Klimafreundliche Wärme ohne CO2-Belastung
07.04.2022 MaisprachGemeinde will Wärmeverbund erweitern und IWB-Pflanzenkohleanlage
Maisprach will den Wärmeverbund erweitern. Hierfür spannt sie mit der Basler IWB zusammen. Diese will eine Pflanzenkohleanlage mit Abwärmenutzung bauen. Für das Vorprojekt wurde schon grünes Licht ...
Gemeinde will Wärmeverbund erweitern und IWB-Pflanzenkohleanlage
Maisprach will den Wärmeverbund erweitern. Hierfür spannt sie mit der Basler IWB zusammen. Diese will eine Pflanzenkohleanlage mit Abwärmenutzung bauen. Für das Vorprojekt wurde schon grünes Licht erteilt, nun soll die Anlage, wenn möglich, bereits im kommenden Jahr in Betrieb genommen werden.
André Frauchiger
Die Gemeinde Maisprach will ihren seit den 1980er-Jahren bestehenden Wärmeverbund erweitern und damit den Betrieb für alle auch in Zukunft anzuschliessenden Liegenschaften sicherstellen. Vor diesem Hintergrund hat sie sich als Partnerin mit dem Basler Unternehmen IWB verbunden. IWB betreibt bereits in Basel, auf eigenem Areal in Kleinhüningen, eine Pflanzenkohleanlage. Nun will sie eine solche Pflanzenkohleanlage auch in Maisprach erstellen, jedoch handelt es sich um einen anderen Typ als in der Stadt Basel.
IWB sieht den Bau einer Pflanzenkohleanlage in einem fünf bis sechs Meter hohen Gebäude auf einer Fläche von rund 430 Quadratmetern vor – auf einem bisher freien Areal gleich gegenüber der Maispracher Mehrzweckhalle Linde. Das neue, zonenkonforme Gebäude für die Pflanzenkohleanlage beansprucht nur etwa einen Viertel des dortigen freien Kiesplatzes und grenzt an ein bereits überbautes Gewerbegebiet an, sodass es nicht weiter störend wirkt und die Zu- und Wegfahrt auch für Lastwagen gut möglich ist.
Vorprojekt bewilligt
An der Maispracher Einwohnergemeindeversammlung vom 24. März wurde das Projekt einer neuen Pflanzenkohleanlage grundsätzlich begrüsst. Die Versammlung bewilligte in einem ersten Schritt einen Kredit über 70 000 Franken für das Erstellen eines Vorprojekts für die Erweiterung des Wärmeverbunds Maisprach. Dies bemerkenswerterweise einstimmig – mit 44 Ja-Stimmen – bei wenigen Enthaltungen.
Der zuständige Gemeinderat Dorian Wernli geht davon aus, dass das ausgereifte Projekt, das zulasten der Gemeinde die Gebäudefinanzierung sowie die Erweiterung des Wärmeverbunds beinhalten wird, der Einwohnergemeindeversammlung vom kommenden Dezember unterbreitet werden kann. Wernli rechnet mit 1,15 Millionen Franken, die von der Gemeinde getragen werden müssen. Das neue Gebäude soll dann an IWB für den Betrieb der Pflanzenkohleanlage vermietet werden. IWB ihrerseits finanziert mit rund 1,5 bis 2 Millionen Franken den eigentlichen Bau der Pflanzenkohleanlage. Projektmanager Dominik Born hofft nun, dass die neue Pflanzenkohleanlage bereits im nächsten Jahr, spätestens aber Anfang 2024, ihren Betrieb aufnehmen kann.
Sowohl die Anlage in Basel als auch die zukünftige in Maisprach haben eines gemeinsam: Der Atmosphäre wird klimaschädliches CO2 entzogen. Erstens entsteht bei dem angewandten Pyrolyseverfahren Abwärme, die in Form von Heisswasser über ein Netz in angeschlossene Liegenschaften geleitet wird. Zweitens wird die im Verbrennungsprozess entstehende Pflanzenkohle als Bodenzusatzstoff in der Landwirtschaft eingesetzt. Pflanzenkohle speichert laut IWB Nährstoffe und Wasser, lockert die Bodenstruktur, mindert das CO2 in der Atmosphäre und verringert schliesslich auch unangenehme Gerüche und Fäulnis, so zum Beispiel bei Stalleinstreu oder in der Kompostierung.
Ein grosser Vorteil von Pflanzenkohleanlagen ist, dass das schädliche CO2 am Schluss nicht in der Luft, sondern in der Erde ist. Auf diese Weise kann ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden.
Kurze Wege – eigenes Holz
IWB verwendet zur Herstellung von zertifizierter Pflanzenkohle ausschliesslich regionales Landschaftspflegeholz. Lange Anfahrtswege von Lastwagen sollen bewusst vermieden werden. Bei der Verarbeitung von in der Regel feuchten bis nassen Holzschnitzeln in Pflanzenkohle wird das Holz zuerst vertrocknet. Die beim Pyrolyseprozess entstehende Wärme heizt die Holzschnitzel auf, das Holz wird in der Folge verkohlt. Bei diesem Prozess entsteht eine Hitze von rund 700 Grad. Sie wird zum Aufwärmen von Wasser verwendet, das dann als Fernwärme in benachbarte Liegenschaften geleitet wird. Die abgekühlte Pflanzenkohle bindet das CO2 und ist dadurch wie bereits erwähnt beim Klimaschutz von Bedeutung.
Der zukünftige Betreiber IWB geht bei der neuen Pflanzenkohleanlage in Maisprach von einer Leistung von 160 Kilowattstunden aus. Die Pflanzenkohleproduktion wird auf jährlich 170 Tonnen beziffert, die anfallende Abwärme für Wärmekunden auf 630 Megawattstunden pro Jahr. Die Pflanzenkohle aus Maisprach soll direkt als Zusatzstoff an Landwirte und andere Abnehmer in der Region verkauft werden. Auch die Verwendung von Pflanzenkohle selbst bei Rebhängen werde bereits praktiziert, wie Dominik Born festhält. Für den Unterhalt und Ausbau des Wärmenetzes ist aber wie bis anhin die Gemeinde Maisprach zuständig.
Dominik Born unterstreicht, die Gemeinde Maisprach habe mit der neuen Anlage in praktisch jeder Hinsicht nur Vorteile: Klimaschutz und einen Wärmepreis von günstigen 7 Rappen pro Kilowattstunde. Zudem können die benötigten Holzschnitzel unter anderem vom gemeindeeigenen Forstrevier geliefert werden.
Gespräche mit weiteren Gemeinden für derartige neue Pflanzenkohleanlagen würden zurzeit ebenfalls geführt, betont Dominik Born gegenüber der «Volksstimme». IWB sei sehr daran interessiert, dass weitere Gemeinden, die einen bestehenden Wärmeverbund dekarbonisieren oder einen neuen Wärmeverbund aufbauen wollen, Hand für ein solches Projekt bieten.
Der Verkauf von Pflanzenkohle sei längst angelaufen. Insbesondere Stadtgärtnereien seien wegen der konstanten Feuchtigkeit von Pflanzenkohle als Zusatzstoff in der Erde interessiert. Dies als Hilfe für die hitzegeplagten Stadtbäume. Auch in Dorfzentren mit wenig Grün sei dies für die Bäume von grossem Nutzen.