CARTE BLANCHE
30.03.2021 PolitikMir heis jo immer gseid …
Sandra Sollberger, Nationalrätin SVP, Liestal/Bubendorf
Im Schatten der Coronakrise hat sich Erstaunliches abgespielt. Fast unmerklich ist beim wichtigsten Thema für die Zukunft der Schweiz die Stimmung ...
Mir heis jo immer gseid …
Sandra Sollberger, Nationalrätin SVP, Liestal/Bubendorf
Im Schatten der Coronakrise hat sich Erstaunliches abgespielt. Fast unmerklich ist beim wichtigsten Thema für die Zukunft der Schweiz die Stimmung komplett gekippt. Obwohl noch nicht ganz klar ist, wie es mit dem sogenannten Rahmenabkommen Schweiz-EU weitergeht, scheint es inzwischen aussichtslos, dass diese politische Anbindung an die EU jemals Realität wird. Lassen Sie mich jedoch von ganz vorne beginnen.
Vor 8 Jahren haben diverse SVP-Exponenten zum ersten Mal öffentlich vor diesem Rahmenabkommen gewarnt. Aus diesem Grund wurde 2013 auch das Komitee gegen den schleichenden EU-Beitritt gegründet. Inzwischen gehören dieser Gruppierung mehr als 130 Organisationen an. Die SVP war dazumal die einzige Partei, die sich gegen dieses Abkommen gewehrt hat und wurde belächelt. Dieses Rahmenabkommen sei ein Phantom, haben diverse Medien und die anderen Parteien behauptet. Die Argumente gegen diesen schleichenden EU-Beitritt sind aber heute die gleichen wie früher. Es darf keine automatische Rechtsübernahme geben. Wir dürfen uns nicht einem fremden Gericht unterstellen.
Dann ist einige Zeit vergangen. Der Bundesrat hat mit der EU offiziell zu verhandeln begonnen. Das Abkommen stand aber nie unter einem guten Stern. Diverse Wechsel bei den Chefdiplomaten und zuständigen Departementen haben immer wieder für Verwirrung gesorgt. Auch haben die Initiative gegen Masseneinwanderung, die Selbstbestimmungsinitiative und die Durchsetzungsinitiative der SVP das Dossier immer wieder verzögert. Zum Glück!
Der Meinungsumschwung hat dann aber 2019 angefangen. Viele politische und wirtschaftliche Akteure haben sich erst so richtig für diese institutionelle Anbindung zu interessieren begonnen. Von allen Seiten des politischen Spektrums wurde Kritik laut. Insbesondere die Gewerkschaften haben schon dazumal ihre Opposition gegen das Abkommen angemeldet. Aber auch die Kantone haben gemerkt, dass es hier ans Eingemachte geht. Aber der Bundesrat hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Die fundamentalen Probleme des Abkommens wollte er nicht mehr ändern. Und so musste kommen, was jetzt gekommen ist.
Nach den Sommerferien 2020 begann der Dammbruch. Alt Bundesrat Schneider-Ammann (FDP) sowie CVP-Präsident Gerhard Pfister und auch immer wieder alt Bundesrätin Michelin Calmy-Rey (SP) haben sich ablehnend geäussert. Unmittelbar folgten negative Stellungnahmen von den Sozialpartnern, aus dem Gewerbe, von liberalen Persönlichkeiten und selbst aus akademischen Kreisen. Der Todesstoss folgte mit der Gründung von zwei prominenten Unternehmerkomitees gegen das Rahmenabkommen. Jetzt steht der Bundesrat vor einem Scherbenhaufen. Anstatt von Anfang an der EU klar zu sagen, dass eine politische Integration nicht infrage kommt, muss er das jetzt wohl schmerzlich nachholen. Was die SVP von Beginn weg sagte, dämmert jetzt von links bis rechts, weil mit diesem Abkommen die Schweizer Demokratie infrage gestellt würde. Mein Grosi hat nach Beurteilung solcher Situationen immer gesagt: «Mir heis jo immer gseid …»
In der «Carte blanche» äussern sich Oberbaselbieter National- und Landratsmitglieder sowie Vertreterinnen und Vertreter der Gemeindebehörden zu einem selbst gewählten Thema.