CARTE BLANCHE
15.11.2022 Känerkinden, PolitikDas Milizsystem und die Zukunft
Adrian Ammann, Gemeindepräsident Känerkinden, parteilos
Die freiwillige, ehrenamtliche Übernahme öffentlicher Aufgaben und Ämter hat eine lange Tradition. Viele Menschen haben sich in den vergangenen, Jahren, ...
Das Milizsystem und die Zukunft
Adrian Ammann, Gemeindepräsident Känerkinden, parteilos
Die freiwillige, ehrenamtliche Übernahme öffentlicher Aufgaben und Ämter hat eine lange Tradition. Viele Menschen haben sich in den vergangenen, Jahren, Jahrzehnten und Jahrhunderten mit ihrem Einsatz und Engagement für das System und unsere Schweiz eingesetzt. In meiner heutigen «Carte blanche» möchte ich mit Ihnen meine Gedanken zur Zukunft des Milizsystems teilen. Wie immer sind dies meine Gedanken und alle anderen auch zugelassen.
Wieso komme ich auf die Idee, zum Milizsystem meine Gedanken zu äussern? Erstens, weil es mich persönlich betrifft, und zweitens, weil ich in den vergangenen Monaten und Jahren immer wieder viele Kolleginnen und Kollegen «verloren» habe, die auch aufgrund der Belastung ihre Ämter niederlegten. Zur Übernahme der Aufgaben und Ämter gehören viele Investitionen. Vor allem Zeit, die für die Familie, Freunde oder sich selbst genutzt werden könnte.
Die Anforderungen an die Behörden sind gestiegen. Dies zeigt auch, dass gewisse Aufgaben professionalisiert werden müssen. Weil es ein neues Gesetz so vorgibt oder die Aufgaben zu komplex für das Milizsystem sind. Das bei einer Professionalisierung die Kosten höher sind als im Milizsystem, muss ich wohl nicht erwähnen. Beispiele dazu gibt es genügend.
Zum Milizsystem gehört eine grosse Identifikation. Für die Tätigkeit und für die Menschen, für die man seine Zeit und sein Engagement investiert. Ich glaube, das Erfolgsrezept der Milizarbeit liegt darin, dass man es nicht des Geldes wegen macht, sondern in meinem Fall für die Einwohnerinnen und Einwohner. Die Wahlen in den Baselbieter Gemeinden zeigen jedoch, dass sich nicht in jeder Gemeinde genügend Personen finden lassen, die dies tun wollen. Insbesondere in kleineren Gemeinden hat wohl bald jede und jeder ein Amt innegehabt und die Anzahl an Kandidatinnen und Kandidaten schwindet. Sind Gemeindefusionen die Lösung?
Im Absatz oben habe ich meine Meinung geäussert, dass zum Milizsystem eine grosse Identifikation gehört. Erst wenn eine Gemeinde genügend Einwohnerinnen und Einwohner hat und sich somit die Parteien um die Sitze streiten, wird dies eine Lösung sein.
Wie wollen wir unser Milizsystem weiter oder – besser gesagt – wieder fördern? Wollen wir dieses System noch oder sollen wir diese unsere lange Geschichte und aus meiner Sicht ein Erfolgsrezept aufgeben? Was es dazu braucht, weiss ich leider nicht. Ein Ansatz könnte sein, dass wir auf unnötige Gesetze, Reglemente, Verordnungen oder Vereinbarungen verzichten. Ein weiterer könnte sein, dass die Leute, die ihre Freizeit für Milizarbeit einsetzen, auch als solche betrachtet und geachtet werden.
Ich bin stolz auf all meine Kolleginnen und Kollegen, die sich mit bestem Wissen und Gewissen unterschiedlicher Themen annehmen, Verantwortung übernehmen und Entscheidungen treffen. Und ich freue mich über alle, die dies heute und in Zukunft zu tun bereit sind.
In der «Carte blanche» äussern sich Oberbaselbieter National- und Landratsmitglieder sowie Vertreterinnen und Vertreter der Gemeindebehörden zu einem selbst gewählten Thema.