«Was bleibt von unserer Lebenssaat?»
14.10.2021 Anwil, Bezirk SissachMax Weitnauer stellt seinen jüngsten Gedichtband vor
Der 91-jährige Heimweh-Oberbaselbieter und Lyriker Max Weitnauer hat seinen nunmehr zehnten Band herausgegeben. «Goodwill im Leben» lautet der Titel der Sammlung von Gedichten und Kurzprosa. Charles Brauer wird am 17. Oktober in Anwil ...
Max Weitnauer stellt seinen jüngsten Gedichtband vor
Der 91-jährige Heimweh-Oberbaselbieter und Lyriker Max Weitnauer hat seinen nunmehr zehnten Band herausgegeben. «Goodwill im Leben» lautet der Titel der Sammlung von Gedichten und Kurzprosa. Charles Brauer wird am 17. Oktober in Anwil daraus vorlesen.
Jürg Gohl
Einen Mann mit 91 Jahren Lebenserfahrung auf dem Buckel muss man nicht lehren, niemals nie zu sagen. Doch Max Weitnauer geht davon aus, dass es sich bei seinem jüngsten Buch mit Gedichten und Kurzprosa zugleich um sein letztes handelt. Neben den körperlichen Einschränkungen, die das Alter mit sich bringt, falle es ihm zunehmend schwerer, seine Gedanken in Worte zu fassen und auf Papier zu bringen. «Mein Kopf ist noch voll davon», sagt er am Telefon aus dem Tessin, wohin der in Oltingen mit dem Dorfnamen «Schniderheinimax» aufgewachsene Bankfachmann aus beruflichen Gründen einst zog.
Um dieses letzte Buch, das den Titel «Goodwill im Leben» trägt, vorzustellen, nimmt der spätberufene Dichter am 17. Oktober eigens den Weg ins «Jägerstübli» nach Anwil auf sich. Lesen wird der fünf Jahre jüngere Charles Brauer, der langjährige und nun auf Lesungen spezialisierte Schauspieler aus Böckten.
Die zehnte Sammlung
Bereits vor 13 Monaten hat dieses Senioren-Duo an gleicher Stätte das inzwischen vorletzte Weitnauer-Buch vorgestellt. Es überrascht, dass der Autor, der eben über Alterslasten klagte, ein Jahr später bereits mit einem neuen, fast 150 Seiten starken Büchlein aufwarten kann. Die Erklärung dafür ist simpel: Weil Corona vor einem Jahr die Vernissage des längst fertiggestellten «Glaube Liebe Hoffnung» hinauszögerte, waren die ersten Beiträge zum Nachfolgeprodukt bereits verfasst.
Es handelt sich dabei um Weitnauers inzwischen zehnte Gedichtesammlung in Buchform. Das ist ein erstaunlicher Wert, wenn man bedenkt, dass 63 Jahre lang Zahlen und Zahlungen sein Berufsleben bestimmt hatten, ehe er nach seiner Pensionierung plötzlich leidenschaftlich zu dichten begann. «Ein Blumenstrauss» lautete der Titel seines Erstlings damals, ein Bild, das nicht stärker sein vorheriges Leben kontrastieren könnte.
In seinem neusten Buch liefert das erste Kapitel – ein Prosastück, dem neun Gedichte folgen – zugleich den Titel zum gesamten Buch: «Goodwill im Leben». Darin zieht der Dichter Bilanz, ja Lebensbilanz, und stellt fest: «Mein nunmehr erreichtes Alter ist ein willkürlicher, rätselhafter Goodwill einer unerklärbaren Schöpferkraft.» Die Absichten des Buchs und das sperrige Wort in dessen Titel sind erklärt.
Mehr Prosa, doch Lyrik dominiert
Auch wenn die Prosa stärker vertreten ist als in den früheren Büchern, so dominiert weiterhin die Lyrik. Dort liegen auch die Stärken des Autors. Sein «Blutdruckmesser», «Erbschaftsteilungen», «Schwimmen» und viele andere erinnern an Busch, seine «blühende Kirschblume» an die Romantiker, seine aufmerksam gepflegte Metrik bisweilen an Klassiker, wären da nicht immer wieder diese augenzwinkernden Ausflüge in den Alltag von heute. 98 Beiträge zählt man, die nach dem ersten alphabetisch und dadurch bunt gemischt erscheinen. Oft sind die Gedichte zehn- oder zwölfzeilig.
Unwesentlich länger ist «das Übersättigtsein» geraten, neben das Illustrator Mauro Poletti einen Totenkopf skizziert hat. Das Gedicht endet mit einem Vierzeiler, der das Handwerk und die Gedankenwelt des 91-jährigen Autors treffend wiedergibt: Was bleibt von unserer Lebenssaat? Bescheide dich, das Ende naht. Ob viel, ob wenig, angesichts des Paradieses reicht Dein Nichts.
Max Weitnauer, «Goodwill im Leben», Fontana Edizioni, 144 Seiten. Lesung mit Charles Brauer: Sonntag,17. Oktober, 14 Uhr, Restaurant Jägerstübli (1. Stock), Anwil. Organisiert von «Kultur Ammel». Es gelten die aktuellen Corona-Auflagen.