Glocken dürfen weiterhin bimmeln
15.09.2020 KilchbergGemeindeversammlung korrigiert den Antrag des Gemeinderats
Die Kilchberger widersetzen sich in Sachen Läuteordnung dem Gemeinderat und nehmen das Traktandum vorerst von der Agenda. Traditionen dürften nicht sangund klanglos abgeschafft werden.
Ueli ...
Gemeindeversammlung korrigiert den Antrag des Gemeinderats
Die Kilchberger widersetzen sich in Sachen Läuteordnung dem Gemeinderat und nehmen das Traktandum vorerst von der Agenda. Traditionen dürften nicht sangund klanglos abgeschafft werden.
Ueli Frei
Lediglich vier Punkte standen auf der Traktandenliste der Gemeindeversammlung in Kilchberg vom Donnerstagabend, die wegen der Pandemie ausnahmsweise in der Scheune der Familie Wiesner stattfand. Doch eines der Traktanden lockte dennoch etliche Einwohnerinnen und Einwohner hinter dem Gartengrill hervor: Die Versammlung hatte einen Beschluss über den «weltlichen Teil der Läuteordnung» zu fassen.
Dahinter versteckte sich der Antrag des Gemeinderats, auf die viertelstündlichen Glockenschläge während der Nachtruhe zu verzichten. Auch das Geläut um 7 Uhr morgens sollte von vier auf zwei Minuten verkürzt werden. Auslöser der Geschichte ist ein technischer Defekt, der im Mai 2019 das Geläut der Kirche St. Martin lahmlegte (die «Volksstimme» berichtete).
Dies «zur Freude einer grossen Mehrheit der Anwohner», wie in der Einladung zur Gemeindeversammlung zu lesen war. Die Idee, während der Nacht auf den viertelstündlichen Glockenschlag zu verzichten, werde auch von der Kirchenpflege unterstützt. Doch schon im Vorfeld der Versammlung rumorte es. In den Leserbriefspalten der «Volksstimme» und in den sozialen Medien äusserte ein Heimweh-Kilchberger seinen Unmut über das Vorgehen des Gemeinderats.
Wer hat das Sagen?
Während 25 Jahren habe er tagein, tagaus mit dem Glockenschlag gelebt und dabei keinen Schaden genommen. Von der vermeintlich grossen Mehrheit war am Donnerstag nichts zu spüren. Viel mehr ärgerte sich eine grosse Mehrheit über die Verzögerungstaktik der Kirchgemeinde. Das Geläut sei eine Tradition, auf die man nicht verzichten wolle. Die Debatte begann deshalb schon bei der Besprechung der Traktandenliste.
Zuständig sei nicht Kilchberg allein, sondern auch die zur Kirchgemeinde gehörenden Nachbardörfer, hielt ein Bürger fest. Der Gemeinderat müsse deshalb das Geschäft mit Rünenberg und Zeglingen abstimmen, so sein Antrag. Die Nachbargemeinden bezahlen aufgrund ihrer Einwohnerzahl deutlich mehr an die Kirchgemeinde als Kilchberg. Ein übereilter Entschluss provoziere daher Beschwerden, doppelte ein weiterer Votant nach.
«Das weltliche Geläut ist Sache der Standortgemeinde», hielt Gemeindepräsident Marcel Aeschbacher dagegen, liess jedoch über den Rückweisungsantrag abstimmen. Deutlich, mit 23 zu null Stimmen bei sieben Enthaltungen beauftragte der Souverän den Gemeinderat, das Geschäft fundiert und in Absprache mit den Nachbargemeinden vorzubereiten.
Sorgen um die Finanzen
Die Rechnung pro 2019 wies ein Defizit von gut 132 000 Franken aus. Es fiel damit doppelt so hoch aus wie im Budget vorgesehen. Mehrausgaben bei der Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde Kesb sowie deutlich niedrigere Steuereinnahmen wurden als Gründe identifiziert. «Die Entwicklung unserer Finanzen bereitet uns Sorgen», hielt die Rechnungsprüfungskommission in ihrem Bericht fest.
Nicht nur stagnierende bis sinkende Steuereinnahmen, auch der für 2021 tiefer angesetzte Finanzausgleich des Kantons schränke den Spielraum der Gemeinde zusehends ein. Der Bürgergemeinde bereitet der Zustand des Waldes Sorgen. Die Trockenheit setzte den Bäumen auch dieses Jahr zu. Insbesondere rund um den Grillplatz im «Chilchstüdeli» könne der Förster die Gefahr von fallenden Ästen nicht mehr verantworten. Nur ein Kahlschlag werde die Situation entschärfen. Weiteres Ungemach droht vom Kanton: «Die Baulandreserven von Kilchberg sind viel zu gross», stellte der Gemeindepräsident unter «Verschiedenes» fest. Es werde zu Auszonungen kommen, ist Aeschbacher überzeugt. Einzige realistische Chance, den Schaden zu beschränken, sei der rasche Verkauf von Bauplätzen.