Wer A sagt, muss auch B sagen
29.04.2021 SeltisbergKlares Ja zum gekürzten Budget – alle Änderungsanträge abgelehnt
Das Budget 2021 der Gemeinde Seltisberg ist unter Dach und Fach. Die Gemeindeversammlung hat es gutgeheissen. Versuche von Einwohnern, beim Kindergarten und bei den Vereinen nicht zu sparen, scheiterten ...
Klares Ja zum gekürzten Budget – alle Änderungsanträge abgelehnt
Das Budget 2021 der Gemeinde Seltisberg ist unter Dach und Fach. Die Gemeindeversammlung hat es gutgeheissen. Versuche von Einwohnern, beim Kindergarten und bei den Vereinen nicht zu sparen, scheiterten klar.
Christian Horisberger
Eins muss man den Seltisbergerinnen und Seltisbergern lassen: Nachdem sie im März die massive Steuererhöhung abgewendet und statt der beantragten 7 Prozentpunkte «nur» 3 mehr (neu: 55 Prozent) bewilligt hatten, liessen sie den Gemeinderat nicht im Regen stehen. Stolze 100 Einwohnerinnen und Einwohner nahmen am Dienstag wiederum den Weg zur Liestaler Militärhalle auf sich, um sich mit dem überarbeiteten Budget auseinanderzusetzen. Letzten Endes wurde der neue Voranschlag bewilligt, nachdem drei Anträge auf Rücknahme von Kürzungen abgelehnt worden sind. Um 270 000 Franken hatte der Gemeinderat den Voranschlag gekürzt, um ihn ausgeglichen zu gestalten. Den Rotstift setzte er auch da an, wo es wehtut: Die Beiträge an Dorfvereine und Kirche wurden um 42 000 Franken gekürzt, die Bildungskosten um 119 000 Franken gestutzt – unter anderem mit der Zusammenlegung von zwei Kindergärten.
Aufgrund der steigenden Schülerzahlen müssten im Folgejahr allerdings wieder zwei Kindergärten geführt werden, führte Finanzchefin Miriam Hersche aus. Weitere 51 000 Franken wurden in der Verwaltung mit einer verzögerten Neubesetzung von Vakanzen eingespart. Ausgaben von insgesamt 75 000 Franken hat der Rat in den Bereichen Verkehr sowie Umweltschutz und Raumordnung gestrichen oder aufgeschoben.
Yvonne Reichlin, die Präsidentin der Rechnungs- und Geschäftsprüfungskommission, sagte an der Versammlung, was Hersche bereits gegenüber der «Volksstimme» erklärt hatte: Der Gemeinderat habe die Vorgaben der Gemeindeversammlung vom März eingehalten, doch könnten nicht alle Kürzungen «über mehrere Jahre durchgehalten werden», sie seien nicht nachhaltig.
Experiment auf Kosten der Kinder
Die Diskussion über den neuen Voranschlag verlief holprig. Wie schon im ersten Anlauf zog sich der Rat mitten in der Debatte für eine Weile zurück, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Dadurch schürten Präsidentin Michaela Schmidlin und Finanzchefin Miriam Hersche offenbar Raum für Zweifel an ihren Aussagen und den vorgelegten Zahlen und sie mussten auch einige spitze Bemerkungen über sich ergehen lassen.
Zwei Anträge aus der Versammlung richteten sich gegen die Kürzungen bei den Vereinen und in der Bildung. So forderte Thomas Fricker, auf die Zusammenlegung der Kindergärten zu verzichten. «Für ein Jahr dieses Experiment durchzuziehen, können wir uns und den Kindern ersparen», sagte er. Katharina Wahl brach eine Lanze für die Vereine: Als Revisorin des Gemischten Chors wisse sie, dass der Verein ohne den Zuschuss von der Gemeinde in der Grössenordnung von 5000 Franken in die roten Zahlen geraten werde. Das Vereinsleben sei eine wichtige Sache fürs Dorf, die Beiträge für die Vereine wichtig. «Das können wir uns leisten», fand Wahl.
Versammlungsteilnehmer Urs Helfer hingegen wollte die Sparschraube noch satter anziehen. Er verlangte, dass die Stellenprozente in der Verwaltung um 20 auf 280 reduziert werden: «Andere Gemeinden bringen das auch fertig», behauptete er frisch von der Leber weg.
Verwaltung am Anschlag
Der Gemeinderat zog sich nach der Debatte zurück, um den drei Anträgen ein Preisschild geben zu können: Jener zum Kindergarten würde das Budget mit 50 000 Franken belasten und die Vereinsbeiträge mit 30 000, sagte die Präsidentin. Die Reduktion der Stellenprozente in der Gemeindeverwaltung bedeuteten eine Einsparung von 9000 Franken.
Die Versammlung lehnte die Aufhebung der Kürzung beim Kindergarten mit 55 zu 28 Stimmen ab und jene bei den Vereinen mit 47 zu 27 Stimmen. Knapper, mit 39 zu 35 Stimmen, entschied sich der Souverän gegen eine Reduktion des Stellenetats in der Verwaltung. Dies, nachdem Hersche festgehalten hatte, dass die Angestellten der Gemeindeverwaltung wegen krankheitsbedingter Abwesenheiten am Anschlag arbeiteten und viel aufzuholen hätten, das liegen geblieben sei.
Letztlich wurde das neue Budget mit nur drei Gegenstimmen abgesegnet. Damit tragen die Seltisbergerinnen und Seltisberger die Konsequenzen für die verweigerte, massive Steuererhöhung. Ganz im Sinne von Roland Pümpin, der in der Debatte Präsidentin Schmidlin zitiert hatte: Individualbedürfnisse könnten nicht alle erfüllt werden. Die Kürzungen, so Pümpin, seien für eine Gemeinde, der es schlecht geht, in Ordnung.