Mittagstisch gerät unter Druck
30.07.2021 Baselbiet, GesellschaftSander van Riemsdijk
Mit schulergänzenden Tagesstrukturen, wie beispielsweise dem Mittagstisch, werden die Bedürfnisse von erwerbstätigen Eltern – mindestens teilweise – abgedeckt. Sie sind daher wichtig für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Durch ...
Sander van Riemsdijk
Mit schulergänzenden Tagesstrukturen, wie beispielsweise dem Mittagstisch, werden die Bedürfnisse von erwerbstätigen Eltern – mindestens teilweise – abgedeckt. Sie sind daher wichtig für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Durch die Pandemie waren und sind immer noch viele Eltern im Homeoffice tätig und schwingen deshalb über die Mittagszeit für ihre Sprösslinge selber den Kochlöffel.
Dies hat zur Folge, dass in verschiedenen Gemeinden unklar ist, ob die Mindestanzahl an Schülerinnen und Schülern für eine geregelte Durchführung des Mittagstischs weiter erreicht werden kann. So berichtet zum Beispiel Susanne Trösch, zuständig für den Mittagstisch in der Gemeinde Itingen: «Mehrere Eltern haben ihr Kind seit Anfang Jahr, als das Homeoffice verordnet wurde, nicht mehr geschickt.» Zusammen mit einer Stundenplanänderung und der daraus resultierenden Verschiebung des Mittagstischs von Freitag auf Donnerstag seien die Anmeldungen spürbar zurückgegangen. Stand heute wird der Mittagstisch ab dem neuen Schuljahr nur noch am Montag und am Dienstag angeboten werden.
Ramlinsburg sucht neue Wege
Ähnliche Erfahrungen macht auch Gemeinderätin Jacqueline Kopp in Wenslingen. «Ich bedauere sehr, dass einige Eltern, die im Homeoffice sind, ihre Kinder nicht mehr zum Mittagstisch schicken», sagt sie. Sie möchte nicht aufgeben, für das Angebot zu werben, und ist optimistisch, dass auf das neue Schuljahr wieder genügend Plätze besetzt werden können. Kein diesbezüglicher signifikanter Rückgang der Nachfrage ist in Sissach auf der Primarund Kindergartenstufe festzustellen, wie Gemeinderat Gieri Blumenthal mitteilt. «Nein, ich kann nicht bestätigen, dass wir durch die Umstellung auf Homeoffice weniger Anmeldungen erhalten haben oder noch erhalten werden, auch wenn die Anmeldepraxis oft eine eigene Dynamik hat.»
Damit das Angebot aufrechterhalten werden kann, müssen in Ramlinsburg montags, dienstags und donnerstags durchschnittlich mindestens acht Kinder den Mittagstisch besuchen. «Dies war in den vergangenen Jahren nie ein Problem», sagt die seit fünf Jahren zuständige Rosally Oetterli. «Momentan liegt der Durchschnitt in den drei Tagen bei neun Kindern.» Einem allfälligen Rückgang in den Anmeldungen wirkt sie entgegen, indem sie den Eltern, solange diese im Homeoffice arbeiten, die Möglichkeit bietet, das Mittagsessen bei ihr zu bestellen und zu Hause mit den Kindern einzunehmen.
Ein solch flexibles Angebot könnte allenfalls in Zunzgen Nachahmung finden. Hier überlegt sich Nicole Grüter vom organisierenden Frauenverein aufgrund des steten Rückgangs der Anmeldungen in den vergangenen Jahren andere Formen, um den Mittagstisch, der am Dienstag angeboten wird, attraktiver zu gestalten. «Wir vermuten stark, dass durch Homeoffice das Angebot nicht mehr so oft genutzt wird», sagt sie und sieht Handlungsbedarf. «Wobei der Betreuungsaufgabe Grenzen gesetzt sind, da diese Tätigkeit ehrenamtlich ermöglicht wird.»