Ewige Momente

Brügglifeld, Letzigrund, Tissot-Arena. Quer durchs Land sah ich in den vergangenen fünfzehn Jahren Länderspiele des Schweizer Frauenteams. Auch in Thun, Nyon, Schaffhausen und auf dem Rankhof sass ich auf der Pressetribüne, schrieb ich über Siege und bittere Niederlagen. Nach Augsburg, Stockholm und Glasgow reiste ich für die besten Fussballerinnen des Landes gar nach Washington in die USA: im August 2014, als einzige Schweizer Journalistin. Spontan kam die Reise zustande, aber ich zögerte keine Sekunde. Um ehrlich zu sein: Ich wollte ganz einfach mal die Amerikanerinnen spielen sehen mit Stars wie Abby Wambach, Megan Rapinoe und vor allem der Torhüterin Hope Solo. Ein Traum.

USA – Schweiz wäre auf meiner Bestenliste, hätte ich denn eine, weit oben. Aber ich führe keine Rangliste der denkwürdigsten Spiele, die ich vor Ort erlebte. Eher kommen mir gewisse Partien immer mal wieder in den Sinn. Etwa, weil die Partie historisch war, wie das erste Spiel an einer Endrunde überhaupt: WM 2015 in Kanada, gegen Japan. Auch der Achtelfinal gegen die Gastgeberinnen trugen die Schweizerinnen in Vancouver aus – vor imposanter Kulisse. Leider trugen die meisten nicht der Schweizerinnen wegen Rot-Weiss. In schlechter Erinnerung bleibt die torlose WM-Qualifikationspartie in Polen, deretwegen die Schweiz die WM in Frankreich verpasste. Schlimmer als das Spiel war die Rückfahrt vom Spielort Mielec nach Krakau mit dem polnischen Kameramann. Mit einem röchelnden Skoda «fräste» er über abgelegene Landstrassen, mir wurde angst und bange, und ich übte mich auf dem Rücksitz im «Kampfschlafen». So hätte ich den Zusammenstoss mit einem Reh immerhin nicht mitbekommen.

Viel schöner die Erinnerung an den 8. Mai 2008: Schweiz – Wales auf dem Fussballplatz z’Hof in Oberdorf. Ein Länderspiel in der Provinz? Heute undenkbar, damals völlig normal. Der Musikverein Oberdorf spielte die Hymnen, Monika Kälin machte nach Spielschluss Stimmung im Festzelt. Ebenso grossartig wie der Moment vergangenenen Samstag im englischen Leigh, als ich realisierte, wer auf der Tribüne sass: «S Baselbiet isch au doo!», rief ich Rita und Peter Marti aus Lupsingen zu. Die Eltern der Nationalspielerin Lara Marti verfolgten das erste EM-Spiel gegen Portugal live. Sichtlich stolz, erst recht, als ihre Tochter in der 73. Minute eingewechselt wurde. Vielleicht wärs doch an der Zeit für eine Bestenliste? Denn Lara Marti ist die erste Baselbieter Fussballerin, die an einer EM-Endrunde zum Einsatz kam. Das schlägt eigentlich alles.

Seraina Degen

Seraina Degen (35) ist in Niederdorf aufgewachsen. Als Torhüterin spielte sie lange leidenschaftlich Fussball, heute bleibt sie beruflich am Ball – als Redaktorin bei SRF Sport.

QUERPASS

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