CARTE BLANCHE
29.03.2022 PolitikWir haben Grund zur Dankbarkeit
Peter Gröflin, Gemeindepräsident Gelterkinden, EVP
Wenn ich so durch die Zeitungen der vergangenen Tage blättere und mich auch an einzelne Themen, Meldungen und Berichte in den zahlreichen ...
Wir haben Grund zur Dankbarkeit
Peter Gröflin, Gemeindepräsident Gelterkinden, EVP
Wenn ich so durch die Zeitungen der vergangenen Tage blättere und mich auch an einzelne Themen, Meldungen und Berichte in den zahlreichen Informations- und Diskussionssendungen im Radio und Fernsehen erinnere, befällt mich ein bedrückendes Gefühl. Dieses wird auch nicht besser, wenn ich mein Smartphone zur Hand nehme und die aktuellen Texte, Blogs, Bilder und Filme auf mich wirken lasse. Vor wenigen Wochen war noch meine Hoffnung, dass Begriffe wie ausserordentliche und besondere Lagen aus unserer Gegenwart verschwinden werden und die Lage wieder normal wird – dies nicht nur nach den Gesichtspunkten des Epidemienrechts.
Aber, was ist schon normal? Ein Teil unserer langjährigen Normalität ist, dass die Medien täglich über Spannungen und Konflikte irgendwo auf dieser Welt berichten können, ohne lange danach suchen zu müssen. Um uns herum, aber auch mitten unter uns, gibt es Probleme, die lokal, regional, national, zwischen Staaten oder sogar global aufbrechen und nach einer Lösung rufen. Es gehört aber auch zu unserer Normalität, dass es viele der weltweiten Probleme, Kriege und Konflikte gar nicht bis zu uns in die Stube oder in unser Bewusstsein schaffen.
Zu unserer globalisierten Welt, in der wir leben, gehört, dass uns zunehmend alles irgendwie zu betreffen scheint, was auf dieser Welt passiert. In immer mehr Bereichen wirkt sich das, was sich in nahen oder fernen Ländern ereignet, direkt auf uns aus. Auch in unserem beschaulichen Oberbaselbiet sind wir abhängig von weltweit funktionierenden Waren-, Finanz- und Energieflüssen sowie von intakten politischen Verhältnissen in anderen Teilen der Welt.
Dennoch besteht ein Unterschied: Lebe ich dort, wo Krieg, Hungersnot, fehlende ärztliche Versorgung, politische Unterdrückung, Menschenrechtsverletzungen oder sonstige elementare Schwierigkeiten den Alltag prägen? Oder lebe ich hier in der Schweiz und werde hier damit konfrontiert, dass die weltweiten Probleme sich auch auf meinen Alltag auswirken oder drohen, sich darauf auszuwirken? Es ist auch ein grosser Unterschied, ob Konflikte die gesamte Existenz meiner Familie in Gefahr bringen oder ob die Konflikte mein Portemonnaie stärker belasten und meine Ferienpläne durchkreuzen. Damit will ich nicht in Abrede stellen, dass in den vergangenen Jahren viele Menschen auch hier in der Schweiz wirtschaftlich und in vielen Lebensbereichen hart getroffen wurden.
Ich hoffe dennoch, dass es uns gelingt – trotz aller Bedrohungen am Horizont und trotz aller Unsicherheiten –, mit offenen Augen die eigene Realität hier in der Schweiz, hier im Oberbaselbiet zu sehen. Zu sehen, dass wir sehr viel Grund zur Dankbarkeit haben. Wir haben das Privileg, in einem gut funktionierenden Staat zu leben, der vielen von uns Wohlstand ermöglicht. Wir haben politische Rechte und Meinungsfreiheit. Und was uns vielleicht neu bewusst und wichtig ist: Wir haben Frieden. Vielleicht hilft uns diese Dankbarkeit auch auf dem Weg zu mehr Solidarität mit anderen.
In der «Carte blanche» äussern sich Oberbaselbieter National- und Landratsmitglieder sowie Vertreterinnen und Vertreter der Gemeindebehörden zu einem selbst gewählten Thema.