Charles Brauer liest neuentdeckte Dichterin
06.01.2022 BöcktenNeujahrslesung ist Adelheid Duvanel gewidmet
Adelheid Duvanel ist 2021 die Neuentdeckung der Schweizer Literatur – und das 25 Jahre nach ihrem frühen Tod. Grund genug für Charles Brauer, seine traditionelle Neujahrslesung in Böckten der Dichterin aus Pratteln zu ...
Neujahrslesung ist Adelheid Duvanel gewidmet
Adelheid Duvanel ist 2021 die Neuentdeckung der Schweizer Literatur – und das 25 Jahre nach ihrem frühen Tod. Grund genug für Charles Brauer, seine traditionelle Neujahrslesung in Böckten der Dichterin aus Pratteln zu widmen.
Jürg Gohl
«Das grösste Schweizer Literaturtalent mit dem schwersten Leben», «Sie trotzte der Verzweiflung ein grosses Werk ab», «Der helle Wahnsinn», «Sie kleidete Trostlosigkeit in fröhliche Farben» oder «Neu lesen und lauter feiern» – Diese fünf Kultur-Schlagzeilen teilen drei Gemeinsamkeiten: Sie sind aus den Feuilletons führender Schweizer Zeitungen entnommen, sie stammen alle aus dem vergangenen Jahr und sie gelten Adelheid Duvanel.
Adelheid Duvanel? Bis vor Kurzem hätte dieser Name auch unter Literatur-Insidern Stirnrunzeln ausgelöst. Im vergangenen Jahr führte ihr 25. Todestag – sie starb 60-jährig an einer Überdosis Medikamente unterkühlt in einem Wäldchen – aber zu ihrer Wiederentdeckung, die eigentlich eine Neuentdeckung ist. Unter ihrem Mädchennamen Adelheid Feigenwinter ist sie als Tochter des Baselbieter Strafgerichtspräsidenten Felix Feigenwinter in Liestal und Pratteln aufgewachsen.
«Von Mühen und Abgründen»
Heute wird ihr lange kaum beachtetes Werk, das oft surrealistische Züge trägt, den Büchern von Robert Walser gleichgesetzt. Wie Walser lebte auch sie zeitweise in psychiatrischen Kliniken. Zu Lebzeiten erhielt die Baselbieter Autorin, die den Künstler Joseph Duvanel heiratete, für ihre Gedichte und ihre Kurzprosa einige Literaturpreise, geriet nachher aber in Vergessenheit.
«Es sind versehrte, fragile, einsame, lebensmüde Figuren, die durch Adelheid Duvanels kurze Erzählungen huschen, gezeichnet von den Mühen und Abgründen des ganz normalen Alltags», heisst es auch in der Einladung zur traditionellen Lesung von «Kultur Böckten». Seit über 30 Jahren liest Charles Brauer jeweils am ersten (2022 ist es der zweite) Sonntag des Jahres aus dem Werk eines bekannten Autors oder dieses Mal einer weniger bekannten Autorin.
Musikalisch umrahmt
Adelheid Duvanel lebte noch, als Charles Brauer, der frühere Schauspieler und «Tatort»-Kommissar, mit seinen Lesungen zum Jahresauftakt zugunsten der örtlichen Kultur begann. Noch heute betätigt sich der 86-Jährige, der seit 35 Jahren in Böckten lebt, als Vorleser von Hörbüchern. Er trifft selber die Wahl, wen er jeweils in den Mittelpunkt seines Auftritts stellt.
Der Duvanel/Brauer-Abend wird unter den geltenden Sicherheits-Massnahmen und mit beschränkter Sitzzahl durchgeführt. Er wird zudem von Markus Stolz, dem 63-jährigen Cellisten und Musiklehrer aus Gelterkinden, musikalisch umrahmt. Dies, um dem Publikum «Luft zum Atmen zu geben», ist es in der Einladung nachzulesen. Seine Musik werde sich «dem oft heillosen Text entgegenstellen».
Neujahrslesung von Charles Brauer mit Texten von Adelheid Duvanel. Musikalisch umrahmt von Markus Stolz. Sonntag, 9. Januar, 17 Uhr, Einlass 16 Uhr; Gemeindehaus Weiermatt in Böckten. Freier Eintritt, freiwilliger Austritt. 2G-Regel mit Maskenpflicht sowie aktuelle Regeln.