Zwischen Kunst und Spiritualität
17.06.2022 Kirche, Kultur, ZiefenMelina Mundschin
Zwar stellt er nicht für die Art Basel aus, strategisch clever geplant ist die Exposition von Bryan Haab allemal. Der Ziefner hat gestern, pünktlich zum Start der Art Basel, sein Projekt «Zwischen Stühlen und Bänken» installiert. Bis heute Nacht ist ...
Melina Mundschin
Zwar stellt er nicht für die Art Basel aus, strategisch clever geplant ist die Exposition von Bryan Haab allemal. Der Ziefner hat gestern, pünktlich zum Start der Art Basel, sein Projekt «Zwischen Stühlen und Bänken» installiert. Bis heute Nacht ist er auf dem Münsterplatz in Basel im Rahmen der «Nacht des Glaubens», eines Festivals für Kunst und Kirche, anzutreffen. Mit seiner Arbeit zeigt er die Verbindung von Kunst und Glaube.
Sein Werk ist aussergewöhnlich: Vertikal aufgestellte Kirchenbänke, Stühle und andere Sitzgelegenheiten stapeln und ranken sich in einer scheinbar labilen Konstruktion. Mit versteckten Schrauben, Nägeln und Spannzangen wird das bewegliche, aber doch stabile Konstrukt zusammengehalten. Heute Abend bis in die frühen Morgenstunden wird es immer wieder kurze Vorführungen geben, bei denen eine ganz in Rot gekleidete Tänzerin auf dem Werk herumklettert.
Ursprünglich stammt Bryan Haab aus Kanada, wo er Kunst studiert hat. Vor 24 Jahren kam er in die Schweiz, um zu arbeiten und seine Kunst auszuprobieren und auszuleben. Die europäische Kulturlandschaft sei anders als die kanadische, sie sei herausfordernder und genau das macht den Künstler neugierig. Mit seinem aktuellen Projekt will er provozieren, aber auf eine positive Art. «Kirchenbänke auf den Kopf zu stellen, wird als etwas Verbotenes angesehen», erklärt der Oberbaselbieter. Er habe festgestellt, dass solche Provokationen auch Freude bereiten können, besonders wenn sie einen «Wow-Effekt» auslösen. Für den Ziefner ist der Schnittpunkt von Kirche und Kultur ein ganz wichtiger Bereich, denn der Glaube sei ein spannender Teil der Kunst.
Ein langer Weg
Das Projekt auf dem Münsterplatz sei schon länger geplant gewesen, konkret umgesetzt werden konnte es jedoch erst jetzt, sagt Haab. Die Idee, Kirchenbänke aus ihrer gewohnten Struktur herauszunehmen, habe sich schon 2006 entwickelt. Um Platz für eine Veranstaltung in einer kanadischen Kirche zu schaffen, stellte der schweiz-kanadische Doppelbürger die Kirchbänke vertikal auf. Der Leerraum, der so entsteht, soll zum Denken anregen: «Was machen wir, wenn wir nicht absitzen können? Wir müssen aktiv werden», schlussfolgert der 47-Jährige. Sitzen werde oft mit einer passiven Konsumhaltung assoziiert. Werden Stühle und Bänke weggenommen, müsse man sich bewegen, so der Künstler. Die langen, teilweise fast antiken Kirchenbänke werden aus ihrer festgefahrenen Ordnung herausgeholt und finden ihren Platz in einer neuen, beweglichen Konstruktion wieder.
Die Kirchenbänke und Stühle wurden Haab teilweise geschenkt, teilweise ausgeliehen. Einer der vielen Metaphern dieses Kunstwerks ist der Drang der Infrastruktur, aufstehen zu wollen und nicht leblos und starr am immer gleichen Ort zu weilen. Und das Gleiche soll für die Menschen gelten: Sich immer neu hinterfragen und aktiv in Bewegung bleiben. Vor allem während der Pandemie hätten viele Leute eine passive, eben sitzende, Haltung eingenommen. Das Projekt habe auch das Ziel, konstruktiv auf die vergangenen zwei Jahre zu reagieren.
Bänke und Kirchen führen zusammen, und ist man gemeinsam in einer aktiven Haltung, gebe es viel Potenzial auszuschöpfen.