Die Freiheit in der Unabhängigkeit
17.09.2020 SissachDas kämpferische Leben und Schaffen von Beat Breitenstein
Der 66-jährige Künstler Beat Breitenstein ist in Sissach geboren und aufgewachsen. Lange arbeitete er als Modedesigner. Mittlerweile lebt er im Berner Seeland, ist Vollzeit-Künstler und bearbeitet in seinem ...
Das kämpferische Leben und Schaffen von Beat Breitenstein
Der 66-jährige Künstler Beat Breitenstein ist in Sissach geboren und aufgewachsen. Lange arbeitete er als Modedesigner. Mittlerweile lebt er im Berner Seeland, ist Vollzeit-Künstler und bearbeitet in seinem Atelier ausschliesslich Eichenholz.
Lara Uebelhart
Beat Breitenstein hat seine Wurzeln zwar in Sissach, heute ist er jedoch kaum mehr im Oberbaselbiet unterwegs. Er lebt und arbeitet seit 27 Jahren in Ins im Berner Seeland, seit ihn ein Job als Projektleiter im Schlösschen Ins dorthin verschlug.
Schon früh spürte der Künstler einen Drang wegzugehen. So verliess er beispielsweise die Schweiz nach der Schulzeit ziemlich rasch, um sich in Norwegen niederzulassen. Er lasse sich nicht gerne einschränken. Schon in der Schule sei er damals immer mal wieder ausgerissen, wenn jemand versucht habe, ihn einzugrenzen, erzählt Breitenstein. Geprägt wurde er dabei stark von seinem zehn Jahre älteren Bruder, der ebenfalls nach Norwegen ausgewandert war.
Fünf Jahre war Breitenstein in Skandinavien. Zu Beginn arbeitete er als Au-pair, wobei er kochte und sich um die Kinder kümmerte. Die Gastfamilie habe eine alte Nähmaschine besessen. Dies sei der erste ausschlaggebende Punkt gewesen, der ihn schliesslich zu seiner Ausbildung zum Modedesigner geführt habe. Der zweite Punkt sei ein Zusammentreffen mit einem italienischen Schneider vor dessen Nähatelier gewesen. Dieser habe ihm das Handwerk nähergebracht und die Möglichkeit gegeben, jeweils abends bei ihm zu arbeiten.
«Ich war überrascht, wie schnell ich es konnte. Das waren wahrscheinlich die Instinkte meiner Mutter», sagt Breitenstein. Seine Mutter war Schneiderin und habe ihm bis ins zwölfte Lebensjahr die Kleider selber genäht –, was der Künstler viele Jahre später dann auch beim eigenen Sohn weiterführte. Fortan hatte es Breitenstein gepackt. Er wollte die Ausbildung zum Modedesigner in Angriff nehmen. Kein einfacher Weg. «Es war ein rechter Kampf. Aber der musste sein», erinnert sich Breitenstein. Und er schaffte es. Ein halbes Jahr nach seiner Ausbildung zog es den Modedesigner für einen Job dann wieder in die Schweiz, diesmal in den Jura. Dort blieb er 14 Jahre lang.
Ein grosses Plus bei dieser Arbeit war für ihn die freie Gestaltung seiner Arbeitszeit. Freiheit und Unabhängigkeit sind für Breitenstein ganz wichtige Bestandteile seines Lebens. Der 66-Jährige erklärt: «Dass man überall in der Welt herumreisen kann, hat nichts mit Freiheit zu tun. Freiheit ist bei dir selber.» Ein Grundsatz, der sich durch das Leben des Künstlers zieht. Auch als Modedesigner sei er sehr frei gewesen, wie er sich die Zeit einteilen wollte. Schon immer sei es ihm wichtig gewesen, das zu machen, was er selber wirklich will. Breitenstein sagt bestimmt: «Auf eine gewisse Art muss ich mich im Leben kämpferisch fühlen. Es darf nicht zu einfach sein.»
Seit 26 Jahren lebt Breitenstein nun nur noch von der Kunst, wobei er seit einem Jahr pensioniert ist. Die Pension bedeutet für den Künstler aber nicht das Ende seines Schaffens.
Die Arbeit mit der Eiche
Seine Kunst bezeichnet Breitenstein als «sehr konkret abstrakt». Er arbeite stark mit dem natürlichen Prozess der Eiche, mit der Gerbsäure. Mithilfe von Oxidation entstehen die unterschiedlichsten Farben in seinen Werken. Dabei spiele es beispielsweise eine Rolle, auf welchem Untergrund der Baum gewachsen sei: «Jeder Stamm ist anders, genau wie wir Menschen. Es haben nie zwei denselben Ausdruck.»
Seine Kunst sei immer ein Experimentieren. Die einzige Konstante: Eichenholz, bearbeitet mit der Motorsäge. Die Arbeit mit Holz kommt übrigens nicht von ungefähr, sondern zieht sich durch die Familie. Breitensteins Vater war Möbelschreiner in Sissach, der grosse Bruder Architekt und der eigene Sohn ist Zimmermann.
Die Inspiration für seine Werke findet Breitenstein in der Natur. Er sei oft im Wald anzutreffen, oft mitten drin und nicht auf einem Weg. «Ich laufe nicht einfach durch den Wald. Ich nehme ihn wahr», so Breitenstein. Oft kämen ihm die Ideen auch, bevor er ins Bett geht. Die besondere Lage mit Covid-19 habe den Künstler nicht gross getroffen, sie sei für sein Schaffen eher förderlich. «Ich habe so intensiv gearbeitet wie noch nie», sagt er. Bloss die Ungewissheit, ob die Ausstellungen stattfinden können, sei für ihn schwierig gewesen.
Wer sich die Kunst von Beat Breitenstein nicht entgehen lassen möchte, hat Glück. Aktuell ist bis 11. Oktober im Kunsthaus Zofingen die Ausstellung «Baumfänger» zu sehen, wo er mit drei anderen Kunstschaffenden seine Werke präsentiert. An der Finissage findet eine Eichenpflanzung statt, die im Rahmen eines Generationenprojekts von Breitenstein selber durchgeführt wird. Am 24. September wird ein Forum geboten, an dem es die Möglichkeit gibt, sich mit dem Künstler auszutauschen. Für einen tieferen Einblick in das Schaffen von Beat Breitenstein kann am 26. und 27. September sein offenes Atelier mitsamt Ausstellung in Ins besucht werden.