«Ich freue mich über gut angezogene Menschen»
30.12.2022 Schweiz, WirtschaftZürich | PKZ-Chefin Manuela Beer über Einkaufserlebnis, Mode und ihre kreative Ader
Manuela Beer hat aus ihrer Freude an der Mode ihren Beruf gemacht. Seit acht Jahren führt sie das Bekleidungsunternehmen PKZ. Trotz Online-Boom setzt sie zunehmend aufs Filial-Geschäft ...
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Manuela Beer hat aus ihrer Freude an der Mode ihren Beruf gemacht. Seit acht Jahren führt sie das Bekleidungsunternehmen PKZ. Trotz Online-Boom setzt sie zunehmend aufs Filial-Geschäft – und hat damit Erfolg.
Christian Horisberger
Frau Beer, ich habe mir natürlich lange überlegt, was ich für den Termin anziehen soll, in der Hoffnung, mir keinen Fauxpas zu leisten. Taxieren Sie die Menschen aufgrund ihrer Kleidung? Manuela Beer: Ich taxiere Menschen nicht aufgrund ihrer Kleidung. Ein schönes Outfit hilft, den ersten Eindruck zu optimieren und generell, die Persönlichkeit zu unterstreichen. Aber von der Mode auf den Charakter, den Beruf oder das Einkommen einer Person zu schliessen, wäre ein grosser Fehler. Das ist die erste Lektion bei PKZ im Beratungs-Alltag.
Was lesen Sie am Kleidungsstil einer Person ab?
Ich sehe, welche Rolle die Mode für eine Person spielt und freue mich über gut angezogene Menschen, die Freude an der Mode haben. Natürlich spüre ich auch, wenn die Mode für eine Person nicht so wichtig ist oder das Mode-Styling optimiert werden könnte. Zudem zeigt die Mode oft auch, wie sich jemand nach aussen positionieren möchte.
Wie definieren Sie «gut angezogen»?
Ob bei Frauen oder Männern, wichtig ist vor allem, dass der Fashion-Look zur Persönlichkeit passt. Bei einer guten Kleiderauswahl wird die persönliche Gesamterscheinung eines Menschen positiv unterstrichen. Zudem sollte die Mode abgestimmt sein auf die aktuelle Lebenssituation wie Alter, Job oder natürlich den Anlass. Der entscheidende Faktor für den «perfekten Look» ist letztlich die gekonnte Kombination der Kleiderteile und die passende Abrundung mit schönen Accessoires. Viel zu einem guten Stil tragen übrigens die Schuhe bei.
PKZ bedient ein höheres Preissegment. Ist teurer auch besser oder schöner?
Wie heisst es so schön: Qualität hat ihren Preis. Wir setzen nicht auf kurzlebige Mode. Unsere Kleider sollen über eine Saison hinaus noch gut aussehen. Zudem offerieren wir unserer Kundschaft ein inspirierendes Shopping-Erlebnis. Dazu gehört neben unserem Beratungsservice auch das Wohlfühl-Ambiente in unseren Stores. Speziell geschätzt werden unsere gemütlichen Lounges, wo wir Kaffee und Süssigkeiten offerieren. Wir legen auch grossen Wert auf ein schönes Interior-Design.
Sie haben 2014 von Globus zu PKZ gewechselt. Wenn Ihnen damals derselbe Job von C&A oder H&M angeboten worden wäre – hätten Sie dort ebenfalls zugegriffen?
Viele dieser internationalen Ketten haben kein grosses Head Office in der Schweiz, und der Spielraum der Aufgaben hierzulande wäre sehr begrenzt. Globus war zu meiner Zeit in Schweizer Händen, und ich konnte damals viel bewegen. Die offerierte CEO-Position bei einem Schweizer Familienunternehmen wie PKZ war für mich deshalb der perfekte nächste Karriere-Schritt.
Sie waren schon als Teenager äusserst modebewusst. War die
Leitung eines Modeunternehmens für Sie so etwas wie ein Mädchentraum?
Das kann man wirklich so sagen. Die Mode hat mich schon immer fasziniert. Mit einem Wirtschaftsstudium und dem Einstieg im Marketing bei der Konsumgüter-Firma Unilever habe ich meinen Rucksack gefüllt, bevor ich dann vor über 20 Jahren in die Lifestyle- und Fashion-Branche gewechselt habe. Bei PKZ habe ich sicher meinen Traumjob gefunden.
Während Mitbewerber unter dem Druck des wachsenden Online-Geschäfts ihr Filialnetz ausdünnten, wurden unter Ihrer Führung neue PKZ-Niederlassungen eröffnet. Was steckt hinter der azyklischen Strategie?
Wir glauben auch weiterhin an das stationäre Geschäft, denn die Kundinnen und Kunden – auch die Jungen – schätzen das physische Angebot, die Beratung und das Erlebnis, das wir vor Ort bieten. Tatsächlich haben wir in den vergangenen Jahren viel in unser Filialnetz investiert und neue Niederlassungen eröffnet.
Auf Kosten der Umsätze im Online-Geschäft?
Im Gegenteil. Wir investieren auch laufend in unseren Onlineshop und freuen uns über tolle Resultate: 2021 hat sich der Online-Umsatz verdoppelt und 2022 geht die erfreuliche Entwicklung mit einem zweistelligen Plus weiter. Gesamthaft verzeichnen wir ein Wachstum von 20 Prozent gegenüber dem «Vor-Pandemie-Jahr» 2019. Wir verfolgen eine sogenannte Omnichannel-Strategie, wo wir das stationäre Geschäft mit Online praktisch verschmelzen. Ein Beispiel dazu sind die sogenannten Sale Pads, mit denen unsere Modeberaterinnen und Modeberater jederzeit für die Kundschaft Bestellungen aus dem Onlineshop machen können, wenn Sortimentsteile in den Stores fehlen.
Wie ist das Verhältnis der Umsätze von Online- und Filialgeschäft?
Das Online-Geschäft liegt aktuell bei einem Anteil von mehr als 10 Prozent. Doch die Grösse ist nicht alles. Wichtig ist, dass wir mit dem Onlineshop seit 2021 Geld verdienen.
Sind weitere neue Niederlassungen in Planung?
Im März eröffnen wir einen grossen Herrenladen im Seedamm-Zentrum in Pfäffikon am Zürichsee. Das ist ein wichtiger Standort, den wir schon lange im Auge hatten.
In Basel ist PKZ mit zwei grossen Filialen präsent. In der Freien Strasse mit PKZ Men und in der Falknerstrasse mit PKZ Women. Wie wichtig ist der Standort Basel für Sie?
Der Standort ist schon historisch sehr wichtig. In Basel wurde 1896 eine der ersten PKZ-Filialen (Men) ausserhalb von Zürich eröffnet. Das Damenhaus ist heute die zweitgrösste PKZ-Filiale in der Schweiz und seit dem Umbau vor ein paar Jahren finde ich es persönlich auch das schönste Geschäft, das wir haben. Auch das Herrenhaus mit seinen vier Etagen und der Top-Lage lässt hoffentlich keine Wünsche offen. Und sonst darf man sich bei mir melden …
Ernsthaft? Die Chefin beantwortet höchstpersönlich Fragen von Kundinnen und Kunden?
Was direkt an mich adressiert ist, läuft über meinen Tisch. Entweder ich leite eine Anfrage zur Beantwortung an die entsprechende Stelle weiter oder beantworte sie je nach Thema persönlich. Jeder Kunde erhält eine Antwort.
Bestimmt kennen Sie den Film «Der Teufel trägt Prada» mit einem starken Bezug zur «Vogue»-Chefredakteurin Anna Wintour, der mächtigsten Frau der Modebranche, wie es heisst. Mögen Sie den Film?
Ja. Der Film macht sich etwas lustig über die Eitelkeiten der Modewelt und hat mich amüsiert. Auch die neue Netflix-Serie «Emily in Paris» gefällt mir gut, da sie ein junges Publikum für Mode begeistert.
Ein junges Publikum? PKZ hat auch junge Mode im Sortiment?
Teenager-Mode bieten wir nicht an. Unser Sortiment richtet sich an erwachsene Kunden ab etwa 25 Jahren, die schon im Berufsleben stehen und für die gute Kleidung eine wichtige Rolle spielt. Die jüngere Mode für trendbewusste 25- bis 40-Jährige bezeichnen wir als «Trendy». «Premium» steht für die anspruchsvollen Kundinnen und Kunden im oberen Preissegment, die sich gerne elegant kleiden. Und «Contemporary» bietet Mode im mittleren Preissegment für alle Altersklassen, für die Mode wichtig, aber nicht das Wichtigste ist. Das Luxussegment decken wir nicht ab.
In welchem Bereich ist PKZ am stärksten?
In den Bereichen «Premium» und «Contemporary» machen wir je rund 40 Prozent unseres Umsatzes, bei «Trend» sind es rund 20 Prozent.
Womit ist PKZ stärker? Mit Damenoder Herrenmode?
60 Prozent des Umsatzes wird mit Herrenmode und 40 Prozent mit Damenmode generiert. Wir haben deutlich mehr Herren- als Damenfilialen, doch sind die Geschäfte für Damenmode dafür grösser. Insgesamt haben wir 40 Filialen in der ganzen Schweiz, davon sind 33 PKZ Men Stores, 6 PKZ Women Stores (in den grossen Städten) und eine Filiale in Zug bietet Damen- und Herrenmode zusammen an. Im Online-Bereich ist der Anteil dafür mit der Damenmode grösser. Zudem haben wir das Angebot an Premium-Mode bei den Damen in den letzten Jahren massiv ausgebaut, insbesondere der Bedarf an Business-Mode hat bei den Frauen stark zugenommen. Heute kleiden wir viele Politikerinnen, Wirtschaftsfrauen, Juristinnen oder Bankerinnen ein.
Die Kundinnen und Kunden besuchen Ihre Filialen nicht zuletzt wegen der Beratung. Worauf legen Sie bei Ihren Modeberaterinnen und -beratern besonderen Wert?
Sie müssen Freude an der Mode haben, gerne auf Menschen zugehen und sehr serviceorientiert sein. Die Modeberaterinnen und Modeberater sind zentral, weshalb wir viel in die Ausbildung investieren. Sie werden laufend über die aktuellen Trends geschult, denn schliesslich dreht sich alles um die Styling-Kompetenz. Dazu bieten wir laufend neue Kurse an, die von unseren Personal-Shopping-Experten durchgeführt werden.
Einen grossen Teil Ihrer Jugend verbrachten Sie in Gelterkinden. Nun leben Sie im zürcherischen Thalwil. Was verbindet Sie noch mit dem Baselbiet?
Ich habe mich in Gelterkinden sehr wohlgefühlt, die Schule gerne besucht und viele Freunde gefunden. Meine Eltern wohnen immer noch in Gelterkinden und meine Schwester lebt mit ihrer Familie in Ormalingen. Somit kehre ich sehr oft in die alte Heimat zurück, denn wir feiern alle wichtigen Anlässe sehr gerne zusammen. So kürzlich auch Weihnachten.
Gibt es Erinnerungen an Ihre Jugendzeit, die Sie tilgen möchten - zum Beispiel Modesünden?
Ich war tatsächlich experimentierfreudig und sehr kreativ. Ich habe zum Beispiel einen Pullover designt und gestrickt, den ich heute nicht mehr anziehen würde …
Weshalb nicht?
Sagen wir es so: Er ist sehr farbig und kreativ herausgekommen.
Können Sie Ihre Kreativität in Ihrer Rolle als CEO ausleben?
So viel wie noch in keinem anderen Job: Ich bin gleichzeitig CEO und Marketingleiterin. Mit einer Auflage von 400 000 Exemplaren ist unser vierteljährlich erscheinendes Magazin «Inside» unser wichtigstes Marketing-Instrument. Dessen Konzeption und Inhalt machen wir vollständig inhouse. Hier kann ich persönlich Themen kreieren und bei den Trends viel einbringen. Ich bin auch an jedem Fotoshooting fürs Magazin dabei. Die Bilder haben einen sehr hohen Stellenwert, da wir sie auf allen Kommunikationskanälen nutzen. Punktuell begleite ich unsere Einkäufer zu wichtigen Lieferanten, besuche Messen, mache Inspirationsreisen. Meine ästhetische Kompetenz einzubringen, ist eine meiner Freuden und Stärken.
Sie haben eine nun 22-jährige Tochter. Haben Sie sie oft vor einer Modesünde bewahren müssen?
Nein. Sie hat zum Glück einen sehr guten Geschmack. Einzig über die Rocklänge waren wir uns in der Vergangenheit nicht immer einig … Meine Tochter ist für mich auch eine Inspiration, wenn es um den Style und die Lieblings-Brands der Jungen geht. Durch sie bin ich immer up to date und auch mit den Sozialen Medien bestens vertraut. Das ist wichtig für meinen Job, denn die digitalen Werbekanäle werden auch für PKZ immer bedeutender.
Noch eine Frage in eigener Sache: Wovon ist einem Mann meines Alters modisch dringend abzuraten?
Bitte keine alten, abgelaufenen Schuhe tragen …
Zur Person
Manuela Beer (53) wuchs im zürcherischen Schlieren und in Gelterkinden auf. Nach dem Betriebswirtschaftsstudium an der Hochschule St. Gallen arbeitete sie für den Waschmittel- und Kosmetik-Konzern Unilever und für die Warenhauskette Globus. 2014 stiess sie zum Bekleidungsunternehmen PKZ Burger-Kehl & Co. AG – kurz: PKZ. Beer ist verheiratet und hat eine 22-jährige Tochter. Sie lebt in Thalwil (ZH).