CARTE BLANCHE
29.10.2021 PolitikEin Schuss in den Ofen
Thomas de Courten, Nationalrat SVP, Rünenberg
Die eidgenössischen Volksabstimmungen im November – neben der Pflege-Initiative sind das die Justiz-Initiative und das Referendum zum Covid-19-Gesetz – ...
Ein Schuss in den Ofen
Thomas de Courten, Nationalrat SVP, Rünenberg
Die eidgenössischen Volksabstimmungen im November – neben der Pflege-Initiative sind das die Justiz-Initiative und das Referendum zum Covid-19-Gesetz – werden wohl auch eine Weichenstellung zu aktuell brisanten demokratiepolitischen Fragen in unserem Land bringen. Sieht man dem Parteien-Schacher um Koalitionen, Pfründe und Pöstchen nach den Wahlen in unserem nördlichen Nachbarland zu, kommt einem das Grauen. Zählt der Volkswille noch? Setzen die Volksvertreter noch um, was der Souverän entscheidet? Regieren die an den Hebeln der Macht Sitzenden noch im Sinne von Volk und Vaterland?
Was passiert, wenn vorstehende Fragen mit «Nein» beantwortet werden müssen, lässt sich am Beispiel der Zuwanderung in unser Land bestens illustrieren. Das Volk hatte im Februar 2014 die Masseneinwanderungsinitiative der SVP angenommen. Bundesrat und Parlament weigerten sich aber, den Kern der Vorlage, die Begrenzung der Zuwanderung durch Höchstzahlen und Kontingente, umzusetzen. Dies sei mit der Personenfreizügigkeit nicht vereinbar und gefährde damit die bilateralen Verträge mit der EU. Nebenbei: Gilt diese Argumentation auch noch nach dem schicklichen Begräbnis des Rahmenabkommens und dem Ablasshandel mit der Kohäsionsmilliarde?
Statt den Volksentscheid umzusetzen, entschieden sich Bundesrat und Parlament für eine demokratiepolitische Nebelpetarde. Die sogenannte Stellenmeldepflicht. Sie gilt seit 2018 für Stellen in Berufsarten mit einer bestimmten Arbeitslosenquote. Das deklarierte Ziel der Stellenmeldepflicht: Inländische, vor allem ältere Stellensuchende sollen einen Informationsvorsprung erhalten – was zur Senkung der Arbeitslosigkeit und letztlich der Einwanderung beitragen soll.
In der Zwischenzeit hat der Bundesrat vier (!) externe Studien in Auftrag gegeben, um zu erforschen, ob diese Stellenmeldepflicht überhaupt eine Wirkung auf Arbeitslosigkeit oder Zuwanderung hat. Die Befunde sind ernüchternd. Die Forscher orten keinen «statistisch erhärteten Beweis» dafür, dass sich die Stellenmeldepflicht auf die Arbeitslosigkeit beziehungsweise die Zuwanderung in den meldepflichtigen Berufen ausgewirkt hat. Auch nützt die Stellenmeldepflicht keineswegs älteren Schweizer Arbeitnehmenden. Im Gegenteil: Es würden vermehrt «inländische Arbeitskräfte ausländischer Herkunft» vermittelt.
Mit anderen Worten: Die Stellenmeldepflicht ist ein Schuss in den Ofen und der Volksentscheid von 2014 wird von der Obrigkeit weiter mit Füssen getreten. Die Massenzuwanderung hält unterdessen munter an. Selbst im Corona-Jahr 2020 betrug die Nettozuwanderung in die Schweiz 61 390 Personen, das sind nochmals 10 Prozent mehr als schon im Vorjahr. Ende 2020 lag der Ausländeranteil an der ständigen Wohnbevölkerung mit 2 151 854 Ausländerinnen und Ausländern in der Schweiz bei 25,5 Prozent.
Diese Nichtumsetzung des Volkswillens hat den staatlichen Verwaltungs- und Kontrollapparat mittlerweile um über 150 zusätzliche Stellen aufgebläht und beschert uns fixe Zusatzkosten von über 20 Millionen Franken – jährlich. Notabene ohne Wirkung im Ziel. Die Erhebung der Zusatzaufwendungen bei Arbeitgebern und Unternehmen hielten die hoch dotierten Bundes-Forscher trotz lauter und berechtigter Klagen aus Gewerbe und Wirtschaft für nicht opportun.
Die Chancen, dass wir das Bürokratiemonster Stellenmeldepflicht je wieder loswerden, sind gering.
In der «Carte blanche» äussern sich Oberbaselbieter National- und Landratsmitglieder sowie Vertreterinnen und Vertreter der Gemeindebehörden zu einem selbst gewählten Thema.