«Wenn das Schiffchen hin- und herläuft»
11.05.2021 Augenschein, Kultur, Bezirk Sissach, SissachChristian Roth
Tabea Tscharland aus Birsfelden ist Kursleiterin und ausgebildete Kindergärtnerin. Da sie etwas mit den Händen gestalten wollte, entschied sie sich zu einer Ausbildung im Bereich «Textilgestalterin Handweben». Das führte sie für zwei Jahre nach ...
Christian Roth
Tabea Tscharland aus Birsfelden ist Kursleiterin und ausgebildete Kindergärtnerin. Da sie etwas mit den Händen gestalten wollte, entschied sie sich zu einer Ausbildung im Bereich «Textilgestalterin Handweben». Das führte sie für zwei Jahre nach Schweden und an die Gewerbeschule Handweberinnen im Bündner Münstertal. Dort machte die heute 47-Jährige ihren Abschluss. Sie hat ein Atelier in Basel, wo sich vier Schaftwebstühle befinden.
Fasziniert ist Tscharland vom Material, den Farben und der Mathematik, die es zum Weben braucht. Wolle, Leinen, Baumwolle und eine Mischung aus Baumwolle und Leinen werden hauptsächlich verwendet. Natürlich kann auch Alpakawolle eingesetzt werden. Hochwertiges Arbeiten mit natürlichen Produkten ist ihr ein Anliegen. Beim Augenschein im Ebenrain wird klar, dass es hier wirklich auch um Technik geht. Die Fäden beim Schaftwebstuhl werden nicht einzeln bewegt. Wie bei einer Kirchenorgel wird auf Pedale getreten und so das Muster definiert. Ein Kurs in Sissach dauert acht mal vier Stunden. Das Einrichten eines Stuhls nimmt die Hälfte der Kurszeit ein. Da gilt es, jeden Faden in die richtige Litze einzuziehen. Mathematik pur. Die Endprodukte sind in der Regel gewobene Teppiche, dünne Seidenschals, Wolldecken, Flickenteppiche und Geschirrtüchlein. Letztere sind als Geschenk sehr begehrt.
Der Schweizer Webstuhlproduzent «Arm-Webstühle» schloss vor Jahren seine Produktion. Heute gibt es Anbieter aus Schweden und Finnland, wo die Tradition des Webens noch verbreiteter ist. Gut zu wissen: Webstühle sind laut Tabea Tscharland nicht kaputtzukriegen. Und es gibt auch einen hervorragenden Occasionshandel. Der nächste Kurs im Ebenrain startet nach den Sommerferien.
Theres Appiah (56) aus Liestal besuchte Kochund Computerkurse im Ebenrain. Da hat sie auch das Angebot eines Webkurses entdeckt. Als Handarbeitslehrerin war sie von Berufs wegen daran interessiert. Mittlerweile kann sie ihre neue Leidenschaft am Webstuhl richtig ausleben. Aktuell arbeitet sie an einem Stoff für einen Zeitungsständer.
Maja Wackernagel, noch keine 60 Jahre alt, aus Titterten, braucht etwas für das Gemüt. Die Kurse sind Nachmittage nur für sie selbst. Dazu kommt der Spass mit den anderen Kursteilnehmerinnen. Einen Webstuhl hat sie von einer Hausräumung geschenkt bekommen. Aktuell ist sie an der Produktion von Handtüchern.
Bettina Kürmann (40) aus Eptingen hat eine ähnliche Ausbildung als Textilgestalterin wie die Kursleiterin. Für sie ist das Weben ein Ausgleich zu ihrem aktuellen Beruf, eine Bereicherung im Alltag, wie sie meint. Ihr Hauptwerk ist eine Eselssatteldecke aus Wolle, die den Esel beim Spaziergang «verschönern» soll. Neben einem Wickeltuch für das Baby einer guten Freundin sind in ihrem Repertoire auch Geschirrtüchlein oder Lavendelsäcklein zu finden. Aktuell ist Kürmann an einem Teppich aus Wolle beschäftigt.
Barbara Koch (61) aus Sissach hatte schon immer eine Affinität zu altem Handwerk. Das geht über das Backen alter Brotsorten bis hin zum Anbauen von Flachs und dem Endprodukt. Koch produziert ausschliesslich im Ebenrain am Webstuhl. Für Koch ist es schon der fünfte oder sechste Kurs. «Für sechs Geschirrtüchlein hat man aber schon einen Zeitaufwand von rund 40 bis 50 Stunden. Das ist Handarbeit pur», sagt sie. Aktuell arbeitet Koch an Geschirrtüchern mit einem Diamantkörper-Muster. In Planung ist ein Winterjupe.