«Es gibt keinen Punkt, der uns Hoffnung gibt»
23.04.2021 SportSchwingen | OK-Präsidentin Sandra Sollberger sagt das «Nordwestschzweizerische» in Lausen ab
Das Nordwestschweizerische Schwingfest, das am 20. Juni in Lausen hätte über die Bühne gehen sollen, findet nicht statt. Grund für die Absage seien die Beschränkungen bei ...
Schwingen | OK-Präsidentin Sandra Sollberger sagt das «Nordwestschzweizerische» in Lausen ab
Das Nordwestschweizerische Schwingfest, das am 20. Juni in Lausen hätte über die Bühne gehen sollen, findet nicht statt. Grund für die Absage seien die Beschränkungen bei den Trainingsmöglichkeiten der Schwinger, teilt das Organisationskomitee mit.
Sebastian Wirz
Ein Schwingfest ohne Zuschauer – eine seltsame Vorstellung. Die Mitteilung, die das Organisationskomitee (OK) des Nordwestschweizerischen Schwingfestes in Lausen Anfang März versandte, war daher erstaunlich: Das OK um Nationalrätin Sandra Sollberger stellte in Aussicht, das Fest am 20. Juni wegen der Pandemie trotz Platz für 5500 Personen auch ohne Fans durchführen zu wollen. Zu diesem ungewohnten Anlass kommt es nun doch nicht: Das jährliche Fest des Nordwestschweizer Schwingerverbands, bei dem in den vergangenen Jahren jeweils rund 120 Schwinger teilnahmen, ist definitiv abgesagt, wie einer Mitteilung von gestern zu entnehmen ist.
«Es gibt ganz einfach keinen Punkt mehr, der uns Hoffnung gibt», sagt Sandra Sollberger auf Anfrage. Ihr OK hätte alle Anzeichen angeschaut – von den Corona-Zahlen über das Impf-Tempo bis zur allgemeinen Einstellung des Bundesrats gegenüber Öffnungen. Am Ende sei nach den Beschlüssen rund um den jüngsten Öffnungsschritt vor einer Woche klar geworden: «Ein Schwingfest unserer Grössenordnung im Juni ist undenkbar», sagt die Präsidentin.
Als Grund geben die Veranstalter Beschränkungen bei den Trainingsmöglichkeiten von Kontaktsportarten an, zu denen Schwingen zweifelsohne gehört. Demnach sind Trainings in den Schwingkellern weiterhin nur für Unter-20-Jährige möglich. Dazu kommt ein Kreis von national 120 ausgewählten Spitzenschwingern. Deren Trainingserlaubnis hat in den üblicherweise traditionellen Schwingerkreisen für grosse Diskussionen gesorgt, da die Elite-Schwinger damit einen Sonderstatus im Unterschied zu den Amateuren erhielten.
Bei einer Online-Umfrage des Schwingermediums Schlussgang gaben zwei Drittel der 600 Antwortenden an, dass sie dies für eine schlechte Lösung hielten. Das romantische Bild der schwingenden Sennen und Turner, die daneben normal einem Beruf nachgehen, prallt in dieser Diskussion auf das moderne Schwingen mit professionellen Trainingsbedingungen, Sponsoren und Grossanlässen mit Millionenbudgets, das längst auch zu einem Business geworden ist.
Für die Schwinger im und hinter dem OK des «Nordwestschweizerischen» sei klar, dass zwischen dem Start des vollständigen Trainings mit Körperkontakt im Sägemehl und den ersten Wettkämpfen sechs Wochen liegen müssen, sagt Sollberger. Erst dann sei genügend Vorbereitung geleistet, damit das Verletzungsrisiko nicht zu hoch ist. Und verletzen wolle sich ein Jahr vor dem Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest (Esaf) in Pratteln ganz sicher niemand, ist die SVP-Politikerin überzeugt.
Auch ohne Zuschauer 300 Personen
Doch nicht nur für die Aktiven wäre das 113. NWS-Schwingfest in Lausen eine Hauptprobe für Pratteln 2022 gewesen. «Die Speaker, die Ehrendamen und viele andere Elemente der Organisation des Esaf hätten bei uns wichtige Erfahrungen für das kommende Jahr gesammelt», sagt Sollberger. «Nun hat das alles nach unzähligen Arbeitsstunden Vorbereitung keinen Wert», fügt die OK-Präsidentin niedergeschlagen hinzu.
Die Absage des Lausner Schwingfestes hat erwartet werden müssen. Überraschend kommt nur der Zeitpunkt: Gerade am Mittwoch hat der Eidgenössische Schwingerverband aufgrund der Bundesratsbeschlüsse der Vorwoche mitgeteilt, dass ab kommendem Montag auch die aktiven «Amateure» wieder schwingen dürften. Denn draussen seien auch Sportarten mit Körperkontakt erlaubt, sofern stets eine Maske getragen wird.
«Das ist nicht umsetzbar und nicht praktikabel», sagt Sollberger dazu. Es stünden viel zu wenige Schwing-Möglichkeiten unter freiem Himmel und Trainer zur Verfügung, um in der maximal erlaubten Gruppengrösse von 15 Personen auf genügend Trainingsstunden zu kommen. Einheiten in den Schwingkellern blieben verboten. «Und wir können unser Fest nicht nur mit ein paar wenigen Spitzenschwingern durchführen.» Auch ohne Zuschauer wären mit Athleten, Funktionären und Helfenden rund 300 Personen in Lausen vor Ort. Das OK habe für jede Sitzung neue Konzepte, neue Baupläne sowie Bestellungen erarbeitet und sich so lange wie nur möglich vor dem negativen Entscheid gedrückt, aber spätestens diese Woche sei klar geworden: «Es gibt keinen Hoffnungsschimmer.»