Bauern und Imker gerieten sich in die Haare
03.08.2021 Natur, RegionDaniel Zwygart
Der Bienenzüchterverein beider Basel wurde im Jahr 1902 nach einer Landwirtschaftsausstellung auf der Basler Schützenmatte gegründet. Die Ziele dannzumal waren in etwa die gleichen wie heute, wie aus der vom Dornacher Bienenzüchter Ben Reinhardt ...
Daniel Zwygart
Der Bienenzüchterverein beider Basel wurde im Jahr 1902 nach einer Landwirtschaftsausstellung auf der Basler Schützenmatte gegründet. Die Ziele dannzumal waren in etwa die gleichen wie heute, wie aus der vom Dornacher Bienenzüchter Ben Reinhardt verfassten Jubiläumsschrift zu 120 Jahren organisierter Bienenzucht in der Region hervorgeht: «Ausbildung, Bienenstandbesuche, Zucht, Honigkontrolle, Seuchenkontrolle und -bekämpfung, Koordination der Zuckerbeschaffung und die Pflege kultureller und gesellschaftlicher Anlässe.» Der Verein begann mit 346 Mitgliedern und wuchs schon bald stark an.
Nach dem Zweiten Weltkrieg kam die Bienenhaltung zunehmend in Bedrängnis. Einerseits nahm die Pflanzenvielfalt als Folge der Rationalisierung und Mechanisierung in der Landwirtschaft ab. Dies bedeutete weniger Nektar und Pollen für die Bienen. Zudem gab es immer wieder Bienenkrankheiten wie die Faulbrut oder die Tracheenmilben, die den Bienen zu schaffen machten.
Richtig schwierig wurde es, als DTT und weitere Insektizide gegen Maikäfer und andere Insekten in grossem Massstab angewendet wurden. Landwirte und Bienenhalter gerieten sich in die Haare, und 1956 beantragten beispielsweise die Landwirte von Therwil, dass in ihrem Gemeindebann ein Bienenhaltungsverbot erlassen werde.
Neue Organisation im Jahr 1971
Der letzte Präsident des Bienenzüchtervereins, Fritz Schaffner aus Gelterkinden, hat zum Schluss seiner 19-jährigen Präsidentschaft erkannt, dass in Anbetracht der vielen Probleme und der grossen Mitgliederzahl der Bienenzüchterverein aufgelöst und stattdessen ein Kantonalverband mit fünf autonomen regionalen Vereinen geschaffen werden soll. Am 25. April 1971 stimmten die 120 anwesenden Mitglieder dem Vorschlag zu. Zugleich wählten sie Leo Bürgisser zum neuen Präsidenten. Die regionalen Bienenzüchtervereine hatten ihre Sitze in Basel, Arlesheim, Liestal, Waldenburg und Sissach. Später kam noch ein Laufentaler Verein hinzu.
In den folgenden Jahren gab es immer wieder neue Herausforderungen unterschiedlichster Art. Sehr erfolgreich waren der Bau und Betrieb eines Schau-Bienenhauses anlässlich der «Grün 80» in Brüglingen. Mehr als 100 000 Besucher konnten sich über die Bienenhaltung aus nächster Nähe informieren.
1984 wurde nicht nur das sogenannte Waldsterben thematisiert; in Imkerkreisen war das erstmalige Auftreten der in Asien beheimateten Varroamilbe die deutlich angsteinflössendere Beobachtung. Nicht zu Unrecht, ist doch der Kampf gegen diesen Parasiten auch heute noch ein zentrales Thema in der Bienenhaltung und -zucht.
Verschiedentlich kamen auch Pestizide in der Landwirtschaft zum Einsatz, die für die Bienen giftig waren. So zum Beispiel Antibiotika, die gegen den Feuerbrand bei Obstbäumen bewilligt wurden, oder die zu Beginn vor allem als Beizmittel eingesetzten Neonicotinoide.
Letztere sind bis heute in gewissen Kulturen zugelassen und tragen – zusammen mit der Schwächung der Völker durch die Varroamilbe – zu teilweise grossen Bienenverlusten bei. Um die Bienenhalter fachlich besser zu unterstützen, wurde 2011 eine interkantonale Fachstelle für Bienen der beiden Basel und Solothurn geschaffen, die seither von Marcel Strub geleitet wird.
Film rüttelt Menschen auf
«More than Honey», der weltberühmt gewordene Film des Schweizer Regisseurs Markus Imhoof rüttelte im Jahr 2012 viele Menschen auf. Er bewirkte ein grosses Interesse der breiten Bevölkerung an der Bienenhaltung. Die Kurse des Bienenzüchterverbands waren fortan ausgebucht. Immer mehr Menschen, gerade auch aus städtischem Umfeld, erlernten das Handwerk. So hat Basel-Stadt heute die höchste Bienendichte pro Fläche in der Schweiz, die Honigernte ist durchschnittlich höher als in der Landschaft und die Honigqualität ist meist sehr hoch. Ebenfalls erfreulich ist der stetig wachsende Anteil an Imkerinnen. Der Bienenzüchterverband wird heute von einer Frau, Manuela Plattner, aus dem Arlesheimer Verein präsidiert.
Die Jubiläumsschrift enthält neben der chronologischen Darstellung der Vereinsjahre kurze Texte, die von aktiven Bienenhaltern unserer Region verfasst sind oder über solche Personen berichten. Die Vielfalt der Philosophien zur Bienenhaltung und Bienenzucht wird der Leserschaft damit gut nähergebracht. Zur Zucht der Bienenköniginnen zum Beispiel gibt es sehr unterschiedliche Meinungen.
In Mitteleuropa lebten seit den Eiszeiten die Individuen der Westlichen Biene (Apis mellifica), und zwar zumeist in Form der gut angepassten Rasse der Dunklen Biene (Apis mellifica mellifica). Im vergangenen Jahrhundert wurde vermehrt die östliche Rasse der Kärtner Biene (Apis mellifica carnica) eingeführt, was allmählich zur Verdrängung der Dunklen Biene führte.
Viel Honig und gute Abwehrkraft
Im Baselbiet gibt es noch eine Zuchtstation für Dunkle Bienen im Gerstel in Waldenburg und eine grössere für die Kärtner Bienen auf der Hersbergerweid in Itingen. Zudem wird von einigen Züchtern die Zuchtform der Buckfastbiene (aus England stammend) gehalten. Die Ziele sind bei allen Züchterinnen und Züchtern die gleichen: hohe Honigleistung bei geringer Schwarmneigung, gute Abwehrkräfte gegenüber Varroa- und anderen Krankheiten und vor allem sanftmütige Völker. Aber über das «Wie» ist man sich nicht immer einig.
Die einen möchten möglichst naturnahe Zuchtformen anwenden, die anderen setzen auch künstliche Besamungen der Königinnen ein. Beim Lesen der Festschrift wird klar, dass immer weniger Imkerinnen und Imker die aufwendige Königinnenzucht praktizieren. Dank Internet können heute relativ einfach Königinnen oder ganze Völker online bestellt werden.
Mit Bienenpfaden wie in Rünenberg (Honigweg) oder im Laufental, Bienentagen oder informativen Websites wird die Bevölkerung weiterhin über die grosse Bedeutung und Gefährdung der Bienen informiert. All dies ist das Verdienst des Kantonalen Bienenzüchterverbands und dessen Vereinen.