CARTE BLANCHE
29.07.2022 PolitikWie viel kostet eine Mauereidechse?
Fredy Dinkel, Landrat Grüne, Ziefen
Vor ein paar Tagen habe ich mein Büro aufgeräumt, und dabei ist mir ein Zeitungsartikel mit obigem Titel in die Hände gefallen. Er war schon etwas ...
Wie viel kostet eine Mauereidechse?
Fredy Dinkel, Landrat Grüne, Ziefen
Vor ein paar Tagen habe ich mein Büro aufgeräumt, und dabei ist mir ein Zeitungsartikel mit obigem Titel in die Hände gefallen. Er war schon etwas vergilbt, denn er ist mehr als 30 Jahre alt und berichtete von einer Tagung zum Thema Umweltschutz, an der auf dem Podium diese Frage ernsthaft gestellt wurde, wenn auch mit einem kleinen Augenzwinkern.
Das Thema «Umweltschutz Ja, aber was darf es kosten und wer soll es bezahlen?», ist nach 30 Jahren immer noch aktuell, sogar noch viel aktueller. Klimakatastrophe, Artenverlust, Überfischung und Belastung der Meere mit Abfällen und Schadstoffen sind einige der Themen, für die wir eine Lösung finden müssen. Das wird mir jede Woche bewusst, wenn ich mit meinen Grosskindern zusammen bin, ihre Lebendigkeit erlebe und mich ihre Zukunft beschäftigt. Aber dann kommen immer wieder Ereignisse wie Corona, Invasion der Ukraine oder Inflation, die den notwendigen langfristigen Fokus auf die Lösung aktueller Probleme reduzieren.
Klar, die Bekämpfung von Corona ist ein Muss. Über die Art scheiden sich die Geister und das ist auch gut so, denn aus der Vielfalt kann Neues entstehen, wenn der Geist offen bleibt.
Die Inflation führt bei Leuten mit geringen Einkommen zu berechtigten Ängs ten. Da können Preiserhöhungen problematisch sein und Lösungen müssen gefunden werden, um diese Personen zu entlasten. Ein Blick in Daten des Bundesamts für Statistik zeigt wenig Erstaunliches: Die fossilen Energieträger sind Treiber der Inflation und bestimmen diese bis zu 80 Prozent. Eine erste Reaktion kann sein: «Dann müssen wir diese eben subventionieren, wie dies in gewissen Ländern für Treibstoffe gemacht wird.» Politisch ist eine solche Forderung auch im Hinblick auf die kommenden Wahlen attraktiv. Doch wo bleibt die Enkeltauglichkeit?
Da ist ein guter Mittelweg notwendig. Einen Teil der möglichen Gelder nutzen, um Firmen und Privatpersonen zu entlasten, für welche die Preiserhöhung problematisch ist, aber nicht um jene zu unterstützen, die genügend Geld haben, ein grosses Auto zu fahren. Zukunftsfähiger sind allerdings Investitionen in effizientere oder neue Technologien, die unsere Abhängigkeit von Öl und Gas reduzieren. Damit leisten wir nicht nur einen Beitrag zur Reduktion der Klimakatastrophe, sondern auch zur Friedensförderung.
In dem Zusammenhang hat mich der kürzliche Vorschlag von Gerhard Pfister («Die Mitte») gefreut, CO2 mit einer Abgabe zu belegen und auch auf die Importe entsprechende Zölle zu erheben. Einerseits aus Fairness unserer Wirtschaft gegenüber und aufgrund der Tatsache, dass zwei Drittel der CO2-Emissionen, für die wir verantwortlich sind, im Ausland anfallen. Die Einnahmen sollen dann an die Bevölkerung zurückverteilt werden, sodass im gesamten keine Mehrkosten entstehen, aber klimafreundliches Verhalten belohnt und schädliches bestraft wird.
Die Idee ist ja nicht ganz neu, aber mich freut es sehr, dass dieser Vorschlag aus der politischen Mitte kommt, denn es stärkt meine Hoffnung, dass wir zusammen nicht nur Lösungen finden, sondern auch umsetzen.
In der «Carte blanche» äussern sich Oberbaselbieter National- und Landratsmitglieder sowie Vertreterinnen und Vertreter der Gemeindebehörden zu einem selbst gewählten Thema.