Flucht nach vorne: Operation Trevi
19.02.2021 FasnachtRote Flue | Ein verspottetes Dorf poliert sein Image auf
Kaputte Brunnen, ein überschwemmter Reitplatz und ein explodierender Blitzer: Das Dorf unter der roten Fluh muss einen Tiefschlag nach dem anderen verkraften. Nun wagt die Gemeinde die ...
Rote Flue | Ein verspottetes Dorf poliert sein Image auf
Kaputte Brunnen, ein überschwemmter Reitplatz und ein explodierender Blitzer: Das Dorf unter der roten Fluh muss einen Tiefschlag nach dem anderen verkraften. Nun wagt die Gemeinde die Gegenoffensive.
Inn Seider
Hinter der Tür zum Gemeinderatszimmer hat’s kürzlich zünftig gerumpelt, man hätte meinen können, das Hutzgüri wäre eingefallen. «Wir sind die Lachnummer des Kantons», polterte Noch-Breesi Schaubpaul II. Er war kurz zuvor von einem Dorfmuuni-Treffen in der Lieschtler Ochseschüüre zurückgekehrt. Krethi und Plethi hätten ihn wegen dem Dorfbrünneli angezündet. «Alle haben über Rothenfluh gelacht, sogar die Ammeler und die Titterter», tobte der Breesi. Und er hätte den Bettel wohl sofort hingeworfen, wenn es nicht ein Oomelinger gewesen wäre, der sich dabei filmen liess, wie er den Radarkasten am Rothenflüher Dorfeingang in die Luft gejagt hat.
Schaub II. haute mit der Faust auf den Tisch. «Wir brauchen ein neues Image. Und zwar nicht erst in 20 oder 30 Jahren, wenn die Biber-Talsperre in der Sagi unten das Dorf unter Wasser gesetzt hat. Sondern subito.» Der Breesi liess die Dorf- und Kulturkommission zusammentrommeln. Dazu Andri Stuehli, den Dorffilmer, Gianni MazzuPicchu, den Spurensucher, Grafotti, den Chronisten, den Leserbrief-Gott Fritz Mäuselmann. «Und läutet auch gleich bei Tschein-Sara an, etwas Stimmung kann nicht schaden.»
Kurz darauf trifft sich die Task Force Trevi am Brunnen, wo das neuerliche Leid seinen Anfang genommen hatte. Aus sicherer Distanz beäugen die Ex-Präsidenten, die das Brunnengate ins Plätschern gebracht hatten, die Szene: Grafotti von der Bolksftimme spitzt den Griffel, Fritz Mäuselmann schaut, auf eine göttliche Eingabe hoffend, gen Himmel und Tschein-Sarah singt aus voller Brust: «Am Brunnen vor dem Tore ...» Der Gmeinimuni klopft ihr väterlich auf die Schulter: «Später, Sarah, später, erst die Arbeit.»
Der Ex-Offizier kommt fadegrad zur Sache: «Feststellung 1: Wie wir alle wissen, leben wir im schönsten und besten Dorf des Kantons. Wir haben den Eierläset, das Dorftheater, den Banntag, den Turnerabend, die Rote Flue, das Cheesifescht und die wahrscheinlich grösste Tanne der Schweiz. Feststellung 2: Trotzdem werden wir ausgelacht. Ziel: Das muss aufhören. Auftrag: Ich erwarte Vorschläge, wie.»
Troubadixe Tschein holt wieder Luft, Schaubpaul legt ihr die Hand auf die Schulter. «Noch nicht.»
MazzuPicchu sieht seinen Stern aufgehen: «Wir machen unser Stonehenge auf dem Horn zur Touristenattraktion und im Sommer ein grosses Keltenfest. Da kann Augusta Raurica einpacken.» Grafotti rückt seine Waschbärmütze zurecht und ruft begeistert: «Ein Industrielehrpfad, angefangen bei der Fruttasan, dann zum Hufstollenoski und dann...» Tschein-Sarah summt die Melodie von «Wild Horses» an, wird aber von Filmer Andrist übertönt. «Und dann?», ruft er spöttisch.
Schweigen. Bis Mäuselmann die göttliche Eingabe erreicht: «Dann alles miteinander: Eine Sightseeing-Tour. Stonehenge, Industrie, unsere sieben Dorfbrunnen...» Die Gelle: «Über sieben Brücken musst du gehen...» Fritz kommt in Fahrt: «Das Pfarrhaus als bekanntester Chüngelistall der Schweiz!» Sarah: «Das alte Haus von Rocky Docky …»
Ueli: «Und die Cheesi offeriert den Apéro und richtet ihn auf dem Rand des Brunnens an.» Die Fetengauderin: «Eeeeeeeeeisgekühlter Bommerlunder …»
«Das könnte funktionieren. Wer macht den Fremdenführer?» Eine rhetorische Frage, denn die Antwort liegt auf der Hand: Unlucky Luke Saumann, der Ex-Pfarrer, der mit den Chüngeln. Der Breesi denkt laut: «Der kennt das Dorf, er kann gut mit Menschen, und solange er als Schauspieler noch nicht durchgestartet ist, könnte er an dieser Rolle Gefallen finden.»
«Und wenn er sich für die vergifteten Pfarrhausmäuse geisseln wird?», gibt eine Kulturkommissiönlerin zu bedenken. «Dann soll er dafür Ruten von einer Weide verwenden, die der Biber gefällt hat.» Die Anwesenden nicken sich selbstzufrieden zu.
Den Ex-Präsidenten in ihrem Beobachtungsposten schwant Böses. Nachdem das letzte Mal ein Grüppchen rund um diesen Brunnen diskutiert und Pläne geschmiedet hatte, ist es nämlich nicht gut herausgekommen.