Führungskrise im Altersheim
05.05.2022 OrmalingenZentrum Ergolz muss zwei Positionen in der Geschäftsleitung neu besetzen
Nach weniger als einem Jahr in diesen Positionen haben der Geschäftsführer und die Pflegedienstleiterin das Altersheim Ergolz verlassen. Für den Chefposten wurde eine Interimslösung gefunden, ...
Zentrum Ergolz muss zwei Positionen in der Geschäftsleitung neu besetzen
Nach weniger als einem Jahr in diesen Positionen haben der Geschäftsführer und die Pflegedienstleiterin das Altersheim Ergolz verlassen. Für den Chefposten wurde eine Interimslösung gefunden, für die Pflegedienstleitung wird mit hoher Priorität die Nachfolgeregelung angegangen.
Christian Horisberger
Kurt Schaub ärgert sich: «Mit rechtzeitiger und offener Kommunikation wäre diese Situation zu vermeiden gewesen.» Wäre. Stattdessen kam es an der Spitze des Zentrums Ergolz zu zwei Kündigungen. Jetzt muss der Stiftungsrat des Alters- und Pflegeheims, den Schaub präsidiert, einen neuen Geschäftsführer und eine neue Pflegedienstleiterin suchen. Auf einen Schlag sind zwei von drei Geschäftsleitungsmitgliedern aus dem Betrieb ausgeschieden.
Pflegedienstleiterin Luzia Thür reichte ihre Kündigung auf den 31. Mai ein. Sie wurde im August vergangenen Jahres als Nachfolgerin von Patrik Wohlgemuth, der kurz zuvor zum Geschäftsführer aufgestiegen war, eingestellt. Wohlgemuths Kündigung erfolgte Anfang April – per Ende Oktober. Der Stiftungsrat, als Anstellungsbehörde für die Leitungspositionen, und Wohlgemut hätten sich «in gegenseitigem Einvernehmen» darauf geeinigt, ihn bei Lohnfortzahlung per sofort freizustellen, erklärt Schaub. Dies, um «sofort Veränderungen vornehmen zu können».
Kommunikationsmängel
Diese Woche hat der Stiftungsrat die Mitarbeitenden, Bewohnerinnen und Bewohner, deren Angehörige sowie die 14 Stiftergemeinden über die Personalsituation ins Bild gesetzt. Als Grund für den Abgang des Leiters werden darin «unterschiedliche Auffassungen im operativen Führungsverständnis» genannt. Auf Nachfrage präzisiert Schaub: Infolge der Kündigung der Pflegedienstleiterin, die er ausserordentlich bedauere, habe der Stiftungsrat mit allen drei Geschäftsleitungsmitgliedern Gespräche geführt. Daraus seien erhebliche Mängel in der Kommunikation innerhalb der Geschäftsleitung hervorgegangen. Ausserdem habe sich gezeigt, dass Wohlgemuth nicht im erforderlichen Mass als Führungsperson auftrete beziehungsweise wahrgenommen werde. In der Folge habe der Zentrumsleiter seine Kündigung eingereicht. Schaub bedauert die Entwicklung.
Auch Wohlgemuth spricht von unterschiedlichen Ansichten zur operativen Führung: «Wir haben festgestellt, dass wir die Verteilung von Kompetenzen und Verantwortlichkeiten unterschiedlich beurteilen», sagt er auf Anfrage. Er betont, dass «das Zentrum Ergolz und ich im Guten auseinandergehen». Seine berufliche Zukunft sieht Wohlgemuth, der den Tecknauer Gemeinderat präsidiert, weiterhin im Gesundheitswesen. Er suche nach einer ähnlichen Position im sozialen Bereich, um dort seine Passion und Erfahrung aus verschiedenen Aufgaben in Institutionen des Gesundheitswesens einbringen zu können.
Der Stiftungsrat hat bereits mehrere Massnahmen getroffen, um die Führungskrise zu bewältigen: Als interimistischen Leiter hat er Stephan Kunz von der auf Beratungen im Gesundheitswesen spezialisierten Keller Unternehmensberatung AG an Bord geholt. Laut dem Schreiben des Stiftungsrats verfügt Kunz über 25 Jahre Erfahrung in der Führung sozialer Institutionen. Bei seinen beiden letzten Engagements habe er Betriebe im Bereich der Langzeitpflege im Alter geleitet.
Organisationsanalyse
Die Verantwortung für den Pflegedienst verbleibt zunächst trotz deren Kündigung auf ausdrücklichen Wunsch des Stiftungsrats bei Luzia Thür. In einem Teilzeitpensum werde sie – in Absprache mit ihrem neuen Arbeitgeber – dem Zentrum Ergolz bis zur Neubesetzung der Stelle zur Verfügung stehen. Sie werde dabei eng von ihrer bisherigen Stellvertreterin Jannine Cavallet begleitet.
Die Neubesetzung der Pflegedienstleitung hat für den Stiftungsrat höchste Priorität. Die Stellenausschreibung werde in den nächsten Tagen erfolgen. Im besten Fall könne der Posten im kommenden Herbst besetzt werden, sagt Kurt Schaub. In einem zweiten Schritt mache man sich auf die Suche nach einem neuen definitiven Leiter des Altersheims. Aufgrund längerer Kündigungsfristen rechnet Schaub nicht damit, dass die Stelle noch im laufenden Jahr besetzt werden kann.
Die Gespräche mit den drei Mitgliedern der Geschäftsleitung deckten nicht nur in der Führungsetage Mängel auf, sondern auch darüber hinaus. Diesen will der Stiftungsrat mit einer Organisationsanalyse auf den Grund gehen. Neben der Zentrumsleitung wird Stephan Kunz auch dafür die Verantwortung übertragen.
Zu durchleuchten seien dabei die Führung auf allen Ebenen, die Organisationsstruktur im ganzen Betrieb mit ihren zahlreichen Wohngruppen sowie die Kommunikation «vom Stiftungsrat bis zum Reinigungspersonal», wie der Stiftungsratspräsident sagt: «Es soll nicht übereinander, sondern miteinander geredet werden.» Die eingeleiteten Massnahmen würden vom Stiftungsrat eng begleitet.
Die Bewohnerinnen und Bewohner des Zentrums Ergolz sollen von der Führungskrise nichts spüren, sagt Kurt Schaub. Denn die oberste Zielsetzung des Altersheims sei das Wohlbefinden der Bewohnerinnen und Bewohner in ihren letzten Lebensjahren in einem attraktiven Zentrum.