Enthüllungen just vor der Heim-EM
12.11.2020 Basel, Turnen, SportNächster Rückschlag nach Corona für Veranstalter
Neben Corona erschweren neu auch die «Magglingen-Protokolle» den Organisatoren der Kunstturn-Europameisterschaften in Basel vom kommenden April die Arbeit. Bis jetzt sind unliebsame Folgen ausgeblieben.
Jürg ...
Nächster Rückschlag nach Corona für Veranstalter
Neben Corona erschweren neu auch die «Magglingen-Protokolle» den Organisatoren der Kunstturn-Europameisterschaften in Basel vom kommenden April die Arbeit. Bis jetzt sind unliebsame Folgen ausgeblieben.
Jürg Gohl
Der grösste Anlass, den sie auf die Beine gestellt hat, war die Eröffnung des Gotthard-Basistunnels. So überrascht es wenig, dass Kathrin Amacker vor zwei Jahren vom Basler Präsidialdepartement die Anfrage erhielt, ob sie bereit wäre, 2021 in Basel Kunstturn-Europameisterschaften zu organisieren. Als ehemalige CVP-Kantonalpräsidentin, Land- und Nationalrätin sowie Mitglied der Konzernleitung der SBB verfügt die Binningerin über das Können und die nötigen Beziehungen, als frühere Kunstturnerin, langjährige Leiterin und Kampfrichterin auch über das Fachwissen.
Bereut habe sie ihre Zusage nie, sagt sie, auch wenn die Pandemie zusätzliche Arbeiten und ein Schutzkonzept erfordern und, Stand heute, die Durchführung infrage gestellt ist. Aus zwei Gründen ist sie zuversichtlich: Im April sei es wieder wärmer, und die Fallzahlen dürften sinken, blickt sie in die Glaskugel, «zudem verfügen wir über ein gutes Schutzkonzept». Spätestens Ende Februar wird definitiv entschieden – in Rücksprache mit dem nationalen und dem internationalen Verband.
Für Kathrin Amacker steht fest: «Wir wollen keine Geister-Wettkämpfe.» Das liege nicht in erster Linie an den wegfallenden Eintritten, sondern am verpassten Ziel, der Region ein Sport-Spektakel zu bieten und der Turnbewegung neue Impulse zu vermitteln. Zur EM, die vom 21. bis 25. April in der St.Jakobshalle ausgetragen werden soll, erwarten die Veranstalter 270 Athletinnen und Athleten aus 40 Ländern sowie täglich 5900 Zuschauer. Weil die Olympischen Spiele um ein Jahr verschoben wurden, kommt den Europameisterschaften eine höhere Bedeutung zu als erwartet: Sie sind der letzte Formtest für die besten Athleten des Kontinents vor den Spielen in Tokio.
Neben der Pandemie muss sich das Organisationsteam nun mit einem zweiten Problem beschäftigen, mit den «Magglingen-Protokollen». Die Enthüllungen im «Magazin» schaden dem Image der Sportart und dürften sich auch bei den Eintritten und beim Sponsoring bemerkbar machen. Bis jetzt habe sie noch keine negative Rückmeldung erhalten, sagt Kathrin Amacker und verspricht, aktiv auf die verschiedenen Partner zuzugehen, um die Situation zu besprechen.
Sie will nicht kritisieren, dass die Zustände in Magglingen ans Licht kamen. Im Gegenteil begrüsst sie, dass die Welt, nicht nur im Sport, transparenter und demokratischer werde: «Auch wenn das gerade im Leistungssport zu Zielkonflikten führen kann, so müssen wir uns diesen stellen.» Am vergangenen Mittwoch hat die Basler Regierung als Quasi-Auftraggeberin beschlossen, die EM-Veranstalter mit 900 000 Franken zu unterstützen. Diese hoffen nun, dass der Imageschaden des Kunstturnens nicht noch dazu führt, dass sich der Grosse Rat ziert, diesen Beitrag zu bewilligen.
«Gefordert ist jetzt zuerst der Schweizerische Turnverband, der diese Ereignisse aufarbeiten und die entsprechenden Massnahmen ergreifen muss. Für uns sind die ‹Magglingen-Protokolle› alles andere als angenehm.» Den Veranstaltern wurden mit der Pandemie und der aktuellen Diskussion gleich zwei Knüppel zwischen die Beine geworfen, die sie bei der Zusage niemals erahnen konnten. Deshalb werden sie und Geschäftsführer Beat Läuchli darum bemüht sein, für eine positive Stimmung im Team – es werden noch Freiwillige und mitarbeitende Vereine gesucht – zu sorgen. «Ich liebe Herausforderungen», sagt Kathrin Amacker, «wer glaubt, einen Grossanlass ohne Herausforderungen durchführen zu können, ist ein Träumer.»