Für Veränderung mit Überzeugungs arbeit
30.07.2021 Politik, ZiefenAndré Frauchiger
Locker sitzt Fredy Dinkel auf seinem Gartenstuhl. Sehr offen, ruhig und überlegt erzählt der Doktor der Physik mit Studium an der ETH Zürich und Verwaltungsratspräsident der Carbotech AG mit Sitz in Basel und Zürich über sich und seine ...
André Frauchiger
Locker sitzt Fredy Dinkel auf seinem Gartenstuhl. Sehr offen, ruhig und überlegt erzählt der Doktor der Physik mit Studium an der ETH Zürich und Verwaltungsratspräsident der Carbotech AG mit Sitz in Basel und Zürich über sich und seine bisherigen Aufgaben und Erfahrungen im beruflichen Bereich. Nachhaltigeres Wirtschaften und die Suche nach Lösungen bei Schadstoffproblemen sind die Kernaufgaben seiner Firma. Dafür will er sich auch im Landrat einsetzen, in dem er nach der Sommerpause als Nachfolger für Meret Franke Einsitz nimmt.
Dinkel freut sich offensichtlich auf seinen Einstieg in die kantonale Politik. Es ist dem 64-Jährigen anzumerken: Er hat Lust auf neue Herausforderungen, auf der politischen Ebene. Seit 35 Jahren ist er verheiratet, hat zwei erwachsene Kinder und ist Grossvater von zwei Kleinkindern. Und er freut sich aufs wöchentliche Hüten seiner Grosskinder.
«Ich bin politisch unbedarft», erklärt Fredy Dinkel. Erst vor zweieinhalb Jahren ist der Ziefner der Grünen Partei beigetreten. Von Scheingefechten hält er nichts. Er will Sachund nicht Effektpolitik betreiben. Ihm geht es um Inhalte, nicht um Parteipolitik. Die Verbindung – gemeinsame Fraktion – der Grünen mit der EVP findet er sehr gut. Denn für ihn als Katholik sind christliche Werte auch Umweltwerte. Es gehe dabei um die Wahrnehmung gesamtgesellschaftlicher Verantwortung.
Geduld und Überzeugungskraft
Seit 1990 ist Fredy Dinkel Unternehmer im Umweltbereich und erledigt für die verschiedensten Firmen, Organisationen und Institutionen Aufträge. Dies für internationale Gremien, für den Bund, Kantone und Privatfirmen. Nachhaltigeres Wirtschaften und die Suche nach Lösungen bei Schadstoffproblemen sind die Kernaufgaben seiner Firma. Dem Dogmatischen, ideologisch Motivierten erteilt er eine klare Abfuhr. Um Umwelt- und Nachhaltigkeitsanliegen in Politik und Wirtschaft zum Erfolg zu verhelfen, brauche es sicher viel Geduld, sowie einen langen Atem und zudem faktenbasierte Überzeugungsarbeit, um Mehrheiten zu gewinnen. Anderseits gebe es Probleme, die schnell angegangen werden müssten, sonst werde es in Zukunft noch problematischer und so teuer, «dass es echt schwierig wird, diese zu bewältigen». Wie er mit diesem Dilemma in der täglichen politischen Arbeit umgehen will, weiss er noch nicht.
Die Welt braucht Veränderung, ist Fredy Dinkel überzeugt. Veränderung auch in den Anreizen für ein ökologischeres Verhalten der Menschen. Anreize anstatt einfach nur Vorschriften, obwohl es Letztere auch brauche, wie die Erfahrung zeige. Dinkel könnte sich zum Beispiel vorstellen, dass Steuern nicht einfach wie bisher nach Einkommen, sondern entsprechend der individuellen Umweltbelastung des einzelnen Menschen erhoben würden, als eine Art «Konsumbesteuerung». Eine sozial- und wirtschaftsverträglich ausgestaltete Konsumbesteuerung böte seiner Ansicht nach sehr direkte Anreize, um möglichst umweltschonend zu leben. Auch eine Kombination beider Steuersysteme – basierend auf dem Einkommen und dem Konsum – wäre für ihn denkbar.
Regionale Massnahmen
«Die Umwelt ist für mich ein ganz grosses Anliegen», sagt Dinkel. Energie, Verkehr, Ernährung, Klima, Gewässerschutz – dies alles und mehr gehört dazu. Mit lokalen und regionalen Kreisläufen, also nicht nur mit globalen Massnahmen, könne sehr viel für die Umwelt als Beitrag an eine ökologischere Welt getan werden, ist er überzeugt. Dies zeige sich zum Beispiel in Ansätzen in der Schweizer Landwirtschaft. Eine möglichst umweltfreundliche, natürliche Produktion von Lebensmitteln aus der Region, kurze, umweltschonende Transporte zu den Kundinnen und Kunden – dies sei der richtige Ansatz.
Allerdings gebe es gerade in der Landwirtschaft noch viele Ungereimtheiten – und die Bäuerinnen und Bauern seien stark gefordert. Klar, sei es notwendig, den Einsatz von problematischen Pflanzenbehandlungsmitteln und Antibiotika auf ein Minimum zu reduzieren, doch dies dürfe nicht einfach nur verlangt werden ohne die Bereitschaft, einen fairen Preis für das Lebensnotwendige, unsere Nahrung, zu bezahlen. Dinkel stört es beispielsweise, dass der Milchpreis derart tief ist, dass die Landwirte kaum mehr von der Milchwirtschaft leben können. Faire Preise, die ein Überleben der Bäuerinnen und Bauern ermöglichen, müssten garantiert werden.
Es brauche den sozialen, fairen Ausgleich auf allen Ebenen, um im Umweltbereich erfolgreich zu sein – davon ist Fredy Dinkel überzeugt. Man darf auf sein Engagement im Landrat gespannt sein.
Carbotech AG: Neue Wege in der Führung
fra. Die Firma Carbotech AG, wo Fredy Dinkel als Verwaltungsratspräsident zeichnet, hat keine Fremdfinanzierung und ist dadurch unabhängig, wie er unterstreicht. Der erwirtschaftete Gewinn des Unternehmens fliesse an die Mitarbeitenden und nicht an Geldgeber. Seit 30 Jahren gebe es einen dreiwöchigen Vaterschaftsund einen längeren Mutterschaftsurlaub. Mit einem Faktor von knapp über zwei sei die Lohnspanne sehr tief. «Wir haben volle Lohntransparenz, was wohl das beste Mittel für gendergerechte Löhne ist», erklärt Dinkel nicht ohne Stolz. Zudem sei vor zwei Jahren die Geschäftsleitung abgeschafft worden und seither übernähmen alle Mitarbeitenden gemäss ihren jeweiligen Fähigkeiten und Interessen Verantwortung. Dinkel: «Damit werden die Mitarbeitenden ernst genommen und können ihre Ideen einfliessen lassen.» Und: «Diese agile Organisationsform hat sich gerade auch in der Zeit der Pandemie sehr bewährt».