Mit neuem Team und alter Klasse
28.07.2020 SportDaniel Hofstetter
Die motorsportlose Zeit hat mit dem Grossen Preis von Österreich der Formel 1 Anfang Juli ein Ende gefunden. Knapp einen Monat später werden auch im ADAC GT Masters mit dem Liestaler Piloten Jeffrey Schmidt wieder Rennen gefahren. Er wird die Saison mit ...
Daniel Hofstetter
Die motorsportlose Zeit hat mit dem Grossen Preis von Österreich der Formel 1 Anfang Juli ein Ende gefunden. Knapp einen Monat später werden auch im ADAC GT Masters mit dem Liestaler Piloten Jeffrey Schmidt wieder Rennen gefahren. Er wird die Saison mit einem neuen Team und einem neuen Auto in Angriff nehmen. Statt wie bis anhin in einem Audi R8 LMS für das Team BWT Mücke Motorsport tritt er 2020 in einer Corvette C7 GT3-R für Callaway Competition an.
Mit dem Wechsel hofft Schmidt, den eigenen hohen Erwartungen gerecht zu werden. Denn in der vergangenen Saison lief es ihm nicht wie gewünscht. Zwar schafften er und Teamkollege Christopher Haase gleich im ersten Rennen einen Podestplatz. Es sollte aber das einzige Erfolgserlebnis bleiben. «Die Erwartungen waren sehr hoch. Diese konnten wir leider nie erfüllen. Wir waren über das Jahr hinweg zu langsam», blickt der 26-Jährige zurück.
Das Positive an der ganzen Sache ist, dass die Ursache eher bei der Technik als bei den Fahrern zu suchen ist. Sowohl Schmidt als auch Haase waren «beide konstant gleich langsam. Daher lag es wohl eher am Auto». Mit seiner persönlichen Leistung durfte Schmidt durchaus zufrieden sein. «Ich war immer auf Augenhöhe mit meinem Teamkollegen, einem der weltbesten GT3-Fahrer. Ich konnte deshalb trotzdem Werbung in eigener Sache machen. Doch am Ende des Jahres will man als Rennfahrer natürlich ganz oben auf dem Podium stehen.» Aufgrund der unbefriedigenden Resultate und weil das Auto schlichtweg nicht konkurrenzfähig war, zeichnete sich ein Teamwechsel ab. «Wunsch und Realität lagen zu weit auseinander», erklärt Schmidt. Angebote hatte er einige. Zentral für den Oberbaselbieter war, dass «das Gesamtpaket» stimmig ist. Er entschied sich schliesslich für Callaway Competition, einen deutschen Rennstall mit Sitz in Leingarten.
Callaway Competition ist seit Bestehen des ADAC GT Masters 2007 ein fester Bestandteil des Teilnehmerfelds. Der Rennstall feierte 33 Siege sowie 2 Titel in der Fahrer- und Teamwertung. Es ist kurzum «eines der erfolgreichsten Teams», wie es Schmidt ausdrückt. Die Zusammenarbeit wurde im Februar besiegelt. Die Tests mit dem neuen Auto sollten im März folgen. Die Saison wiederum hätte im April mit zwei Rennen in Oschersleben begonnen. Bis das Coronavirus alle Pläne zunichte machte.
An Fitness und Auto gearbeitet
An Testfahren oder gar Rennen war nicht zu denken. Sämtliche Strecken blieben geschlossen. Als Folge mussten sich die Fahrer anderweitig beschäftigen. Zum einen konnten sie selbstverständlich an ihrer Fitness arbeiten. Darüber hinaus war es möglich, sich mit den Ingenieuren über das Auto auszutauschen oder die Daten des vergangenen Jahres zu analysieren. Dies sind aber keine Aktivitäten, die einen professionellen Fahrer über Monate hinweg beschäftigen.
Hier kommt Schmidt entgegen, dass er im Gegensatz zu vielen seiner Mitstreiter als Unternehmer ein zweites Standbein aufgebaut hat. Ausschliesslich Rennen zu fahren, kam für ihn nicht infrage, weil «ich es mag, wenn die Tage bis spät abends ausgelastet sind». Zusammen mit einem Studienkollegen lancierte er eine eigene Kosmetikmarke und gründete im Jahr 2017 ein Unternehmen, um diese auf den Markt zu bringen. «Etwas auf die Beine zu stellen, es wachsen zu lassen, ist ein anstrengender, aber spannender Prozess.»
Selbstredend traf die Pandemie auch Schmidts Unternehmung mit voller Härte. «Uns wurde der Wind aus den Segeln genommen, weil die Läden, die unsere Produkte verkaufen, weltweit schliessen mussten», sagt Schmidt. Es komme jedoch immer darauf an, was man aus der Situation mache, so der Geschäftsführer. Und ergänzt: «Es ist wie im Sport. Wenn man vor einer Herausforderung steht, muss man diese schnellstmöglich bewältigen. Mit Aufgeben kommt man nicht weiter.»
Eigenes Desinfektionsgel
Das Team um Schmidt entwickelte in der Coronazeit ein eigenes Desinfektionsgel. «Es ist sehr hochwertig und hautschonend. Damit konnten wir einigen Menschen helfen», sagt Schmidt. Viele der gängigen Produkte seien im Gegensatz dazu sehr hautschädlich. «Uns half es, die Krise zu überstehen. Eine Win-win-Situation für alle.»
Die Verantwortlichen des ADAC GT Masters blieben ebenfalls nicht untätig. Sie erarbeiteten ein Schutzkonzept, das von den deutschen Bundesländern abgesegnet wurde. «Da hat die Meisterschaft einen guten Job gemacht, wie der gesamte Motorsport», unterstreicht Schmidt. Mittlerweile ist er wieder auf die Rennstrecke zurückgekehrt. Zum einen sei er «um nicht einzurosten» Rennkart gefahren. Im Juni fanden schliesslich die Tests mit dem Team im neuen Auto statt.
An der Saisonvorbereitung an sich hat sich praktisch nichts geändert. «Die Vorgehensweise ist gleich wie ohne Corona. Wir mussten einfach extrem lange warten», sagt Schmidt. Keine Abstriche gab es auch bei der bis November dauernden Saison. Nach wie vor sind sieben Wochenenden mit je zwei Rennen vorgesehen. Was bei den ersten Rennen sicher fehlen wird, sind die Zuschauer. Man sei zwar zuversichtlich, dass im Verlauf der Saison Fans im grösseren Umfang zugelassen werden. Aufgrund der extrem unsicheren Situation sind verbindliche Aussagen jedoch schwierig.
Hoffnung auf Top 3
Die Serie ist äusserst beliebt. Rund eine halbe Million Zuschauer verfolgen die Rennen an den Bildschirmen. Daneben sind je nach Strecke bis zu 50 000 vor Ort zugegen. Gleichwohl nimmt eine Fahrerin oder ein Fahrer sie während des Rennens nicht wahr. Dafür sei man schlichtweg «zu fokussiert», wie Schmidt bestätigt. Vermissen wird er sie hingegen «beim ganzen Drumherum. Man sieht sie während der Startaufstellung oder der Auslaufrunde. Es ist schön, wenn man bejubelt wird. Das wird sicher fehlen.»
Vielleicht werden die Fans auch einen Sieg Schmidts beklatschen dürfen. Es wäre sein erster seit dem 28. April 2018, als er im tschechischen Most zuoberst auf dem Podest stand. Jedenfalls rechnet er sich nach seinem Teamwechsel und dem Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit durchaus etwas aus. «Ich hoffe, wir sind Ende Saison in den Top-3, können vielleicht sogar ein Wörtchen um den Meistertitel mitreden», so Schmidt.
Allerdings ist er nicht der einzige, wie er gleich anfügt. Denn «da rechnen sich noch einige etwas aus. Das Niveau ist extrem hoch. Es ist die härteste GT-Meisterschaft der Welt. Es gibt sicher 15 Autos, die gewinnen können. Das ist unglaublich.»