Hafner für Historisches im Einsatz
17.09.2020 Sissach
Elmar Gächter
Die Kachelöfen aus dem vorletzten Jahrhundert in ihrem einmaligen Gebäude an der Hauptstrasse 27 bereiten Käthi Eglin schon länger Sorgen. Zwar wärmen sie seit mehr als 150 Jahren Winter für Winter zuverlässig das altehrwürdige Haus, aber ...
Elmar Gächter
Die Kachelöfen aus dem vorletzten Jahrhundert in ihrem einmaligen Gebäude an der Hauptstrasse 27 bereiten Käthi Eglin schon länger Sorgen. Zwar wärmen sie seit mehr als 150 Jahren Winter für Winter zuverlässig das altehrwürdige Haus, aber an den Öfen nagt der Zahn der Zeit. Sanierungsbedürftig wären alle acht an der Zahl, insbesondere aber jene fünf, die in der kalten Jahreszeit die Kultstuben der «Villa 27» in eine angenehme Wärme tauchen. Längst sind einzelne von ihnen zum eigentlichen Blickfang geworden, wenn die Gäste sich an diesem Ort der Begegnung von Käthi Eglin und ihrer Crew beim reichhaltigen Frühstück oder dem währschaften Mittagsmenü verwöhnen lassen. Eine Sanierung der Öfen geht jedoch ins Geld. Auf 90 000 Franken schätzt Hafner Stefan Zemp den entsprechenden Aufwand. «Aus dem Betrieb des Hauses lässt sich dieser Betrag nicht erwirtschaften», hält Käthi Eglin fest. Und so hat sie sich auf die Suche nach Geldgebern gemacht, mit Erfolg.
25 000 Franken hat ihr der Swisslos-Fonds Baselland zugesprochen. Dies ist zwar nur ein Teil der benötigten Mittel, aber immerhin leistet er einen wesentlichen Beitrag, um die drei historisch und kulturell wertvollen Rundöfen – auch Walzenöfen genannt – auf Vordermann zu bringen. «Sie sind ein wichtiges Zeitdokument aus dem vorletzten Jahrhundert», sagt Stefan Zemp, der sich als Hafner seit 30 Jahren mit der Restaurierung von alten Öfen befasst. Sissach bezeichnet er als eigentlichen Hotspot für Rundöfen, die in verschiedenen Villen und Bürgerhäusern anzutreffen gewesen seien. «Sie stammen aus einer Zeit, als die Eisenbahn nach Sissach kam und hier einer der wichtigsten Handelswege von Süden nach Norden durchführte, was solche Entwicklungen förderte.» Ein grosser Rundofen steht auch heute noch im Schloss Ebenrain.
Laut Zemp ist jeder dieser Öfen stilistisch der Architektur des jeweiligen Zimmers angepasst. Formen wie etwa der Zierkranz finden sich auch bei den Stuckaturen an der Decke oder an den Wänden. Als besonders wertvoll bezeichnet er die Kacheln, für die man heute selbst für einen kleineren Ofen über 15 000 Franken auslegen müsste. «Einzelne davon sind zwar nicht mehr brauchbar, aber da die damaligen Hafner vorausschauend waren, finden sich Ersatzkacheln auf dem Estrich», so der Ofenfachmann.
Kieselsteine aus der Ergolz
Fein seziert liegen die Einzelteile des ersten Ofens auf Boden und Tischen. Im Innern des Objekts fallen die Kieselsteine auf, die mit Lehm an die Kacheln geklebt sind. «Früher war die Arbeit billig, das Material jedoch teuer. So ging man in die Ergolz und suchte Kieselsteine, ein günstiges, aber gutes Speichermaterial», erklärt Zemp. Alle Rundöfen sind sogenannte Hinterlader, die von den Hausgängen her angefeuert werden. Für Stefan Zemp ist das Instandstellen alter Öfen eine Herzensangelegenheit. «Die grosse Kunst dabei ist, einen Ofen so neu aufzubauen, dass man ihm ansieht, dass er schon seit 150 Jahren hier steht.» Die Wasserwaage müsse man bei dieser Arbeit auf die Seite legen und krumme Kacheln könne man nicht geradebiegen. Anspruchsvoll sei besonders, die richtige Mischung zu finden.
Mit seiner Arbeit an den drei Rundöfen will er bis zum Beginn der Heizperiode fertig sein. «Dann sollten sie ihren Dienst wieder für 80 bis 100 Jahre problemlos erfüllen können», ist Zemp überzeugt. Dies freut vor allem auch Käthi Eglin: «Die Öfen werden wie neu aussehen und sie geben mir vor allem eine Sicherheit in feuertechnischer Hinsicht.» Sie spricht zudem die verschiedenen Beiträge von Spendern und Sponsoren an – wie die Verantwortlichen des Swisslos-Fonds Baselland – , dass sie der «Villa 27» finanziell unter die Arme greifen. «Schön wäre es, wenn wir auch die Kastenöfen sanieren könnten, insbesondere den alten Herd im Atelier», wünscht sich Eglin nicht nur für sich, sondern für alle Besucherinnen und Besucher des Kulthauses an der Hauptstrasse 27, und spricht damit nicht zuletzt mögliche weitere Sponsoren an.
Interessierte können Hafner Stefan Zemp bei seiner Arbeit an den Rundöfen über die Schulter schauen und ihm in der «Villa 27» an folgenden Tagen von 10 bis 16 Uhr unangemeldet einen Besuch abstatten: heute Donnerstag, 17. September, und morgen Freitag, 18. September, sowie am Donnerstag, 24. September, und Freitag, 25. September. Der Wirtschaftsbetrieb in der «Villa 27» ist an diesen Tagen von 11.30 bis 17.30 Uhr geöffnet.