IM GEDENKEN
29.04.2022 TecknauHans A. Jenny, Tecknau
Als «populärwissenschaftlichen Sachbuchautor» bezeichnete sich Hans A. Jenny selber; Sammler, Kulturvermittler, Publizist und Wissensvermittler nannten ihn andere; und wäre «ein Original» nicht etwas negativ behaftet, so ...
Hans A. Jenny, Tecknau
Als «populärwissenschaftlichen Sachbuchautor» bezeichnete sich Hans A. Jenny selber; Sammler, Kulturvermittler, Publizist und Wissensvermittler nannten ihn andere; und wäre «ein Original» nicht etwas negativ behaftet, so würde ihn dieser Begriff vielleicht am besten umschreiben: Am Ostermontag ist Hans A. Jenny aus Tecknau, diese schillernde Figur, in seinem 91. Altersjahr verstorben.
In Riehen aufgewachsen und bis zuletzt einen gepflegten Basler Dialekt sprechend, zog er vor 45 Jahren, also in der Mitte seines Lebens, nach Tecknau in ein Bauernhaus. Denn der Städter benötigte viel, viel Raum für seine bereits damals immense Büchersammlung. Dort wuchs sie weiter an, sodass ein einziges Bauernhaus bald nicht mehr reichte, und nun hinterlässt der Vielleser die grösste private Bibliothek im Baselbiet. Schätzungsweise sind über 100 000 Bücher zusammengekommen.
Er war beflissen, in den eigenen vier Wänden alles nachschlagen und -lesen zu können, was ihn interessierte und er noch nicht wusste. Zudem richtete er für sich und seine Gäste in seinem Haus auch ein kleines Napoleon-Museum ein, das den Zwiespalt des kleinen Korsen – des wichtigen Erneuerers und zugleich skrupellosen Kriegstreibers – aufzeigt.
Hans A. Jenny, ursprünglich Journalist und Chefredaktor des damaligen Basler «Doppelstabs», beschränkte sich nie nur auf das Sammeln von Wissen. Der Mann mit der oft schulterlangen, in der Mitte gescheitelten weissen Haarpracht vermittelte es auch gerne. Seine Führungen auf Basler Friedhöfen waren legendär, noch im vergangenen Jahr berichtete er im Lokalfernsehen höchst unterhaltsam regelmässig über historische Merkwürdigkeiten aus den beiden Basel. Deshalb kreuzte er mit seinem Team regelmässig auch in «seinem» Oberbaselbiet auf.
Und schliesslich verfasste er auch 36 Bücher, die meist regionale Themen und – hier fällt die Bezeichnung erneut – Originale aus Basel und dem Baselbiet behandeln. Auch die Tecknauer Heimatkunde stammt aus seiner Feder. Aus diesem Grund ernannte das «Tunälldorf» Jenny, der 1977 zuzog und damals mit seiner Ladung Bücher auch Spott erntete, 2002 zu seinem Ehrenbürger.
Bereits 1993 hatte er den Kulturpreis der Basellandschaftlichen Kantonalbank und zwei Jahre später den Kulturpreis der Gemeinde Riehen entgegennehmen dürfen. Ihm war bei allen Würdigungen immer bewusst, dass das alles ohne den Rückhalt und ohne die Toleranz seiner Frau nicht zu erreichen gewesen wäre. «Solotänze sind nicht möglich», sagte er vor einem Jahr in diesem Zusammenhang in der «Volksstimme».
Politisch in Szene setzte sich Hans A. Jenny vor allem im Vorfeld der Abstimmung über eine mögliche Fusion der beiden Basel. Obwohl aufgrund seiner Biografie mit beiden Kantonen eng verbunden, war er Gegner der ersten Stunde, trat verschiedentlich auf, präsidierte das Komitee Pro Baselbiet und warnte vor einem Zusammengehen.
Vielleicht trug dieses Engagement insgeheim auch zu seiner letzten Ehrung bei, als die Baselbieter Regierung am 16. September 2016 den dannzumal 85-Jährigen für seine Verdienste würdigte. Die Laudatio hielt der durchaus wesensverwandte Schriftsteller Thomas Schweizer. In der Lobesrede bezeichnete er diese Ehrung als «Baselbieter Nobelpreis für angewandte kulturelle Weitsicht». Vielleicht fasst diese Bezeichnung das Werk und Wesen des verstorbenen Hans A. Jenny am besten zusammen.
Jürg Gohl