Wenn Corona Träume zerstört
29.10.2020 HölsteinSandra Hug gibt ihren Betrieb im «Haus zum Rössli» auf
Seit sieben Jahren ist Sandra Hug beliebte Gastgeberin im traditionsreichen Gasthaus an der Hölsteiner Hauptstrasse. Nun macht das Coronavirus einen ihrer Träume zunichte.
Elmar ...
Sandra Hug gibt ihren Betrieb im «Haus zum Rössli» auf
Seit sieben Jahren ist Sandra Hug beliebte Gastgeberin im traditionsreichen Gasthaus an der Hölsteiner Hauptstrasse. Nun macht das Coronavirus einen ihrer Träume zunichte.
Elmar Gächter
«Traum». Dieses Wort fällt immer wieder im Gespräch mit Sandra Hug. «Ich habe ihn sieben Jahre lang ausleben dürfen», sagt sie. Bis zu jenem Tag, als das unsichtbare Coronavirus ihn abrupt zunichtemachte. Gut war sie unterwegs mit ihrem Gastrobetrieb im altehrwürdigen «Haus zum Rössli» in Hölstein. Kaum war das Jahr 2020 gestartet, war sie bis Ende Oktober ausgebucht – vor allem an den Wochenenden. Grosse Anlässe, mit allem, was dazu gehört. Es hatte sich längst herumgesprochen, was hier im traditionellen Gasthaus geboten wird. Ob an der Bar, im «Stübli nid 0815» oder im wunderbaren Himmelssaal, sie verwöhnte ihre Kundschaft mit stets frischen, selbstgemachten Produkten – und mit ihrer freundlichen, zuvorkommenden Art.
Dann kam der grosse Einbruch, plötzlich und unerwartet, wie für viele andere Betriebe auch. Sie spricht vom ersten Dämpfer, als ihr am 13. März die Brauerei acht Container Frühlingsbier vor die Tür stellte. «Ich habe die Hände verworfen. Nehmt es wieder mit, was soll ich damit machen?» Ihnen gehe es ähnlich, sie könnten es auch nicht verkaufen, sei deren Antwort gewesen.
Den Kopf in den Sand stecken gibt es für Sandra Hug nicht. Sie hat sich schnell einen Plan zurechtgelegt und auf «Take-away» umgestellt und erweitert. Dank ihres grossen Bekanntenkreises konnte sie Private unter anderem mit «Apéros riches» und Firmen mit «Znüni» beliefern. «Ich konnte mich finanziell einigermassen über Wasser halten», resümiert sie die schwierige Zeit. Ab dem 11. Mai machte sich wieder Hoffnung breit. Hug öffnete ihr Lokal gleich am ersten Tag nach dem Lockdown, hielt das Take-away jedoch aufrecht. Grössere Anlässe waren allerdings nach wie vor nicht durchführbar. «Aber wir versuchten langsam, uns wieder an die erfolgreiche Zeit heranzutasten.» Mit «wir» bezieht sie ihren Sohn mit ein, der ihr seit ein paar Jahren zur Seite steht. Aber es sollte nur ein Strohfeuer sein, der Umsatz ging, im Vergleich mit guten Jahren, um beinahe die Hälfte zurück.
80 Stunden pro Woche
«Der Gastbetrieb läuft, die Nachfrage ist da, aber der Aufwand ist einfach viel zu gross. Damit ich keine allzu grossen finanziellen Einbussen habe, umfassen meine Wochen laufend bis zu 80 Arbeitsstunden», hält Sandra Hug fest. Es sei ihr bewusst geworden, dass sie unter diesen Umständen den Betrieb nicht längerfristig weiterführen könne. Und deshalb gab es für sie nur eines: aufhören. «Es ist für mich sehr, sehr schwer, denn damit gebe ich auch meinen Lebenstraum auf. Aber niemand kann mir diesen Entscheid abnehmen, auch wenn ich ihn vorher in meinem Freundeskreis besprochen habe», sagt sie. Man spürt, dass der Entschluss ihre Moral schwer getroffen hat. «Was mache ich jetzt? In welche Richtung will ich gehen?», so ihre ersten Gedanken. Eines sei für sie aber klar: «Ich will auch morgen und übermorgen mein eigener Chef sein.» Dem Credo «klein, fein, aber mein» will Hug auch künftig nachleben.
Sandra Hug blüht im Gespräch mit der «Volksstimme» sichtlich wieder auf, als sie auf die vergangenen Jahre zu sprechen kommt. «Was hatten wir hier doch für viele tolle Gesellschaften, mit Hochzeiten, mit Musik, mit Buchlesungen. Ich bekomme immer noch Hühnerhaut, wenn ich daran denke, wie sich die Gäste am schönsten Tag ihres Lebens hier bei uns glücklich gefühlt haben.» Faszinierend sei auch immer der Mix gewesen von jungen und etwas älteren Gästen, halt ein richtiger Treffpunkt im Tal.
Kochen für Kicker
Hug hat viel Wertschätzung erfahren. «Ich denke, es ist auch meine Art, wie ich mit den Gästen umgehe. Ich durfte die ganzen Jahre mich selber bleiben und musste am Morgen keine Maske anziehen», schwärmt sie. Ein Lob spricht sie auch all ihren temporären Mitarbeitenden aus. Sie habe nie Probleme gehabt, genügend Leute zu finden. «Es war eine Knochenarbeit, aber ich bin glücklich, dass ich mein Hobby zum Beruf machen durfte.»
Und so neigt sich die Zeit von Sandra Hug im «Haus zum Rössli» dem Ende zu. Noch bis und mit Februar wird sie hier wirten. Bereits zum Jahresanfang beginnt ihr neuer Pachtvertrag zu laufen. Sie hat sich entschieden, das Klubrestaurant des Fussballklubs Oberdorf zu führen. Aus heutiger Sicht plant sie, es auf den Start der Fussballmeisterschaft ab März zu öffnen. Und was darf der Gast dort erwarten? «Meine ‹Sandy-Witsch› und Schinkengipfeli wird es auch dort geben, und auf den beliebten Kartoffelgratin und -salat müssen meine Gäste auch dort nicht verzichten.» Alles frisch und persönlich zubereitet von einer Person, die trotz aller hoher Anforderungen auch künftig nichts anderes sein möchte als eine überzeugte Gastronomin.