Was die Punkte über den Altbestand verraten
05.05.2022 RothenfluhGesamtmelioration auf Kurs – öffentliche Auflage der Bonitierung
Derzeit liegt der Altbestand mit der aufgrund der Bodenkartierung ermittelten Bonitierung der Grundstücke öffentlich auf. Grundsätzlich haben die Eigentümerinnen und Eigentümer bei der ...
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Derzeit liegt der Altbestand mit der aufgrund der Bodenkartierung ermittelten Bonitierung der Grundstücke öffentlich auf. Grundsätzlich haben die Eigentümerinnen und Eigentümer bei der Neuzuteilung Anspruch auf gleich viele Bodenpunkte wie bisher.
Otto Graf
Die Gesamtmelioration Rothenfluh macht einen entscheidenden Schritt vorwärts. Kürzlich orientierte die Vollzugskommission alle betroffenen Grundeigentümerinnen und -eigentümer mittels eines eingeschriebenen Briefs über die «Planauflage alter Bestand». Gleichzeitig lud die Kommission Ende April zur fünften Genossenschaftsversammlung ein.
Um überhaupt eine Neuzuteilung vornehmen zu können, muss zuvor der Altbestand aufgenommen werden. Bonitierung nennt sich dieser Vorgang im Fachjargon. Dabei wird jede Parzelle nach verschiedenen einheitlichen Kriterien bewertet, wie etwa nach Bodenbeschaffenheit, Lage, Hangneigung, Fruchtbarkeit oder Schattenwurf. Die Summe der so ermittelten Bonitierungswerte ergibt den Tauschwert für die neuen Grundstücke. Bei der späteren Neuzuteilung hat jeder Grundeigentümer Anspruch auf gleich viele Bonitierungspunkte, wie er beim Altbestand hatte. Auf diese Art können die aus landwirtschaftlicher Sicht guten und weniger guten Böden sowie ebene und geneigte Parzellen gegeneinander ausgetauscht werden.
Wichtigste Grundlage der Bonitierung war, wie den Tagungsunterlagen entnommen werden kann, die Bodenkartierung der Arbeitsgemeinschaft Vogt Planer, Rünenberg, und der Babu GmbH, Zürich, die im Jahr 2019 begann. Damals wurden im ganzen Beizugsgebiet der Melioration von 575 Hektaren, was etwa der Hälfte des Gemeindebanns entspricht, sämtliche 1519 Parzellen in die Bodenkartierung einbezogen. An zahlreichen Stellen erstellten die Fachleute Bodenprofile und ermittelten die für das Pflanzenwachstum massgeblichen Eigenschaften. Die so erarbeitete Bodenkarte widerspiegelt die Qualität des Bodens und weist jedem homogenen Areal eine Bodenpunktzahl zu.
Darüber hinaus wurden die für die landwirtschaftliche Bewirtschaftung relevanten Faktoren wie Neigung, Waldrand (Schatten), Böschungen oder Lage an Gewässern entsprechend gewichtet und als Abzug definiert. All diese umfangreichen und zeitraubenden Arbeiten wurden durch die unabhängige Schätzungskommission in Begleitung der technischen Leitung durchgeführt.
Auflage bis Ende Monat
Nun legt die Meliorationsgenossenschaft Rothenfluh im Einvernehmen mit dem Ebenrain-Zentrum für Landwirtschaft, Natur und Ernährung den alten Bestand öffentlich auf. Betroffene können bis zum 31. Mai bei der Meliorationsgenossenschaft Rothenfluh schriftlich und begründet Einsprache gegen den alten Bestand erheben. Neben der Bodenbewertung können auf der Gemeindeverwaltung Rothenfluh weitere Auflageakten eingesehen werden. Ebenso finden sich sämtliche Unterlagen auf der Website der Gemeinde. Zusätzlich werden am 11. Mai und am 17. Mai jeweils von 17 bis 20 Uhr im Gemeindesaal Rothenfluh Informationsanlässe mit den am Verfahren beteiligten Fachleuten durchgeführt.
An der Genossenschaftsversammlung hiessen die Stimmberechtigten ausserdem die Rechnung 2021 sowie das aktuelle Budget gut. Weil die grossen Brocken auf technischer Seite noch nicht anfallen, übersteigen die Einnahmen die Ausgaben dank der Arenbeiträge deutlich. Um Kosten zu sparen, sprach sich die Genossenschaft dafür aus, dass die jährliche Generalversammlung auf Zusehen hin nur noch bei Bedarf stattfindet.
NACHGEFRAGT | BRUNO ERNY, MITGLIED DER VOLLZUGSKOMMISSION
«Kein fundamentaler Widerstand»
og. Bruno Erny, Mitglied der Vollzugskommission (VK) und Präsident des Natur- und Vogelschutzvereins Rothenfluh-Anwil-Oltingen (Nuvrao), beantwortet im Gespräch einige Fragen zum komplexen Meliorationsverfahren.
Herr Erny, welche Reaktionen hat die Planauflage des Altbestandes bei den Grundbesitzenden bis jetzt ausgelöst?
Bruno Erny: Wie wir in der Vollzugskommission vermutet haben, sind uns bis jetzt noch keinerlei Äusserungen bekannt. Genaueres wird man wohl nach den beiden Infoanlässen und vor allem Ende Monat wissen, wenn die Einsprachefrist abgelaufen ist.
Gibt es immer noch Stimmen, die behaupten, eine Melioration sei nicht notwendig?
Gerüchteweise gibt es ein paar wenige, die Mühe haben, den demokratisch zustande gekommenen Prozess zu akzeptieren. Fundamentalen Widerstand gibt es aber nicht.
Welche Schritte stehen nun an?
Im Herbst, nach der Vegetationsperiode, ist die Inspektion des Drainagenetzes geplant. Das Leitungsnetz aus den 1940er-Jahren weist massive Schäden auf. Mittels Kanalfernsehen, Spülungen und weiterer technischer Massnahmen wird dabei der Istzustand ermittelt. Dieser stellt die Basis für das Sanierungsprojekt dar. Parallel dazu läuft ein analoges Verfahren betreffend die Flurwege, inklusive Planung des künftigen Wegnetzes.
Was wünscht sich der Nuvrao im Hinblick auf das weitere Verfahren?
Wünsche muss man immer haben, doch Spass beiseite. Natürlich erwartet der Nuvrao möglichst viel Naturund Landschaftsschutz. Aber es gilt, das Augenmass nicht zu verlieren und sich für mehrheitsfähige Projekte einzusetzen. Nur im Konsens erarbeitete Kompromisse lassen sich auch realisieren. Im Grossen und Ganzen sind wir mit der Entwicklung aus naturschützerischer Sicht zufrieden.