Das richtige Futter für Nager
17.09.2020 RatgeberTier | Zahnprobleme bei kleinen Kaninchen, Meerschweinchen und Co.
Kaninchen und Meerschweinchen leiden oft unter Zahnproblemen. Was kann man als Tierhalter dagegen tun? Die artgerechte Nahrung kann entscheidend sein.
Dr. Martin ...
Tier | Zahnprobleme bei kleinen Kaninchen, Meerschweinchen und Co.
Kaninchen und Meerschweinchen leiden oft unter Zahnproblemen. Was kann man als Tierhalter dagegen tun? Die artgerechte Nahrung kann entscheidend sein.
Dr. Martin Jenny
Zahnerkrankungen gehören zu den wichtigsten Vorstellungsgründen von Kaninchen und Meerschweinchen in unserer Kleintierpraxis. Statistisch kommen Zahnprobleme bei 14 Prozent der Kaninchen und bei 12 Prozent der Meerschweinchen vor. Die häufigsten Befunde sind Zahnanomalien, Appetitlosigkeit, Umfangsvermehrung am Unterkiefer, ein- oder beidseitiger, bei Kaninchen oft eitriger Augenausfluss, schlechter Mundgeruch, vermehrtes Speicheln. Und was den Besitzern oft als Erstes auffällt: ein Gewichtsverlust. Die artgerechte Haltung von Meerschweinchen und Kaninchen in grossen Freilaufgehegen macht das Erkennen von Zahnproblemen zudem schwieriger. Wird bei einem Tier eines der oben genannten Symptome festgestellt, sollte der Tierarzt aufgesucht werden.
Das Zahnwachstum ist bei Nagetieren unregelmässig. Die Zähne wachsen im Unterkiefer schneller als im Oberkiefer, die Schneidezähne wachsen schneller als die Backenzähne. Das Zahnwachstum aller Zähne ist dabei nicht konstant. Das Wachstum wird dem Abrieb angepasst. Bei vermehrtem Abrieb haben die Zähne deshalb auch ein schnelleres Wachstum.
Der Abrieb der Zähne wird beeinflusst durch den Rohfasergehalt und die Struktur des Futters, die physiologische Kaubewegung beim Fressen und die Zahnstellung. Die physiologische Kaubewegung bei Nagern ist kreisend und sichert damit den gleichmässigen Abrieb aller Zähne. Pellets und Körner werden nur zerdrückt und nicht richtig zermahlen und brauchen daher die Zähne weniger ab. Die Heuqualität spielt dabei auch eine entscheidende Rolle. Emd (getrocknetes Gras nach dem 1. Schnitt) enthält im Gegensatz zum Heu mehr Kräuter und ist etwas kürzer. Wegen seines hohen Eiweissgehalts und tieferen Rohfaseranteils ist es für Nagerfütterung eigentlich nur zweite Wahl.
Auch wenn ein Nager gar nicht viel kauen muss, weil er Futter bekommt, das energiereicher als Grünes ist, wachsen die Zähne. Füttern wir also Nahrung, die schneller satt macht als das von der Natur vorgesehene Futter, kauen Kaninchen und Meerschweinchen weniger und die Zähne werden zu lang. Etwas «Hartes» wie trockenes Brot fördert den Zahnabrieb nicht. Das Einzige, was so hart ist, dass es einen Zahn abreiben kann, ist ein anderer Zahn. Dieser Abrieb, Zahn auf Zahn, passiert beim ganz normalen Mahlen von Rohfasern.
Spezialisiertes Gebiss
Das Gebiss von Kaninchen und Meerschweinchen ist eines der am besten spezialisierten Gebisse im Tierreich. Die Form der Zähne sowie der Aufbau von Zahn und Zahnwurzel sind hochspezialisiert auf das Zermahlen von weicher, frischer, blättriger Nahrung. Bekommen diese Tiere Futter, dessen Struktur nicht zu ihrem hochspezialisierten Gebiss passt und das nicht mit den physiologischen Mahlbewegungen zerkleinert werden kann, dann werden Zähne und Zahnwurzeln falsch belastet, was wiederum zu schwerwiegenden Zahnproblemen führen kann.
Falsche Fütterung ist daher die Ursache für die meisten Zahnprobleme bei Kaninchen und Meerschweinchen. «Fehlstellungen» sind fast nie angeboren, sondern entstehen durch zu schlechte Zahnabnutzung oder Fehlbelastungen.
Die Kleintierpraxis GmbH, Dr. Martin Jenny, Margarethenstrasse 25, Sissach, 061 971 50 50