Der Baselbieter Kantonsplaner Martin Kolb geht in Rente

«Mit Herzblut» übte Martin Kolb in den vergangenen elf Jahren das Amt des Baselbieter Kantonsplaners aus. Nun geht er im Alter von 65 Jahren regulär in Pension. Im Gespräch warnt er unter anderem davor, die kleineren Gemeinden zu vernachlässigen.

André Frauchiger

Martin Kolb ist seit dem 1. Juni 2009 Kantonsplaner und Leiter des Amts für Raumplanung. «Mein Traumjob», wie er gleich eingangs des Gesprächs in einem Sitzungszimmer des Amts in einer Jugendstil-Villa an der Rheinstrasse 29 in Liestal erklärt. Ende dieses Monats beendet er offiziell seine Tätigkeit. Er wird in diesem Monat 65 Jahre alt und geht «voll regulär» in Pension, wie er betont. Dies mit einem lachenden und einem weinenden Auge: Die Arbeit in seinen Funktionen und mit seinem Team habe ihm Spass gemacht. «Mit Herzblut» sei er bei der Sache gewesen, unterstreicht er.

«Die Kolleginnen und Kollegen aus den Abteilungen Kantonsplanung, Denkmal- und Ortsbildpflege, Ortsplanung, Natur und Landschaft, Öffentlicher Verkehr und Rauminformation haben mich dabei von der ersten Stunde an unterstützt und in die Geheimnisse der Baselbieter Verwaltung bestens eingeführt», hält Martin Kolb auch in einem internen Schreiben mit dem Titel «Der Kantonsplaner sagt Adieu» fest. Sein Team im Amt umfasst rund 30 Mitarbeitende – «und wir sind wirklich ein Team», betont er.

Sein beruflicher Weg als Planungsingenieur führte ihn nach dem Abschluss seines Studiums an der Universität Basel als Kreisplaner in die Dienste des Kantons Uri, mit Wohnsitz in Schattdorf. Fünf Jahre später ging er als Planungsingenieur nach Riehen, für zwei Jahre. Danach ging es weiter zum Bundesamt für Raumplanung und -entwicklung (ARE) nach Bern. Dort habe er sich in seiner Arbeit aber zu weit entfernt von der Bevölkerung und den Kantonen gefühlt, erklärt Kolb. Deshalb zügelte er beruflich wieder in die Region – nach Laufen, als Chef von Bau und Planung des Städtchens. Diese Arbeit in Laufen, insbesondere das Aufarbeiten des grossen Birs-Hochwassers von 2007, sei sehr vielfältig und interessant gewesen, erklärt er heute.

2009 wurde er vom Baselbieter Regierungsrat zum Kantonsplaner gewählt. Diesen Schritt zum Kanton habe er nie bereut, sagt er heute mit Überzeugung. Als grösste Herausforderungen seiner Amtszeit nennt Kolb den kantonalen Richtplan (Krip), die Planungsarbeiten für Salina Raurica, das Dreispitz-Areal, das Agglomerationsprogramm Basel sowie die Oberrheinkonferenz und die Regionalplanung.

Kantonaler Richtplan
Zentral ist das Amt als Fachstelle für Raumplanung tätig, letztlich im Auftrag des Bundes. Dabei geht es darum, die Bereiche Verkehr, Landschaft und Siedlung aufeinander abzustimmen. Dies im Rahmen des kantonalen Richtplans, mit einem Planungshorizont von 20 bis 25 Jahren. Die Klärung von wichtigen Fragen darüber, wie und wo welche Infrastrukturen gebaut werden können, ist eine wesentliche Aufgabe des Amts. Die 86 Gemeinden des Kantons werden dabei begrüsst, können ihre Meinung auch im Rahmen von Vernehmlassungen kundtun. Schliesslich wird der Richtplan von Regierungsrat und Parlament genehmigt.

Jede Gemeinde erarbeitet einen eigenen Zonenplan. Dieser wird dann vom Amt für Raumplanung auf seine gesetzliche Konformität geprüft. Das Amt stellt schliesslich Antrag an die Regierung.

Martin Kolb weist darauf hin, dass die Gemeinden über eine relativ grosse planerische Autonomie verfügen. Aber ist dies in Zukunft für die vom Bund verlangte Rückzonung von Bauland in den Gemeinden von Vorteil? «Ja», sagt Kolb, es sei grundsätzlich ein Vorteil, vor Ort, in der betroffenen Gemeinde, zu entscheiden. Das Amt für Raumplanung habe allerdings Überzeugungsarbeit in den Gemeinden zu leisten: «Mit dem Holzhammer geht nichts.»

Schwierige Rückzonungen
Während der vergangenen Jahrzehnte wurden bereits viele Bauzonen in den Gemeinden reduziert, zum Beispiel auf dem Bruderholz, wo die Landbesitzer bis vor Bundesgericht gingen – und unterlagen. Der Bund hat nun klare Vorgaben gemacht. «Wir versuchen, diese mit den Gemeinden umzusetzen. Und auch mit den betroffenen Grundbesitzern wird das Gespräch gesucht», erklärt Kolb. Grundstücke, die voll erschlossen sind, dürften nach seiner Einschätzung kaum ausgezont werden.

Die Zeit drängt: Bis April 2022 müssen die Gemeinden aufzeigen, wie sie bei den Um- und Rückzonungen von Bauzonen vorgehen wollen. Der Kanton muss dann dem Bund rapportieren. Dann dauern die Abklärungen des Bundes weitere rund fünf Jahre. Nach insgesamt achtjähriger Frist werden schliesslich vom Bund die definitiven Beschlüsse für den Kanton und die Gemeinden gefasst.

Salina Raurica und Dreispitz
Salina Raurica ist ein Beispiel, wo sich auch die Baselbieter Wirtschaftsförderung in den vergangenen Jahren stark eingesetzt hat. Dies aus der Erkenntnis heraus, dass die Neuansiedlung von Firmen für den Kanton eine absolute Notwendigkeit ist, erklärt Kolb. Doch es gab ernüchternde Ergebnisse bei den Firmengesprächen. Das Baurecht war das Schwierige – die Firmen wollten das Land entweder kostenlos zur Verfügung gestellt erhalten oder gleich kaufen können. Beides war nicht möglich, denn das Baurecht ist bei Salina Raurica vorgegeben. Martin Kolb: «Die Schokoladenfabrik von Coop ist eine gute Sache geworden, obwohl einzelne politische Kreise nicht unbedingt erfreut waren.» Zurzeit wird vom Tiefbauamt Baselland im Gebiet die Rauricastrasse gebaut. Und der Entscheid für die Verlängerung des Trams Nr. 14 in die Salina ist beim Landrat hängig.

Im Moment ist die Idee eines Mischnutzungskonzepts für Salina Raurica aktuell. Martin Kolb: «Der komplexe Prozess ist sehr zeitraubend. Da die Umsetzung von Salina Raurica nicht schnell genug vorwärtsgeht, ist das Gesamtprojekt immer wieder infrage gestellt.»

Die Entwicklung des Dreispitz-Areals war ebenfalls ein Schwerpunkt der Arbeit des Amts für Raumplanung. Insgesamt sei der Dreispitz eine Erfolgsgeschichte für Baselland. Die Entwicklung fand grösstenteils auf Münchensteiner Boden statt, mit dem Fachhochschulbau und dem Schaulager-Museum. In Richtung Spenglergebäude in Münchenstein gibt es laut Kolb noch weiteres Potenzial, mit der Möglichkeit, auch neuen Wohnraum zu schaffen und zu verdichten.

Ein Handicap besteht aber beim Dreispitz weiter: Es gibt keine direkte Verbindung zu einem ausgleichenden Grünraum. Das Architekturbüro Herzog & de Meuron habe den Vorschlag unterbreitet, vom Dreispitz-Areal zur «Grün 80»* eine Verbindungsbrücke zu bauen. Kolb bedauert, dass dies nicht bereits realisiert worden ist. Er lobt aber die «ergiebige Zusammenarbeit mit Basel-Stadt».

Langsamverkehrsrouten prüfen
Der Kantonsplaner findet es richtig, dass für das Agglomerationsprogramm ein Verein als Trägerschaft gebildet wurde, nachdem in den Anfängen Baselland die Federführung innehatte. Denn eine Trägerschaft müsse das Sprachrohr für alle beteiligten Gebiete aus den drei Ländern Frankreich, Deutschland und Schweiz sein. Die Verlängerung der Tramlinie 14, der Ausbau der Tramgleise im Leimental zur Doppelspur als Voraussetzung für eine höhere Fahrfrequenz, die Verlängerungen der Tramlinien 8 und 3 nach Deutschland beziehungsweise Frankreich, der Autobahnvollanschluss Aesch als Zubringer, neue Velowege und die Verbesserung der Kantonsstrassen seien alles Projekte des Agglomerationsprogramms. Wichtig wird laut Martin Kolb in nächster Zeit auch sein, die Langsamverkehrsrouten genauer zu prüfen – für E-Bikes und weitere Fahrzeuge. Hier seien speziell die Gemeinden gefordert.

Wechselspiel mit Gemeinden
Das Faszinierende am Kanton ist für Martin Kolb das Wechselspiel der zum Teil sehr kleinen 86 Baselbieter Gemeinden mit dem Kanton. Die grossen Baselbieter Gemeinden rings um die Stadt Basel seien sehr aktiv und konfrontierten die Raumplanung laufend mit neuen Ideen, während viele andere Gemeinden im vergangenen Jahrzehnt keine Anliegen äusserten. Deshalb bestehe die Gefahr, dass sich der Kanton zu sehr nur mit den grossen Gemeinden beschäftigt.

Schliesslich ist das Amt für Raumplanung auch für den Lärmschutz zuständig, wo alles zum Thema «Lärm» behandelt wird – vom Strassen- über Bahnlärm bis hin zu Disco-Lärm. Eine weitere Abteilung ist für GIS-Aufgaben für die gesamte Verwaltung verantwortlich. Auch die Denkmalpflege zählt zum Amt für Raumplanung. Es geht oft um die Verträglichkeiten mit einem Ortsbild. Dies beinhaltet oft ein grosses Konfliktpotenzial.

Mehr mit dem Cello üben
Ja, trotz etwas Wehmut über den Abschied vor allem von seinem Team freut sich Martin Kolb sehr auf die neuen Freiheiten, die das Pensionärsleben so mit sich bringt. Er ist verheiratet und Vater zweier junger Erwachsener im Alter von 18 und 23 Jahren. Was macht er nun als Pensionär neben dem Familienleben? Das werde sich erst dann wirklich zeigen, wenn es Ende Monat so weit ist, meint er. Langweilig werde es ihm aber bestimmt nicht. Als Erstes erwähnt er gleich die Musik: Er nimmt Cellostunden und will sich in Zukunft noch mehr Zeit fürs Üben nehmen. Zudem beabsichtigt er, sich bei Pro Natura, wo er Vorstandsmitglied ist, aktiv einzubringen. Er gehört der Organisation schon lange an, hatte aber, um Interessenskonflikte zu vermeiden, seine dortigen Aktivitäten auf Eis gelegt. Im Weitern engagiert sich Kolb beim Basler Bauforum, einem Klub von Planungs- und Bauleuten in der Region Basel, der auch regelmässig Veranstaltungen durchführt.

Schliesslich sammelt er seit fünfzig Jahren Schallplatten, vor allem Rockmusik. Heute wohnt der in Münchenstein Aufgewachsene in der Basler Altstadt, im St.-Alban-Tal. Er hegt die Absicht, sich inskünftig politisch vermehrt zu engagieren – dies als Mitglied der Basler LDP. Auf jeden Fall: Mit ihm ist wohl auf verschiedenen Ebenen noch zu rechnen: «Ich habe ein Umfeld, wo ich mich vielseitig betätigen kann.»

* Heute: Park im Grünen, Münchenstein

«Kanton soll sich mit den Kleinen befassen»

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