«Das habe ich noch nie erlebt»
28.01.2022 Baselbiet, Gesellschaft
André Frauchiger
«Das habe ich in den vergangenen 20 Jahren noch nie erlebt», sagt Samuel Jenni, Inhaber und Geschäftsführer der Firma Jenni Holz – Brennholz, Holzpellet, Forstarbeiten – in Diegten. Und Beat Gisin, Vorsitzender der Geschäftsleitung ...
André Frauchiger
«Das habe ich in den vergangenen 20 Jahren noch nie erlebt», sagt Samuel Jenni, Inhaber und Geschäftsführer der Firma Jenni Holz – Brennholz, Holzpellet, Forstarbeiten – in Diegten. Und Beat Gisin, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Landi Nordwestschweiz, mit Sitz in Aesch, pflichtet ihm bei.
Grund: Es gibt zu wenig Holzpellets zum Feuern und Heizen. Paletten mit den Pellets in den Landi-Filialen sind fast leer. Der Hintergrund: Die Holzbearbeitung in der Schweiz war während der Pandemie in den vergangenen zwei Jahren rückläufig. Überdies wurden die Vorräte an Schweizer und ausländischem Holz im vergangenen Jahr – es herrschte im April 2020 noch ziemlich kaltes Wetter – notgedrungen reduziert. Zudem gab es Sägereien, die über längere Zeit ihren Betrieb wegen Personalmangels reduzieren oder gar stilllegen mussten. Das macht sich nun schmerzlich bemerkbar.
Notwendige Planung
Denn: Keine Holzverarbeitung bedeutet kein Sägemehl – und damit auch keine daraus produzierten Pellets fürs Heizen. Kundinnen und Kunden bekommen seit ein paar Wochen zu spüren, dass Pellets nicht mehr uneingeschränkt zu kaufen sind. Die Lieferzeiten, wie Samuel Jenni unterstreicht, können statt wie früher zwei, drei Tage neu zwei bis drei Wochen betragen. Dies zwinge alle Abnehmerinnen und Abnehmer zu einer umsichtigen Planung lange vor der Bestellung – die Kundschaft und die Lieferanten.
Landi-Chef Beat Gisin betont, die Kundschaft sei bereits vor Wochen über die sich abzeichnenden Lieferengpässe informiert worden. Bisher sei es gelungen, die noch vorhandenen Lagerbestände vernünftig zu verwalten und dafür zu sorgen, dass in keinem Haushalt, wo mit Pellets geheizt wird, gefroren werden müsse. Die grossen Kunden zeigten sich solidarisch und reduzierten ihren Bedarf so weit wie möglich.
Pellets geniessen bei Unternehmen als Heizmittel zunehmende Beliebtheit, denn sie sind ökologisch und geeignet, den CO2-Ausstoss eines Betriebs zu verringern. Die steigende Nachfrage in den vergangenen Jahren ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass immer häufiger auch Industriebetriebe Pellets verwenden. Die höhere Nachfrage hat prompt zu höheren Kaufpreisen geführt – gemäss dem ökonomischen Prinzip von Angebot und Nachfrage.
Die Firma Jenni Holz produziert nicht selber Pellets, sondern bezieht diese von vier Schweizer Sägereien. Sie ist ausschliesslich für die Verteilung an die Kundschaft zuständig. Die Kunst des Verteilens ist zurzeit keine einfache Aufgabe. Denn man sei um eine gewisse Gerechtigkeit bemüht, hält Jenni fest. Dies gelinge bis anhin recht gut. Er weist auch darauf hin, dass der Mangel an Pellets europaweit ein Problem sei. Deshalb könne auch nicht mit Hilfe aus dem nahen Ausland gerechnet werden. Demgegenüber sei es in früheren Jahren immer wieder vorgekommen, dass die Holzvorräte in der Schweiz
– auch in seiner Firma – mit Holz aus dem nahen Schwarzwald aufgefüllt worden seien. Das sei im Moment aber einfach nicht möglich.
«Niemand muss frieren»
Jenni und Gisin halten aber unabhängig voneinander fest, der Lieferengpass für Pellets sei, Stand heute, überschaubar. Die Vorräte an Pellets dürften laut Jenni noch bis mindestens Mitte März für den Mindestbedarf bei der Kundschaft ausreichen. Panikmache sei deshalb nicht angezeigt. Jenni: «Es muss niemand frieren.» Werde es bald wärmer, reichten die Lagerbestände sogar bis zum Sommer. Dann werde sich die Lage hoffentlich wieder normalisieren.
Samuel Jenni sieht zur zukünftigen Vermeidung von Engpässen bei den Pellets auch die Eidgenossenschaft in der Verantwortung. Der Bund müsse zur Absicherung Pflichtlager vorschreiben und im Gegenzug mit Subventionen unterstützen. Die schweizerische Vereinigung «proPellets» dürfte nach seiner Einschätzung in dieser Angelegenheit aktiv werden. Das Thema wird zweifellos auch noch auf der politischen Ebene unter dem Stichwort «Landesversorgung» zu reden geben.