Spannung in den Highlands
22.10.2020 Ratgeber«Neuschnee» von Lucy Foley
Es ist Winter in den schottischen Highlands: Neun Freunde feiern den Jahreswechsel in einer abgelegenen Lodge in den Bergen. Doch was als ein unbeschwerter Ausflug beginnt, wird bitterer Ernst.
Yvonne Zollinger
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«Neuschnee» von Lucy Foley
Es ist Winter in den schottischen Highlands: Neun Freunde feiern den Jahreswechsel in einer abgelegenen Lodge in den Bergen. Doch was als ein unbeschwerter Ausflug beginnt, wird bitterer Ernst.
Yvonne Zollinger
Zum ersten Mal seit Langem treffen sich die Pärchen Mark und Emma, Miranda und Julien, Nick und Bo, Samira und Giles sowie die alleinstehende Katie wieder, um gemeinsam Silvester zu feiern. Vier Tage verbringen sie auf dem exklusiven Landgut Loch Corrin in der winterlichen Wildnis der schottischen Highlands. Die Freunde sind eine ehemalige Oxforder Studentenclique, die sich aus unterschiedlichen Charakteren und Typen zusammensetzt.
Doch die anfängliche Unbeschwertheit bekommt bald erste Dämpfer. Sie sollen die Lodge mit einem seltsamen Paar aus Island teilen. In der Abgeschiedenheit prallen sofort auch gegensätzliche Erwartungen an das Wochenende aufeinander. Die Harmonie, erst noch künstlich am Leben erhalten, geht verloren. Nach und nach werden lang gehütete Geheimnisse offengelegt, Missgunst und versteckter Hass treten zunehmend an den Tag. Persönliche Eitelkeiten, Beziehungsprobleme und Neid sorgen immer stärker für Spannungen.
Lucy Foley baut ihren Thriller klassisch auf. Gleich zu Beginn wird eine Personen ermordet aufgefunden. Hat der Highland-Ripper wieder zugeschlagen? Sechs Mal hat er bereits gemordet. Geschickt blendet die Autorin zwischen dem Fund des Opfers und den Tagen vor dem Ereignis vor und zurück. Dabei lässt sie die Protagonisten aus eigener Sicht erzählen und treibt so die Geschichte voran. Als Heather, die junge Gästebetreuerin, die Information erhält, dass der mutmassliche Highland-Ripper bereits vor Tagen in Glasgow festgenommen wurde, steht fest: Der Täter befindet sich noch unter den anwesenden Personen auf dem Landgut. Doch mittlerweile ist die Gruppe von der Umwelt abgeschnitten, denn es schneit ohne Unterbruch.
«Neuschnee» folgt zwar dem gängigen Plot des «Whodunit» (Wer hats getan?). Aber der Thriller weist auch eine Besonderheit auf, denn Lucy Foley lässt ihre Leser fast bis zum Schluss nicht nur über den Täter im Unklaren, sondern verrät auch nicht, wer das Opfer ist. Man rätselt also gleich doppelt und wird dabei auf einige falsche Fährten gelockt. Das düstere Setting in der abgelegenen Lodge und das geheimnisvolle Verhalten einiger Protagonisten tragen zur spannenden Atmosphäre bei.
«Neuschnee» kommt ohne drastische Gewaltdarstellung aus. Im Mittelpunkt stehen stattdessen die Figuren und die Frage, wie gut man eigentlich seine Freunde kennt. Die Autorin skizziert die anwesenden Personen im Detail. Alle scheinen verdächtig oder kommen als potenzielles Opfer infrage.
«Neuschnee», der im Original treffender «The Hunting Party» heisst, ist der erste Thriller der Engländerin Lucy Foley. Die Idee hierfür entstand, nachdem sie mit ihrem Mann einen romantischen, aber abgelegenen Ort in den schottischen Highlands besucht hatte, der sie einfach nicht mehr losliess. Lucy Foley, 1986 in Sussex geboren, hat englische Literatur studiert und ihren Masterabschluss in moderner Literatur an der Universität London gemacht. Sie arbeitete einige Jahre in der Verlagsbranche, unter anderem als Lektorin. Lesenswert von Lucy Foley ist auch der Thriller «Sommernacht», ebenfalls im Penguin-Verlag erschienen.
«Neuschnee» Thriller von Lucy Foley Penguin Verlag, 2019.