CARTE BLANCHE
12.10.2021 PolitikAlles «klar» im Waldenburgertal?
Matthias Ritter, Landrat SVP, Diegten
«Eine Kläranlage reinigt Abwasser, also das dreckige Wasser, das nach dem Gebrauch im Abfluss landet. Nach der Reinigung kann es wieder in ein Gewässer ...
Alles «klar» im Waldenburgertal?
Matthias Ritter, Landrat SVP, Diegten
«Eine Kläranlage reinigt Abwasser, also das dreckige Wasser, das nach dem Gebrauch im Abfluss landet. Nach der Reinigung kann es wieder in ein Gewässer geleitet werden.» So erklärt ein Online-Kinderlexikon Mädchen und Buben zielgruppengerecht den Begriff «Kläranlage». Jedes Kind dürfte auch Verständnis dafür aufbringen, dass verunreinigtes und mit Schadstoffen angereichertes Wasser möglichst nahe beim Verursacher auch wieder gereinigt wird.
Umso schwieriger ist die exakt gegenteilige Strategie im Baselbiet zu erklären: Statt auf eine Klärung möglichst nahe beim Verbraucher zu setzen, ist eine Zentralisierung der Kläranlagen geplant. So sollen die Kläranlagen Bubendorf und Niederdorf verschwinden. Das verunreinigte Wasser fliesst in der Folge nach Füllinsdorf in die ARA Ergolz 2, die entsprechend ausgebaut werden soll. Die Gesamtinvestition für den Bau des Ableitungskanals und des Mischwasserbeckens wird auf rund 100 Millionen Franken geschätzt. Mitte September hat der Landrat eine erste Finanzierungstranche von 5,3 Millionen Franken zum Projekt gesprochen.
Entfallen die beiden Kläranlagen in Bubendorf und Niederdorf, wird künftig kein gereinigtes Abwasser mehr in die Frenke fliessen. Abwasserkanäle verfügen in der Regel über wenig Gefälle, sodass es bei trockenem Wetter zu Ablagerungen von Fäkalien kommt. Auch in den Mischwasserklärbecken wird ein Grossteil der Fäkalien nicht aufgefangen als Folge der überlangen Kanäle und weil es viel zu lange dauert, bis das Schmutzwasser beim Becken ankommt. In der Zwischenzeit sind die Becken voll mit Regenwasser, das aus der näheren Umgebung zufliesst.
Erschwerend kommt hinzu, dass die Gewässer in längeren Trockenperioden auszutrocknen drohen. Es ist daher wenig sinnvoll, den Gewässern noch mehr Wasser zu entziehen. Dies nicht zuletzt, weil die Gewässer von Natur aus einen Selbstreinigungsmechanismus haben. Diese natürliche Kapazität geht verloren, wenn Abwasser über weite Strecken transportiert wird.
Würden statt des Zentralisierungsprojekts die dezentralen Kläranlagen modernisiert und das Einführen von Trennsystemen in den Gemeinden forciert, könnte das oben aufgezeichnete Szenario verhindert werden.
Die Aufhebung der Kläranlagen im Waldenburgertal ist für die hier angesiedelte Life-Sciences-Industrie problematisch, denn der Bund verlangt das Eliminieren von Mikroverunreinigungen wie Hormonen, Medikamentenrückständen und anderem mehr. Diese Reinigung ist aber auch in kleineren Anlagen problemlos möglich. Vorausschauend hat der Landrat für den Ausbau der ARA Bubendorf schon 2012 einen Kredit gesprochen und der Bund hat hierzu Subventionen zugesagt. Dieser Entscheid wird nun mit dem Zentralisierungsprojekt umgestossen, was sowohl aus ökologischer wie auch ökonomischer Sicht nicht nachvollziehbar ist.
In der «Carte blanche» äussern sich Oberbaselbieter National- und Landratsmitglieder sowie Vertreterinnen und Vertreter der Gemeindebehörden zu einem selbst gewählten Thema.