Wo 22 Nationen aufeinander treffen
16.09.2022 LausenLebensmittel verteilen für guten Zweck
Die Lausner Tafel – von der Freien Missionsgemeinde Lausen (FMG) ins Leben gerufen – verteilt seit 15 Jahren Lebensmittel an Bedürftige. Die geflüchteten Menschen sind jedoch nicht nur als Einkaufende da, sondern helfen auch ...
Lebensmittel verteilen für guten Zweck
Die Lausner Tafel – von der Freien Missionsgemeinde Lausen (FMG) ins Leben gerufen – verteilt seit 15 Jahren Lebensmittel an Bedürftige. Die geflüchteten Menschen sind jedoch nicht nur als Einkaufende da, sondern helfen auch selbst aktiv mit.
Melina Mundschin
Jeden Donnerstagnachmittag wird es international im Gebäude der Freien Missionsgemeinde (FMG) Lausen. Denn Menschen aus 22 Nationen beziehen wöchentlich an der Lausner Tafel Lebensmittel. Die FMG verteilt in Zusammenarbeit mit der Schweizer Tafel Nahrungsmittel an Geflüchtete und Sozialhilfeempfänger. Parallel werden auch eine Kleiderbörse, eine Kinderspiel- sowie eine Hausaufgabenstunde angeboten. Regula Havener leitet die Aktion zusammen mit ihrem Mann und einem mehrköpfigen Team. «Uns ist es wichtig, dass wir das nicht für die Bedürftigen machen, sondern mit ihnen zusammen», erklärt sie.
Die Lausner Tafel gibt es schon seit 2007. Für 2 Franken dürfen die Menschen ihre Einkaufstasche mit Lebensmitteln, die von der Schweizer Tafel geliefert werden, nach ihrer Wahl füllen. Mit diesem kleinen Betrag soll dafür gesorgt werden, dass es nicht als selbstverständlich angesehen wird, so viele Lebensmittel fast umsonst beziehen zu können.
Das Miteinander im Zentrum
Die Lausner Tafel ist aber nicht ausschliesslich ein wöchentlicher Treffpunkt, um Nahrungsmittel zu beziehen. Es wird auch regelmässig zusammen gekocht, gespielt und werden Feste gefeiert. «Das Miteinander ist ganz wichtig für uns», sagt Havener. Trotz der teilweise vorhandenen Sprachbarrieren können sich die Menschen aus verschiedenen Ländern untereinander verständigen und offen miteinander sprechen. «Hier prallt alles aufeinander. Auch die Nationen, die sich in ihrem Heimatland gegenseitig bekämpfen», sagt Pastor Thomas Havener.
«Obwohl wir eine kirchliche Organisation sind, ist und darf es nicht unser Ziel sein, diese Menschen in unsere Kirche zu bringen», erklärt Thomas Havener. Mit der Lausner Tafel möchten sie den bedürftigen Menschen aber nicht nur finanziell helfen, sondern auch zwischenmenschliche Unterstützung bieten. So lautet das tägliche Credo: Menschen mit Freude begegnen, damit Fremde zu Freunden werden. Und das hat sich auch bewährt.
Gleichbehandlung für Ukrainer
Beobachtet man die Umgangsformen und die Stimmung bei der Lausner Tafel, fällt bald auf, dass eine lockere und freundschaftliche Atmosphäre herrscht. Die Asylanten und Sozialhilfeempfänger wirken selbst bei dem Projekt mit. So sind zum Beispiel drei Frauen, die aus Bangladesch, Eritrea und Syrien stammen, für das Bereitstellen und das Einkassieren der Kleiderbörse zuständig. Mit viel Stolz, dass sie eine wichtige Aufgabe übernehmen dürfen, stehen die Damen und Herren auf der anderen Seite des Tresens und geben die Lebensmittel heraus. Es sei wichtig, dass sie selbst auch Verantwortung übernehmen dürfen, sagt Regula Havener.
Auch Menschen, die aus der Ukraine geflüchtet sind, gehören inzwischen zu den bekannten Gesichtern. Für die Ukrainerinnen und Ukrainer sei die Kleiderbörse am Anfang noch gratis gewesen. Nach ein paar Monaten erhalten sie schliesslich auch finanzielle Unterstützung der jeweiligen Gemeinde, und ab dann würden sie gleich behandelt wie alle anderen. Eine weitere «Sonderbehandlung» für die Ukrainerinnen und Ukrainer wäre auch etwas ungerecht, wie Regula Havener meint. «Was die Geflüchteten aus der Ukraine einfach so bekommen, haben sich die Flüchtlinge aus dem ferneren Osten schwerstens erkämpfen müssen oder haben es bis heute noch nicht. Das U-Abo ist ein Beispiel dafür», sagt sie.
Der Donnerstagnachmittag ist aber längst nicht mehr nur ein Zeitfenster, um günstig Lebensmittel und Kleidung zu beziehen, sondern hat sich auch zu einem wichtigen sozialen Treffpunkt entwickelt. Es wird zusammen gequatscht, gelacht und es werden Witze gerissen. Auch die eigenen, meist traumatischen Fluchterlebnisse können zusammen verund aufgearbeitet werden.
«Die Geflüchteten sollen sich bei uns wohlfühlen», wie die Leitenden sagen. «Es soll aber nicht so sein, dass sich die Asylanten nur an unseren Lebensstil und unsere Kultur anpassen müssen. Auch wenn die hiesige Kultur prägend sein darf, ist das Ziel eine gegenseitige Integration in eine gelebte, christliche Wertkultur hinein», sagt Pastor Havener.