Schrecklich amüsantes Zuhören
05.01.2023 BöcktenCharles Brauer liest am Sonntag David Foster Wallace
Wie schon vor einem Jahr mit Adelheid Duvanel wird Schauspieler Charles Brauer bei seiner traditionellen Neujahrslesung in Böckten am Sonntag aus einem weniger bekannten Werk vorlesen: Aus «Schrecklich amüsant» des ...
Charles Brauer liest am Sonntag David Foster Wallace
Wie schon vor einem Jahr mit Adelheid Duvanel wird Schauspieler Charles Brauer bei seiner traditionellen Neujahrslesung in Böckten am Sonntag aus einem weniger bekannten Werk vorlesen: Aus «Schrecklich amüsant» des verstorbenen Amerikaners David Foster Wallace.
Jürg Gohl
Seit weit über 30 Jahren wohnt Schauspieler Charles Brauer in Böckten. Praktisch seit Beginn seiner Zeit im Oberbaselbiet pflegt der einstige «Tatort»-Kommissar die Tradition, jeweils am ersten (oder in diesem Jahr am zweiten) Sonntag des Jahres in seiner Wohngemeinde eine Lesung zu geben und dabei seinem Publikum altvertraute Literaten näherzubringen oder ihm Neuentdeckungen vorzustellen.
In den vergangenen Jahren hat sich der gebürtige Berliner, der im Sommer 88 Jahre alt wird, verstärkt auf das Vorlesen konzentriert. So spricht er die Hörbücher des US-Autors John Grisham. Und einem amerikanischen Schriftsteller wird sich Brauer auch am kommenden Sonntag ab 17 Uhr im Gemeindezentrum Weiermatt in Böckten zuwenden: David Foster Wallace.
Eine Gemeinsamkeit zwischen der fast vergessenen Baselbieter Schriftstellerin Adelheid Duvanel, der Charles Brauer vor einem Jahr zu ihrem 25. Todestag in Böckten seine Lesung widmete, und dem Literatur-Professor aus Amerika ist schnell gefunden. Beide fanden sich im Leben nicht zurecht. Sie erfror 60-jährig mit einer Überdosis an Medikamenten im Blut im Wald; er litt unter Depressionen und nahm sich 2008, damals 46 Jahre alt, das Leben.
Davon ist dem Werk, das Charles Brauer am kommenden Sonntag in den Mittelpunkt rückt, allerdings nichts anzumerken. Es trägt den zynischen Titel «Schrecklich amüsant», gilt als das lustigste Buch aus der Feder von Wallace und schildert unglaubliche Episoden einer Kreuzfahrt von Florida aus in die Karibik auf einem Luxusdampfer. Mitten unter den Passagieren der Autor, der im zweiten Teil des Titels verrät: «… doch in Zukunft ohne mich.»
«David Foster Wallace beschreibt in seinem grossartigen, urkomischen Text die Erfüllung unserer Sehnsüchte», schreibt Brauer und weckt Appetit, «wir erfahren viel über unsere Mitmenschen, vor allem, wenn sie im Rudel auftreten und glauben, sich als zahlende Gäste fast alles erlauben zu dürfen.» Er verspricht, dass einem diese Reise des amerikanischen Autors lange in Erinnerung bleiben dürfte. Sein Fazit: Deshalb seien Bücher «manchmal mehr als die ganze Welt».
«Schrecklich amüsant – doch in Zukunft ohne mich» von David Foster Wallace. Neujahrslesung von Charles Brauer, Sonntag, 8. Januar, 17 Uhr, Einlass 16.30 Uhr; Gemeindehaus Weiermatt in Böckten. Freiwilliger Austritt.