Respektvoll mit dem Kulturerbe umgehen
28.04.2022 PolitikGründonnerstag, 16 Uhr, ein Hausbesitzer lässt grosses Geschütz auffahren. Eine halbe Stunde später ist ein fast 100-jähriges, markantes Gebäude zerstört. So beginnt kein geordneter Rückbau. Ob diese mutwillige Zerstörung zu Recht oder zu Unrecht ...
Gründonnerstag, 16 Uhr, ein Hausbesitzer lässt grosses Geschütz auffahren. Eine halbe Stunde später ist ein fast 100-jähriges, markantes Gebäude zerstört. So beginnt kein geordneter Rückbau. Ob diese mutwillige Zerstörung zu Recht oder zu Unrecht geschah, darum geht es nicht an dieser Stelle.
Vielmehr geht es darum, wieso ein solch identitätsstiftendes Geschäftshaus einfach niedergerissen wird. Konzeptlos, ohne Idee, was danach geschehen soll. Dieses Handeln kann ich bis jetzt weder verstehen noch nachvollziehen. Die von der Regierung eingesetzte Kantonale Denkmalpflege hat die Aufgabe, solche wichtigen Kulturdenkmäler zu sichern und für die Nachwelt zu erhalten.
Über dieses Amt war an dieser Stelle auch schon Kritisches zu lesen. Zugegeben, auch ich hatte schon das eine oder andere Mal meine liebe Mühe mit Interpretationen und Auflagen, die von der Denkmalpflege kamen.
Doch wie sähen unsere Dörfer aus, würde nicht jemand darüber wachen und dafür sorgen, dass sorgsam mit dem Be- stehenden umgegangen wird? Standen sie nicht auch schon an einem Ort, in der näheren Umgebung oder weit weg in den Ferien, und bewunderten alte Bauten, staunten über die Baukunst und das handwerkliche Können von damals? Auch darüber, wie Altes bestehen bleiben konnte und daneben Neues gebaut wurde, ohne einander zu stören? Im Gegenteil, sich sinnvoll ergänzen?
Für mich ist klar: Ballenberg muss es nicht sein, aber der Erhalt älterer Bauten ist wichtig und ergibt immer dann Sinn, wenn diese in eine zeitgemässe Nutzung überführt werden. Bei vielen, wenn nicht gar bei fast allen, wäre oder ist das möglich. Mit dem Wissen, das wir uns über Jahrzehnte angeeignet haben, und mit den Materialien, die uns mittlerweile zur Verfügung stehen, können wir das. Es ist auch unsere Pflicht, respektvoll mit dem Kulturerbe unserer Vorfahren umzugehen und dieses in die neue Zeit zu überführen. Bei einem Totalabriss, wie es im vorgenannten Fall geschehen soll, wird auch immer wertvolles Material vernichtet. Material, das meist noch über Jahre seinen Zweck erfüllen würde. Was bei solchen Umbauten oder Sanierungen sicher auch nicht ganz unbedeutend ist, sind die Kosten. Ein solches Vorhaben kann schon einmal teurer sein als ein Neubau. Aber berechtigt dies den Einzelnen, so zu handeln? Etwas wegzureissen, was Generationen gedient hat? Von vielen als ein Schmuckstück wahrgenommen wurde und nicht zuletzt auch als unsere Heimat gilt? Ich finde nein. Gehen wir doch sorgfältiger um mit dem, was uns unsere Vorfahren überlassen haben! Stehen wir ein für unsere Dörfer! Diskutieren wir doch darüber, was bewahrt werden soll und was nicht! In Sissach haben wir dazu Gelegenheit. Wir sind dabei, die Zonenvorschriften zu überarbeiten. Da wird das Gesicht unseres Dorfes für die Zukunft geformt. Neues kann und wird kommen, das ist auch gut so. Aber tragen wir auch Sorge zu unserer Umgebung, zum Bestand, zu unserer Heimat! Ich freue mich auf spannende Diskussionen.
In der «Carte blanche» äussern sich Oberbaselbieter National- und Landratsmitglieder sowie Vertreterinnen und Vertreter der Gemeindebehörden zu einem selbst gewählten Thema.