CARTE BLANCHE
30.07.2021 Politik«Bünzli»
Markus Graf, Landrat SVP, Maisprach
Mögen sie sich noch an das schönste Sommerwochenende in diesem Jahr erinnern? Wir Landwirte haben es sicher nicht vergessen. Die paar wenigen Tage wurden genutzt, um Gras zu ...
«Bünzli»
Markus Graf, Landrat SVP, Maisprach
Mögen sie sich noch an das schönste Sommerwochenende in diesem Jahr erinnern? Wir Landwirte haben es sicher nicht vergessen. Die paar wenigen Tage wurden genutzt, um Gras zu mähen, Mais und Kartoffeln in die Erde zu bringen oder sonstige nötige Arbeiten zu erledigen. Ganz nebenbei entschied das Schweizervolk über die Zukunft der Schweizer Landwirtschaft.
Sinnbildlicher hätte es nicht sein können. Während die betroffenen Leute das ganze Wochenende durcharbeiteten und die beiden Initiativen klar ablehnten, genossen die zahlreichen Ja-Stimmer das Wochenende in der Badi, in den Bergen oder liessen die Seele zu Hause im gepflegten Garten baumeln. Sie bestaunten ihr Bienenhotel, mähten den Rasen und entfernten danach noch die letzten «Sunnewirbel» aus dem mit Verbundsteinen verlegten Vorplatz und dem Steingarten. So schön ist die Welt und am Montag sind in den Läden die Regale wieder prall gefüllt, das ist ja ganz selbstverständlich.
Ehemalige Bauerndörfer wie Oltingen und Rünenberg, aber auch meine schöne Gemeinde, das Weinbaudorf Maisprach, erreichten fast 40 Prozent Ja-Stimmen. So wie es scheint, stören die wenigen verbliebenen Bauernbetriebe das idyllische Landleben noch zu stark. Es ist unbestritten, dass die Landwirtschaft weltweit Verbesserungspotenzial hat. Klar ist jedoch auch, dass bereits in den vergangenen Jahren in der Schweiz viel für die Natur und die Umwelt gemacht wurde. Zusammen mit den örtlichen und kantonalen Naturschutzorganisationen konnten diverse nachhaltige Projekte realisiert werden. Aber wo waren diese Leute, auch aus der Politik, die im Vorfeld der Abstimmung diese Zusammenarbeit schätzten? Wo waren die örtlichen Naturschutzverbände, welche die Initiativen ablehnten? Wo war Ständerätin Graf, die sich vehement für die Anliegen der Baselbieter Landwirtschaft und die zahlreichen Gewerbetreibenden einsetzt? Wo war Nationalrätin Brenzikofer, Präsidentin des Vereins Tafeljura, die uns Bauern den Jurapark Baselland schmackhaft machen möchte? Niemand gehört, niemand gesehen.
Die beiden Initiativen sind die direkten Folgen links-grüner Politik, und sie waren erst der Anfang, denn der moralisierende und bevormundende Öko-Kommunismus geht weiter. Die Massentierhaltungs- und die Biodiversitätsinitiative werden folgen. Entstanden sind diese meist in Beratungsfirmen und Verbänden, die auch mit ihren Mitgliederbeiträgen alimentiert werden und einen Grossteil der Finanzierung sichern. Eventuell sollten gerade wir Landwirte unsere Mitgliedschaft in solchen Verbänden und die Mitarbeit an sogenannten Naturschutzprojekten ernsthaft hinterfragen. Oder würden Sie jemanden unterstützen, der ihre Existenz bedroht und am liebsten die moderne Landwirtschaft um hundert Jahre zurückversetzen möchte?
Meist betrifft es Familienbetriebe, die auch dieser Tage aufgrund des Wetters unter Hochdruck arbeiteten. Verträge oder Bündnisse zwischen zwei Partnern werden geschlossen, um ein Ziel zu erreichen. Zusammenarbeit auf Augenhöhe sollte selbstverständlich sein. Bei den beiden Agrarabstimmungen zeigte die eine Seite ihr wahres Gesicht. In diesem Zusammenhang fällt mir folgendes Sprichwort ein: «Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Metzger selber.»
In der «Carte blanche» äussern sich Oberbaselbieter National- und Landratsmitglieder sowie Vertreterinnen und Vertreter der Gemeindebehörden zu einem selbst gewählten Thema.