«Präsident wird nicht entmachtet»
06.12.2022 Gemeinden, Kilchberg, PolitikRegierung setzt Christine Mangold als Statthalterin ein
Die frühere Gelterkinder Gemeindepräsidentin Christine Mangold wird für ein Jahr in Kilchberg als Gemeinde-Statthalterin wirken. Das Präsidium bleibt bei Marcel Aeschbacher. Für mindestens ein halbes Jahr soll keine weitere ...
Regierung setzt Christine Mangold als Statthalterin ein
Die frühere Gelterkinder Gemeindepräsidentin Christine Mangold wird für ein Jahr in Kilchberg als Gemeinde-Statthalterin wirken. Das Präsidium bleibt bei Marcel Aeschbacher. Für mindestens ein halbes Jahr soll keine weitere Ersatzwahl für den Gemeinderat angesetzt werden.
Christian Horisberger
An der Gemeindeversammlung vom Donnerstag ist sie den Kilchberger Stimmberechtigten vorgestellt worden, am Freitagmorgen in Liestal den Medien: Christine Mangold, langjährige Gemeindepräsidentin von Gelterkinden, wird von der Kantonsregierung als Gemeinderats-Statthalterin in Kilchberg eingesetzt, damit das bislang unterbesetzte Dreiergremium wieder beschlussfähig ist. In den vergangenen Monaten war dies nur aufgrund einer Ausnahmebewilligung der Regierung möglich.
Regierungsrat Anton Lauber («Die Mitte») hat die Kilchbergerinnen und Kilchberger aus erster Hand über die vom Regierungsrat getroffene Massnahme informiert. «Wir machen das nicht gerne», sagte der für die Gemeinden zuständige Finanz- und Kirchendirektor, doch nach einem Jahr Unterbesetzung sei der Regierungsrat zum «hoheitlichen Eingreifen» gezwungen gewesen. Er stellte klar, dass die vom Kanton eingesetzte Mangold
Dreiergremium dieselben Aufgaben wahrnehmen werde wie eine «ganz normale», gewählte Gemeinderätin. Marcel Aeschbacher werde als Präsident nicht «entmachtet», sondern behalte sein Amt mit den entsprechenden Befugnissen.
85 Franken pro Stunde
Die Wahl von Christine Mangold sei in Absprache mit dem Gemeinderat erfolgt, sagte Lauber. Er beschrieb sie als erfahren und in der Region gut vernetzt, bekannt und anerkannt. Ausserdem habe sie einen kurzen Anfahrtsweg. Dieses Thema war an der Gemeindeversammlung vor dem Besuch Laubers angeschnitten worden – im Zusammenhang mit den Kosten für die Statthalterin (siehe Kasten). Im auf ein Jahr befristeten Mandatsvertrag wurde eine Stundenentschädigung von 85 Franken eingesetzt – exklusive Fahrspesen.
In diesem Vertrag wurde vereinbart, dass Mangold neben dem Tagesgeschäft als Gemeinderätin eine für die Zukunft der Einwohnergemeinde tragbare und nachhaltige Lösung anstreben und die Gemeinde entsprechend stabilisieren solle. Vierteljährlich erwartet der Regierungsrat von seiner Statthalterin einen entsprechenden Bericht. Mangold kann dem Regierungsrat darin Anträge für eine teilweise oder gänzliche Aufhebung von aufsichtsrechtlichen Massnahmen stellen, ebenso für deren Verlängerung, Veränderung oder Verschärfung. Allerdings: Damit nach mehreren ergebnislosen Wahlgängen mit entsprechendem Medienecho in Kilchberg wieder Ruhe einkehrt, hat der Regierungsrat gemäss Lauber verfügt, dass im ersten Halbjahr der aufsichtsrechtlichen Massnahme keine weitere Gemeinderats-Ersatzwahl durchgeführt wird.
In Kilchberg erschien Anton Lauber in Begleitung von Miriam Bucher, Leiterin der kantonalen Stabsstelle Gemeinden. Als er und Bucher am Freitag die Medien über die Gemeinderats-Statthalterin ins Bild setzten, war auch Christine Mangold mit von der Partie. Es sei ihr ein Anliegen, dass es dem Oberbaselbiet gut geht, daher habe sie nicht lange überlegen müssen, ob sie in Kilchberg einspringen soll, begründete die Gelterkinderin ihre Zusage. Sie wolle dazu beitragen, «Ruhe reinzubringen». Da ihr Abschied aus der Gemeindepolitik noch nicht lange zurückliege, kenne sie die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte in Kilchberg und den weiteren Verwaltungsverbundgemeinden Rünenberg und Zeglingen. Sie freue sich auf den Einsatz, und sie sei nach ihrer Tätigkeit in Gelterkinden mit seinen mehr als 6200 Einwohnern auf die Arbeit in einem kleinen Dorf gespannt. Kilchberg zählt aktuell 170 Einwohnerinnen und Einwohner.
Überlegungen zu Fusion kein Tabu
Die geringe Grösse des Dorfs ist mit ein Grund, weshalb Kilchberg so grosse Mühe bekundet, seine Exekutive zu besetzen. Auf allfällige Fusionsgedanken angesprochen, die das Personalproblem entschärfen könnten, sagte Mangold, dass es vermessen wäre, eine Fusion als Ziel zu nennen. Doch werde sie sich umhören, welche Gedanken man sich in diesem Zusammenhang bereits gemacht hat und sie wäre bereit, diese weiterzuspinnen: «Ich bin offen für alles.» Aeschbacher merkte an, dass es, sofern die Kilchberger eine Gemeindefusion wünschen sollten, «auch jemanden braucht, der uns will». Entsprechende Signale gab es bisher nicht.
Der Gemeindepräsident freut sich auf die Unterstützung Mangolds – seine «Wunschkandidatin» als Statthalterin, wie er sagte. Auch auf die Entlastung nach einem Jahr zu zweit im Gemeinderat: Unter der Aufgabenfülle habe insgesamt seine Dossierfestigkeit gelitten, was für ihn höchst unbefriedigend sei, so Aeschbacher. Von den Kilchbergern wurde die Entsendung einer Statthalterin fürs Erste positiv aufgenommen. Eine Teilnehmerin der Gemeindeversammlung meinte, dass sie die Statthalterlösung und auch Mangold sehr begrüsse und sie für die Zukunft keineswegs schwarzmale.
Auszonung: Gemeinde aus dem Schneider
ch. Höhepunkt der Kilchberger Gemeindeversammlung vom Donnerstag war zweifellos die Information zur Statthalterin, die im Januar eingesetzt wird. Zuvor hatte die Versammlung unter anderem über den Voranschlag zu befinden. Dieser sieht bei Ausgaben von 973 000 Franken ein Defizit von 90 000 Franken vor. Mit 25 000 Franken hat der Gemeinderat die Entschädigung für die Statthalterin eingesetzt. Ein Versammlungsteilnehmer interpretierte die Summe als «Abstrafung» von «Liestal», ein anderer hielt dem entgegen, dass das Honorar ausgehend von fünf Wochenstunden und einem einjährigen Einsatz durchaus üblich und angemessen sei.
Der Gemeindesteuerfuss für natürliche Personen wird bei 64 Prozent belassen, jener für juristische neu bei 55 Prozent angesetzt. Ein Antrag aus der Versammlung, diesen bei 35 Prozent anzusetzen, um für Zuzüger, die ein Gewerbe betreiben wollen, attraktiver zu sein, wurde deutlich abgelehnt. Der Antragsteller hatte unter anderem damit argumentiert, man habe nichts zu verlieren, weil man ohnehin sozusagen keine Steuereinnahmen von Firmen habe. Dies bestätigte Präsident Aeschbacher: Jene Erträge lägen unter 1000 Franken pro Jahr. Er zweifelte aber die Wirkung der Massnahme stark an. Die Steuer- und Gebührensätze wurden schliesslich ebenso wie das Budget einstimmig gutgeheissen. Auch die Anpassungen der Gemeindeordnung sowie zweier Reglemente waren unbestritten.
Finanzchef Peter Zehntner informierte die Versammlung über den Stand der Auszonungen von Bauland. Der Regierungsrat habe die umstrittene Auszonung von einem Drittel des gemeindeeigenen Baugrundstücks im Gebiet Niederfeld bestätigt. Im Gegenzug sei der Baurechtnehmer eines Grundstücks bei der Kirche dazu verpflichtet worden, für dieses bis Mitte 2027 einen Bebauungsplan vorzulegen. Tue er dies nicht, werde das Grundstück ausgezont. Damit ist die Gemeinde Kilchberg in Bezug auf die Auszonungen aus dem Schneider. Laut Zehntner gelte es nun, die Erschliessung des «Niederfelds» in Angriff zu nehmen, um die Bebauung zu ermöglichen. Schliesslich wurde Peter Zehntner nach zweieinhalbjähriger Tätigkeit im Gemeinderat verabschiedet. Er wird die Wintermonate im Ausland verbringen und später nach Reigoldswil ziehen.