Können Kirschbäume denken?
19.11.2020 PolitikIch weiss nicht, wie es Ihnen in den vergangenen Monaten gegangen ist. Da beschäftigt alle weltweit nur das eine Thema, das man nicht mehr in den Mund nehmen will, die Leute verängstig und mittlerweile zum Teil ins Zweifeln bringt. Dann kommt auch noch das andere unsägliche ...
Ich weiss nicht, wie es Ihnen in den vergangenen Monaten gegangen ist. Da beschäftigt alle weltweit nur das eine Thema, das man nicht mehr in den Mund nehmen will, die Leute verängstig und mittlerweile zum Teil ins Zweifeln bringt. Dann kommt auch noch das andere unsägliche Thema aus den USA, wo alle nur den Kopf schütteln können. Als Nächstes kommt dann noch dieses und jenes Thema, wo wir alle erneut sprachlos sein und uns gegenseitig fragend anschauen werden. Es wird nicht aufhören.
Grund genug, sich mal kurz vom geistigen Winterschlaf zu verabschieden. Lassen Sie uns einmal über die natürlichen Sachen im Leben Gedanken machen und uns den hereinprassenden Themen aus den Medien entziehen. So ist es auch mir geschehen, kürzlich beim Joggen entlang einer unserer schönen Kirschbaum-Kulturen. Deshalb, heutiges Thema: der Kirschbaum.
Jeder Kirschbaum weiss zu jeder Zeit genau, was er zu tun hat. Im Winter ist er kahl. Blätter und Blüten würden sonst erfrieren. Aber schon am Ende des Winters ist er voller Knospen. Zum Schutz gegen die immer noch vorhandene Kälte hat er sie jedoch mit einer festen Hülle umgeben.
Im Frühling lässt der Kirschbaum unzählige Blüten wachsen. Sie sind schneeweiss, um die Bienen anzulocken. Diese sollen das in jeder Blüte vorhandene Nektartröpfchen naschen. Dabei werden die Blüten befruchtet. Aus jeder befruchteten Blüte wächst eine kleine grüne Kirsche. Sobald diese dick genug ist, färbt der Baum sie mithilfe des Sonnenlichts wunderschön rot. Das soll die Vögel einladen, sie zu fressen. Denn in jeder Kirsche ist ein Samenkern versteckt. Er ist besonders hart, damit er nicht verdaut werden kann. Er soll nämlich wieder weggegeben werden. Das tun die Vögel im Fliegen. So verstreuen sie die Kirschkerne (mit etwas Vogeldünger vermischt) in der ganzen Umgebung und säen damit lauter neue Kirschbäume.
So steckt in einem Kirschbaum doch immerhin ein wunderbares Denkvermögen. Inspirationslose oder Spassbremsen würden sagen, dass die Natur das einfach so programmiert hat. Aber es ist fehlerfrei. Und dann sind wir schon bereits beim Faktor Mensch. Der Schweizer Obstverband hat im Dokument «Normen und Vorschriften für Kirschen – Ausgabe 2017» die Mindestanforderungen für Kirschen definiert. Da steht zum Beispiel, dass die Kirschen unverletzt mit Stiel gepflückt, frisch, ma- denfrei, gesund, weder unreif noch überreif, ausgeglichen in Reifegrad, Farbe und Grösse sein müssen. Die für den Verkauf bestimmten Kirschen müssen je nach Güteklasse einen Mindestdurchmesser von 22 oder 28 Millimetern haben. Konservenkirschen müssen immer noch einen Mindestdurchmesser von 17 Millimetern aufweisen. Und dafür gibt es offenbar auch Schablonen für das Messen des Durchmessers. Wenn das keine klare Ansage ist, wonach sich die Natur, und in diesem Beispiel der Kirschbaum, richten darf. Wie fehlerfrei sind genau diese Vorstellungen?
Lassen wir die Kirschbäume doch einfach denken und lasst uns über uns selber mal nachdenken. Ich jedenfalls freue mich schon jetzt auf die weisse Blütenpracht im kommenden Frühling.
In der «Carte blanche» äussern sich Oberbaselbieter National- und Landratsmitglieder sowie Vertreterinnen und Vertreter der Gemeindebehörden zu einem selbst gewählten Thema.