Die Profi-Amateurin
23.09.2021 SportTriathlon | Bettina Steiger hat sich für die Ironman-WM in Hawaii qualifiziert
Orientierungslauf, Berglauf, Duathlon und nun Triathlon: Bettina Steiger lebt für den Sport. Die 48-Jährige trainiert zweimal täglich und führt ein Leben, das dem einer Spitzensportlerin ...
Triathlon | Bettina Steiger hat sich für die Ironman-WM in Hawaii qualifiziert
Orientierungslauf, Berglauf, Duathlon und nun Triathlon: Bettina Steiger lebt für den Sport. Die 48-Jährige trainiert zweimal täglich und führt ein Leben, das dem einer Spitzensportlerin gleicht. Wann der Traum vom Ironman in Hawaii wahr wird, bestimmt auch die Pandemie.
Severin Furter
Wäre alles wie geplant gelaufen, dann würde Bettina Steiger bald im Flugzeug nach Hawaii sitzen und sich dort für die «Ironman World Championships» vorbereiten. Der 9. Oktober, der Tag der Ironman-Triathlon-WM, war ihr grosses Ziel. Doch dieses muss vorerst warten. Während die WM über die halbe Ironman-Distanz am vergangenen Wochenende stattfand (die «Volksstimme» berichtete), wurde der klassische Ironman auf Hawaii aufgrund der Corona-Pandemie verschoben. Damit wird bereits zum zweiten Mal in Folge keine Ironman-WM durchgeführt.
Und damit muss auch das grosse Ziel von Bettina Steiger bis voraussichtlich 5. Februar kommenden Jahres warten. Akribisch hatte sich die 48-Jährige auf die Teilnahme in Hawaii vorbereitet. Es war ihr grosses Projekt in den vergangenen Monaten, genau genommen sogar Jahren.
Steigers ganzes Leben war schon immer von Sport geprägt. So war sie beispielsweise Athletin im OL-Nationalkader. Sie gewann in den 2000er-Jahren mehrere Medaillen an Schweizermeisterschaften – unter anderen auch gemeinsam mit der 23-fachen OL-Weltmeisterin Simone Niggli-Luder. Nach dem OL-Sport setzte Steiger auf Berglauf, nahm in dieser Sparte auch an den Weltmeisterschaften teil. Und 2018 sicherte sie sich in ihrer Kategorie den WM-Titel im Langdistanz-Duathlon.
Vor vier Jahren wollte Steiger im Sport kürzertreten, sich konzentrieren auf das Leben als Familienfrau – sie ist Mutter zweier Söhne – und in ihren Beruf als Primarlehrerin wiedereinsteigen. Doch dann hatte ihr Mann Erik die Idee des Projekts «Ironman Hawaii». Denn ganz ohne Sport war Steigers Leben nicht vorstellbar: «Ich hatte ja nach wie vor Freude daran.»
Wie sehr sie dieses Projekt jedoch die kommenden Jahre begleiten würde, hat sie damals noch nicht geahnt. Sie stieg ins Triathlon-Training ein, wobei das Schwimmen die grösste Herausforderung darstellte. «Rennen kannte ich von meinem ganzen Leben her», sagt Steiger. Und auch das Velofahren gehörte bereits zu ihrem regelmässigen Training.
Schnell machte die Oberbaselbieterin Fortschritte, trainierte fokussiert nach Plan und nach einer bestimmten Trainingsmethode namens «Trisutto» unter Trainer Stephen Bayliss, bei der mehr auf das Körpergefühl und weniger auf «Wattzahlen» und andere Leistungsparameter geachtet wird. Bald nahm Steiger an ersten Triathlons teil – und dies äusserst erfolgreich. Sie klassierte sich in ihrer Alterskategorie jeweils unter den besten drei Athletinnen.
Auf Anhieb auf dem Podest
Den ersten Triathlon über die Ironman-Distanz – 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und ein Marathon über 42,195 Kilometer – bestritt sie in Zürich. Auch dort klassierte sie sich auf Anhieb auf dem Podest, dennoch war sie enttäuscht: «Nach der Velostrecke hatte ich noch 20 Minuten Vorsprung», so Steiger. Während sie bei halben Ironmans keine Probleme bekundete, hatte sie über die volle Distanz erstmals Mühe.
Auch an den Ironmans in Frankreich, Kanada und Norwegen musste Steiger dreimal in Folge herbe Enttäuschungen hinnehmen. Zweimal musste sie dehydriert aufgeben, in Norwegen aufgrund einer Unterkühlung das Rennen ebenfalls vorzeitig beenden.
Doch die Neo-Triathletin liess sich nicht unterkriegen – typisch für sie: «Habe ich einen Plan, ziehe ich diesen akribisch durch», sagt Steiger, die sich selbst als sehr diszipliniert beschreibt. Ihr Plan blieb unverändert, eine Teilnahme an der Ironman-WM das grosse Ziel. Dabei ordnete sie dem Sport alles unter, der Wiedereinstieg als Lehrerin wurde bis auf Weiteres vertagt.
Schwimmstrecke im Pool
Mit der Corona-Pandemie kam der nächste Dämpfer: keine Wettkämpfe, zudem Einschränkungen im Trainingsalltag aufgrund von geschlossenen Schwimmbädern. «Aber ich liess dennoch kein Training aus», sagt Steiger. Sogar einen persönlichen Ironman organisierte sie sich. Die Schwimmstrecke absolvierte sie im Pool im Garten des Nachbarn, die Velostrecke führte durch die Region und den Marathon lief sie in vier Runden ebenfalls rund um ihr Zuhause in Maisprach.
Pro Tag absolviert sie in der Regel zwei Trainingseinheiten. Es ist ein Trainingsumfang, der an jenen einer Spitzensportlerin erinnert. Doch Steiger ist kein Profi wie beispielsweise Daniela Ryf oder Olympiasiegerin Nicola Spirig. «Das ist nochmals etwas ganz anderes», sagt Steiger. Aber: «Ja, ich mache Spitzensport auf Amateurniveau und ohne Profi-Lizenz.»
Und auf diesem Niveau kommt Steiger ihrer Ironman-Hawaii-Teilnahme immer näher. Die Qualifikation für die WM hat sie dank eines dritten Platzes beim Ironman auf Lanzarote im Juli geschafft. Es war ihr grösster Erfolg auf dem Weg nach Hawaii. Dies nicht zuletzt, weil der Wettkampf auf Lanzarote wegen der extremen Wetterbedingungen – starker Wind – und der anspruchsvollen Strecke – viele Steigungen – als weltweit härtester seiner Art gilt.
Neuer Anlauf im Februar
Nun sollte in zwei Wochen in Hawaii der grosse Höhepunkt ihrer Triathlon-Karriere folgen: «Ich wäre in Topform gewesen. Ich habe alles darauf ausgerichtet», sagt sie. Die Verschiebung der WM war entsprechend schmerzlich. Dazu kam, dass sie am Ironman in Thun von Anfang September vorzeitig aus dem Rennen stieg. «Einmal mehr habe ich auf der Velostrecke übertrieben und musste beim Lauf kapitulieren.»
Diese Erfahrung und die nun sichere Verschiebung der Ironman-WM will Steiger nutzen, um nach einer kurzen Pause ihren Trainingsalltag und ihre Trainingsmethode zu optimieren. Das Ziel bleibt: Im Februar will Steiger an der verschobenen Ironman-WM am Start sein und dabei erste «Hawaii-Erfahrungen» sammeln. Denn bei der einen Teilnahme soll es nicht bleiben: «Ich will nächstes Jahr an beiden Ironmans in Hawaii dabei sein, dem verschobenen im Februar und dem regulären im Oktober.»