Abschied vom Telekom-Geschäft
08.06.2022 Lausen, PolitikOtto Graf
Der sich abzeichnende Versorgungsengpass und die explodierenden Preise der Energie tangieren auch die Elektra Baselland (EBL). Dies kam an der Delegiertenversammlung der Genossenschaft in der Mehrzweckhalle Stutz in Lausen deutlich zum Ausdruck. Martin Thommen, ...
Otto Graf
Der sich abzeichnende Versorgungsengpass und die explodierenden Preise der Energie tangieren auch die Elektra Baselland (EBL). Dies kam an der Delegiertenversammlung der Genossenschaft in der Mehrzweckhalle Stutz in Lausen deutlich zum Ausdruck. Martin Thommen, Präsident des Verwaltungsrats (VR), machte sich grosse Sorgen um die künftige Stromversorgung der Schweiz. Derzeit, erklärte er, belaufe sich der Verbrauch an Elektrizität in der Schweiz auf rund 60 Terawattstunden (TWh) jährlich. Bald, rechnete er vor, benötige man landesweit gegen 80 TWh Strom. Die Botschaft von Thommen an die Adresse der Politik war klar. «Wir fahren gegen die Wand. Wir müssen endlich aufhören, uns selbst anzulügen. Es braucht mehr Ressourcen», gab er zu verstehen.
Und er stellte die Frage in den Raum, ob es sich die Schweiz leisten kann, auf die Kernenergie zu verzichten. Die europäische Stromversorgung, verdeutlichte er, habe höchste Priorität. Um die Planungssicherheit zu gewährleisten, sei ein Stromabkommen mit der EU unentbehrlich. Die Schweiz, so Thommen, verfüge als Trümpfe mit den Stauseen über gigantische Energiespeicher, die sich direkt anbieten, um mittels überschüssigem Strom aus europäischen Solar- und Windanlagen kostengünstig aufgefüllt zu werden. Zudem müsse die Energieeffizienz zwingend erhöht werden. Der VR-Präsident appellierte an die Politik, die Voraussetzungen zu schaffen, damit energetische Gebäudesanierungen rascher und unbürokratischer erfolgen können.
Harter Konkurrenzkampf
Die EBL, versicherte Thommen, stelle sich den Herausforderungen und werde sich künftig verstärkt auf die Strom- und Wärmeversorgung fokussieren. Im Vordergrund steht der Ausbau von diesbezüglichen Anlagen im In- und Ausland. Deshalb beabsichtigt die EBL, sich von der Sparte Telekom zu trennen und diesen Geschäftsbereich, der nicht zum Kerngeschäft der Genossenschaft gehört, zu verkaufen. Im Telekom-Geschäft, präzisierte Thommen, seien in einem harten Konkurrenzkampf zahlreiche Player aktiv. Obwohl sie schweizweit in etwa 200 Gemeinden entsprechende Netze besitzt, gehöre die EBL zu den kleineren Anbietern und verfüge nur über beschränkte Einflussmöglichkeiten in diesem umkämpften Markt.
Schliesslich, kündigte der Vorsitzende des Verwaltungsrats an, wolle man die Delegierten, das oberste Organ der Genossenschaft, verstärkt in die strategische Ausrichtung des Unternehmens einbinden. Nach den Sommerferien werden die Delegierten zu diesbezüglichen Workshops eingeladen. Erste Ergebnisse sollen bereits 2023 umgesetzt werden.
Weitere Wärmeverbünde geplant
Auch Tobias Andrist, Vorsitzender der Geschäftsleitung der EBL, nannte als Hauptziele des Unternehmens die Versorgungssicherheit und die klimafreundliche Energieerzeugung. So seien der Erwerb von weiteren Anlagen inner- und ausserhalb der Schweiz sowie das Realisieren weiterer Wärmeverbünde geplant. Grosse Erwartungen setzt der CEO in die Tiefengeothermie. Erfreulicherweise, so Andrist, stehe der Jura nun voll hinter dem dortigen Pilotprojekt der Geo-Energie Suisse AG in Haute-Sorne. Dank der eigenen Anlagen könne der Preisanstieg der Energie in Grenzen gehalten werden.
«2021 war ein schlechtes Windund Sonnenjahr, aber ein gutes Wärmejahr», sagte Finanzchef Alain Jourdan, der in groben Zügen die bereits früher publizierten Geschäftszahlen 2021 erläuterte. In der Tat haben die Genossenschaft und die Konzerngesellschaften der EBL trotz der widrigen Umstände wiederum ein ausgezeichnetes Ergebnis erwirtschaftet. Der Jahresgewinn stieg um 200 000 Franken auf 24,3 Millionen Franken. Die hohe Eigenkapitalquote von fast 72 Prozent unterstreicht die solide finanzielle Basis der EBL.