«Das Dorf neu denken»
02.11.2021 Bauprojekte, Gemeinden, Bezirk Liestal, ZiefenNoch diese Woche Ausstellung über Dorfkern-Gestaltung
«Das Dorf neu denken» – dies ist der Titel einer Ausstellung mit den Ideen dreier Architekturbüros zur besseren Nutzung und Gestaltung des Dorfkerns von Ziefen. Die Bevölkerung ist nun aufgerufen, ihre Überlegungen ...
Noch diese Woche Ausstellung über Dorfkern-Gestaltung
«Das Dorf neu denken» – dies ist der Titel einer Ausstellung mit den Ideen dreier Architekturbüros zur besseren Nutzung und Gestaltung des Dorfkerns von Ziefen. Die Bevölkerung ist nun aufgerufen, ihre Überlegungen einzubringen.
André Frauchiger
Die Ziefner Gemeindepräsidentin Cornelia Rudin, Gemeinderat Lukas Geering und Ruedi Riesen, Präsident des Baselbieter Heimatschutzes und Leiter der Begleitgruppe für die Ortskernplanung, sind sich einig: Der Start mit der Ausstellung über die Projektstudien dreier Architektenteams ist geglückt. Bis kommenden Samstag kann die Bevölkerung in der kleinen Turnhalle der Schulanlage Eien nicht nur die verschiedenen Vorschläge für einen zeitgemässen Ortskern studieren und sich eine Meinung bilden, sondern sich auch direkt mit Meinungsäusserungen und Vorstellungen auf Plakatwänden einbringen.
Dies entspricht genau den Absichten des Gemeinderats: Die Neugestaltung des Ortskerns soll keine abgehobene Sache werden. Stattdessen sollen die Bedürfnisse und Wünsche der Bewohnerinnen und Bewohner von Ziefen beim weiteren Vorgehen klar im Vordergrund stehen.
Dorfkernkommission bilden
Nach der Ausstellung wird der Gemeinderat eine Dorfkernkommission einsetzen. Deren Zusammensetzung soll für die Bevölkerung repräsentativ sein. So sollen Gemeindebehörden, Kanton, Heimatschutz, Begleitgruppe, Bevölkerung und Einwohner darin vertreten sein – und selbstverständlich auch jene, die den Anstoss gaben: die Initianten einer im März dieses Jahres mit 300 Unterschriften eingereichten Petition für einen besseren Ortskern und auch die betroffenen Hauseigentümer. Der Kanton hat bereits an der Vernissage vom Donnerstag sein Interesse an einer aktiven Mitarbeit bekundet.
Ehrgeiziges Ziel des Ziefner Gemeinderats ist, das Thema «Ortskernplanung» mit einem Vorschlag über das weitere Vorgehen bereits der Gemeindeversammlung vom März 2022 zu unterbreiten. Dabei soll auch gleich eine Kostenberechnung vorgelegt werden.
Der Kanton plant, die Kantonsstrasse in drei bis vier Jahren zu sanieren. Die Strassensanierung will man als Chance packen, den im Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder (Isos) von nationaler Bedeutung vermerkten Ortskern zu erhalten und aufzuwerten.
Ziefen wurde in alter Zeit dem Bachverlauf der Hinteren Frenke entlang gebaut. Es ist deshalb auch vom «Bachzeilendorf» die Rede. Viele der alten Häuser im Ortskern sind heute zwischen der viel befahrenen Hauptstrasse und der Hinteren Frenke «eingeklemmt» und können dadurch ohne Umgestaltung dieses Bereichs kaum mehr bewohnt oder gewerblich sinnvoll genutzt werden. Ein Grossteil dieser Häuser ist in einem bedenklichen baulichen Zustand und muss dringend saniert werden. Hierfür müssen den Hausbesitzenden aber neue Perspektiven für die Nutzung ihrer Liegenschaften aufgezeigt werden können. Auch dem Gewässerschutz soll dabei Rechnung getragen werden.
Aufwertung des Baches
Der Gemeinderat lud die Architekturbüros Rosenmund und Rieder, Liestal, sowie Salathé Architekten und XM Architekten, beide aus Basel, zur Ausarbeitung von Vorschlägen zur neuen Ortskerngestaltung ein. Die Architekturbüros hatten bei ihren Vorschlägen folgende Fragen zu beantworten: Mit welchen Massnahmen kann die Attraktivität der Wohn- und Lebensqualität in der Kernzone gesteigert werden? Wie kann die Gewässersschutzlinie geändert werden, damit die bestehenden Liegenschaften zeitgemäss genutzt und ausgebaut werden können? Kann der Bachverlauf im Bereich Gemeindehaus–Kirchgasse verlegt werden? Als Juror konnte Kees Christiaanse, ein international anerkannter Fachmann und emeritierter Professor am Institut für Städtebau der ETH Zürich, gewonnen werden.
Günstig für neue Pläne ist sicher der Umstand, dass die Gemeinde im Dorfkernbereich ein grosses Werkhofareal besitzt, das für die Erhöhung der Wohnqualität in die Neugestaltung einbezogen werden kann. Alle Architekturbüros berücksichtigen dies und streben auch eine Aufwertung des Bachverlaufs an.
Hauptachse beleben
Das Architekturbüro Rosenmund + Rieder hat die Dorfentwicklung analysiert und kommt zum Schluss, dass die Hauptstrasse ihre Zentrumsfunktion verloren hat und lediglich noch eine Transitachse in Randlage ist. Es gebe eine neue, belebte Hauptachse durch das nördliche Wohnquartier mit Einkaufsmöglichkeiten und geeigneten Querachsen. Vorgeschlagen wird vor diesem Hintergrund unter anderem ein Bypass mit Umleitung der Hauptstrasse über das heutige Werkhofareal auf der anderen Seite des Bachs und die Einrichtung einer Begegnungszone im Dorfzentrum. Die alten Häuser im Dorfkern sollen zum Bach hin fürs Wohnen «geöffnet» werden.
XM Architekten analysieren das gesamte Dorf mit seinen «Unterzentren» wie das «Chatzetal», propagieren grosszügige Fussgängerwege längs eines offenen Bachs und weisen darauf hin, dass das Wohnen in den alten Häusern längs der Strasse so nie stattgefunden hat. Dementsprechend stehen diese Häuser im Interesse eines grosszügigen Freiraums möglicherweise auch zur Disposition.
Salathé Architekten konzentrieren sich auf die offene Ausgestaltung des Bachs im Ortskern, erhalten die alten Häuser, verlangen ein durchgehendes Trottoir im Kernbereich, eine Entschleunigung des Verkehrs und ein aktiviertes und ergänztes Wegenetz für zu Fuss Gehende.
Laut Gemeinderat Lukas Geering dürfte es letztlich zu einem Mix der guten Ideen auch aus der Bevölkerung kommen. Dabei komme dem gemeindeeigenen Freiraum beim Werkhofareal für eine Öffnung und Neugestaltung des Bachbereichs und den Hinterfassaden der an die Hauptstrasse angrenzenden Häuser sicher eine Schlüsselfunktion für die weitere Entwicklung zu.