Der «Naturkiosk» macht bald dicht
20.07.2021 RickenbachAndré Frauchiger
Heimelig ist es auf der Anhöhe an der Kantonsstrasse zwischen Rickenbach und Buus – dies trotz des regen Verkehrs. Unter der grossen Linde unmittelbar neben der Bushaltestelle war in den letzten Monaten an den Wochenenden viel los. Autos und ...
André Frauchiger
Heimelig ist es auf der Anhöhe an der Kantonsstrasse zwischen Rickenbach und Buus – dies trotz des regen Verkehrs. Unter der grossen Linde unmittelbar neben der Bushaltestelle war in den letzten Monaten an den Wochenenden viel los. Autos und Velofahrerinnen und Velofahrer hielten, und Wanderer machten eine kurze Rast, um beim dortigen Verkaufswagen etwas Spezielles zu kaufen.
Betrieben wird der Verkaufswagen von Kurt Willi und seiner Partnerin Kerstin Rüttimann. Sein «Naturkiosk», wie Willi im Gespräch mit der «Volksstimme» mit Stolz erklärt, war an den Sonntagen gut besucht und wurde zum Geheimtipp.
Kurt Willi hat schon viele Stürme und Krisen im Leben überstanden. Und er habe schon viele Berufe ausgeübt. Beim ursprünglich gelernten Beruf Elektriker mochte er nicht bleiben, das befriedigte ihn nicht. Er ist eindeutig ein Selfmademan. Er will alles selber ausprobieren – selbst auf die Gefahr hin, manchmal zu straucheln. Ideen haben und diese dann auch umsetzen, das verfolge er in seinem Leben.
Eigenwillige Kreationen
Noch in der Stadt Basel wohnend, hatte er die Idee, einen «Naturkiosk» mit natürlichen und weitgehend eigenen Produkten zu eröffnen. Gesagt, getan: Versuche an zwei Standorten waren allerdings nicht von Erfolg gekrönt. Die Städter zeigten kein grosses Interesse oder glaubten vielmehr, an einem Kiosk gebe es nur Zeitschriften, Zigaretten und Lottozettel zu kaufen – und nicht selber hergestellte Naturprodukte.
Im Jahr 2017 kam der Umzug auf den Bauernhof Erliacker in Rickenbach, in eine Mietwohnung. Kurt Willi und Kerstin Rüttimann begannen mit dem Kiosk-Verkauf auf der Höhe zwischen Rickenbach und Buus – auf Land, das zum Bauernhof gehört, auf dem sie wohnen. Dies natürlich mit Zustimmung des Landbesitzers. Es zeigte sich, dass ein solcher «Naturkiosk» auf dem Land mehr Zuspruch erhält als in der Stadt – die Kundschaft wurde immer grösser. Dies allerdings nur am Wochenende: Aufgrund der Frequenzen entschlossen sich die beiden, nur am Sonntag offen zu haben.
Der 67-jährige Willi ist voll im Element, wenn er seine Produkte vorstellt. Die selbst gemachten Glaces sind in der Zwischenzeit schon fast ein bisschen legendär. Es handelt sich zum Teil um interessante, eigenwillige Kombinationen – zum Beispiel Brombeeren gemischt mit Aprikosen. Hervorragend! Sehr gut auch Mokka-, Zwetschgen- und Mirabellen-Glaces. Speziell sind auch die Dörrfrüchte oder die selbst gemachte Schokolade mit Zwetschgen. Oder die Apfelringe mit Honig – von den vielen verschiedenen Konfitüren und den selbst gebackenen Süssigkeiten ganz zu schweigen. Auch wer grösseren Appetit hat, kommt auf seine Kosten: Willi und Rüttimann lassen dann auch gerne einen Hamburger auf dem Feuer brutzeln.
Streit um Katzenhaltung
Wer den «Naturkiosk» auf der Buuseregg noch erleben will, muss sich allerdings beeilen. Denn er schliesst nach dem kommenden Wochenende. Gezügelt wird aller Voraussicht nach ins Emmental. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge: Einerseits ist der Aufbruch ins Neue, an einen neuen Ort in der Schweiz, eine Herausforderung, die Kurt Willi und Kerstin Rüttimann gerne annehmen. Anderseits ist der Abschied getrübt, weil sie sich mit ihrem Wohnungsvermieter wegen dessen Katzenhaltung auf dem Hof überworfen haben. Weil die Katzen auf dem Bauernhof nicht kastriert wurden, haben sie sich stark vermehrt. Der Tierschutz beider Basel hat sich in der Zwischenzeit auf Anregung von Kurt Willi und Kerstin Rüttimann der Sache angenommen, wie die «Basler Zeitung» kürzlich berichtete. Den beiden ist es gemäss eigenen Angaben immerhin gelungen, rund 40 dieser Katzen an ein gutes Plätzchen zu vermitteln.
Als Tierfreunde hoffen Kerstin Rüttimann und Kurt Willi auf einen guten Ausgang in dieser Sache. Sie zügeln mit ihrer Hündin Selice ins Emmental. Ganz entschieden haben sie sich allerdings noch nicht. Sofern sie, vorzugsweise in der Region Basel, einen Bauernhof oder eine Wohnung mit grosszügigen Lagerräumlichkeiten mieten könnten, sei es denkbar, dass sie hier bleiben, sagen sie. Wer weiss – vielleicht bleibt der «Naturkiosk» dem Baselbiet also doch erhalten.