Von stolzen Kühen und krummen Rüebli
07.04.2022 RünenbergAus dem Alltag von Historiker und Kleinbauer Rico Kessler
Der Autor Rico Kessler erzählt auf humorvolle und lockere Art aus seinem Leben auf dem Hof Berg und spannt immer wieder den Bogen von seinem Alltag auf die grossen Themen der Agrarund Weltpolitik. Am Freitag ist ...
Aus dem Alltag von Historiker und Kleinbauer Rico Kessler
Der Autor Rico Kessler erzählt auf humorvolle und lockere Art aus seinem Leben auf dem Hof Berg und spannt immer wieder den Bogen von seinem Alltag auf die grossen Themen der Agrarund Weltpolitik. Am Freitag ist Vernissage.
Irène Böhm
Mit seinem Buch «Stolze Kühe, krumme Rüebli» möchte der Rünenberger Rico Kessler einen Beitrag an die Diskussion zum landwirtschaftlichen Strukturwandel leisten und die Frage stellen: «Wann hört das auf?» Das Spannungsfeld zwischen der digitalisierten Gesellschaft und der Landwirtschaft habe ihn interessiert, sagt der 60-Jährige. Obwohl nur noch 3 Prozent der Bevölkerung in der Landwirtschaft arbeiteten, hätten alle einen Bezug dazu – schon allein, weil alle täglich essen.
Lange bevor er seine heutige Frau Claudia Staubli – sie ist Landwirtin – kennenlernte, hatte er sich mit ökologischen Themen befasst: Fast während seines gesamten Berufslebens war er bei Pro Natura angestellt – und ist es noch. Mit seiner Frau ergänze er sich beruflich bestens, sagt er. Umso erfreulicher, dass den beiden nach einem «glücklichen Fehlschlag», wie Kessler in seinem Buch schreibt, im Frühling des Jahres 1998 ein 5 Hektaren kleiner Hof «in den Schoss fiel».
Für die Natur in Theorie und Praxis
Bereits die Vorbesitzerin hatte den Betrieb biologisch geführt. Ihr Herzenswunsch war, dass ihre Nachfolger das von ihr und ihrem Mann begonnene Werk weiterführten. Mit der Wahl von Rico Kessler und Claudia Staubli ging somit für beide Seiten ein Wunsch in Erfüllung.
«Für mich ist es ein Privileg, diese Lebensform zu leben», ist sich der Autor bewusst. Was immer er tut: Er tut es gerne und mit Leidenschaft. Und was er bei der Umweltorganisation Pro Natura schweizweit fordert, kann er im privaten, kleinbäuerlichen Arbeitsalltag praktisch umsetzen. Genau davon handelt das Buch von Rico Kessler.
In lockerer, humorvoller Art, gespickt mit viel Selbstironie, macht sich der Historiker Gedanken darüber, wie sie damals im Jahr 1998 mit wenig Eigenkapital auf Geldsuche gingen und schliesslich einen Bankkredit bekamen. Er spannt einen zeitlichen Bogen von 1998 bis ins Jahr 2022 und wirft auch einen kritischen Blick auf die Geschehnisse auf dem Hof Berg im Kleinen und in der Agrarpolitik im Grossen.
Differenziert und humorvoll
In differenzierter Art betrachtet er die Direktzahlungen, den hohen Fleischverzehr und den damit einhergehenden Landverzehr. Er philosophiert über die Haltung von Rindern und über «Gnadenhöfe», räumt freimütig ein, dass der Pflanzenschutz bei den Obstbäumen auf ihrem Bio-Knospe-Betrieb eher rudimentär betrieben wird und bei den Kirschen ganz ausbleibt: «Offen gesagt – und das ist in der Nordwestschweiz fast eine Gotteslästerung – mögen wir Kirschen auch gar nicht besonders.»
Das Buch – dessen Vernissage morgen Freitag in Gelterkinden gefeiert wird – richtet sich bewusst nicht an Fachleute, sondern an all jene, die gerne lesen, sich mit landwirtschaftlichen und ökologischen Themen befassen und dies noch ganz humorvoll präsentiert bekommen möchten. Das 160 Seiten umfassende und reich illustrierte Buch vermittelt einen Einblick in den persönlichen Alltag einer Kleinbauernfamilie und erzählt ein Stück Weltgeschichte, das nie in den grossen Geschichtsbüchern Erwähnung finden wird.
Rico Kessler: «Stolze Kühe, krumme Rüebli – Unser Leben als Kleinbauern». Erschienen im Hier und Jetzt Verlag, Zürich.
Buchvernissage: Freitag, 8. April, 19 Uhr, Gemeinde- und Schulbibliothek Gelterkinden.