten des Schweizerischen Bäcker-Confiseurmeister-Verbands im Jahr 1952 den Königskuchen wieder beliebt machten. Vor dem König oder der Königin, wie wir diese heute kennen, wurden Mandeln, Münzen oder wie viel früher Bohnen als Glücksbringer verwendet.