Ein Familienleben für den Motorsport
31.07.2020 SportMotocross | Bei den Sobischs dreht sich alles um die kleinen Raser
Als Ben Sobisch als kleines Kind zum ersten Mal ein Motocross-Rennen sah, war es um ihn geschen. Seither sind er und seine Schwester Adina dem Motorsport verfallen – und die Familie tut alles, um den ...
Motocross | Bei den Sobischs dreht sich alles um die kleinen Raser
Als Ben Sobisch als kleines Kind zum ersten Mal ein Motocross-Rennen sah, war es um ihn geschen. Seither sind er und seine Schwester Adina dem Motorsport verfallen – und die Familie tut alles, um den Kindern ihr Hobby zu ermöglichen.
Sebastian Wirz
Rückblickend ist alles diesem einen Tag vor fünf Jahren geschuldet. Seither ist bei Familie Sobisch nichts mehr, wie es einmal war. Dabei war es kein Schicksalsschlag, der das Leben der Familie aus Lausen verändert hat. Es war der Moment, als Sohn Ben ins Wohnzimmer lief, während sich sein Vater im Fernsehen ein Motocross-Rennen ansah.
Drei Jahre war Ben damals alt, als er sagte: «Das will ich auch machen.» «Natürlich dachten wir, dass diese Phase bald vorbei sein würde», sagt Mirco Sobisch. Doch nach einem Jahr konstanten «Stürmens» konnte sich der Vater vorstellen, seinen Sohn tatsächlich bald einmal auf einen kleinen Töff zu setzen. «Bei meiner Mutter brauchte es noch ein Jahr länger», sagt Ben und lächelt verschmitzt.
Mirco Sobisch informierte sich, und zwei Jahre nach der folgenschweren Fernsehübertragung war es soweit: Ben Sobisch sass mit fünf Jahren zum ersten Mal auf einem motorisierten Untersatz. Die leise Hoffnung der Eltern, der Sohn würde es vielleicht doch nicht so toll finden, wurde enttäuscht. Vielmehr wurde die familiäre Sehnsucht nach dem «Motocrossen» verdoppelt: Das Fieber sprang von Ben auf die gut zwei Jahre ältere Schwester Adina über. Spätestens seit diesem Zeitpunkt prägt das Hobby den Familienalltag.
Mirco Sobisch und seine Frau Claudia sind sportlich mehr als nur interessiert. Seine Welt als Aktiver war Eishockey, als Zuschauer interessiert er sich sehr für American Football. Das Verlangen nach Tempo könnten die Kinder von ihrer Mutter haben, die als Radrennfahrerin unterwegs war. Aber Motorsport? «Wir haben damit eigentlich nichts am Hut», sagt Mirco, «erst durch die Kinder sind wir dazu gekommen.» Es war ein Schritt, der bis heute grossen Aufwand bedeutet.
Während junge Fussballer, Eishockeyaner oder Turner ihren Sport in einem Verein ausprobieren können, gefördert und beschäftigt werden, funktioniert im Motorsport alles in Eigenregie. Die Familie ist das Team. Zwar gehören Ben und Adina mittlerweile dem Schweizerischen Jugend-Motocross-Club (SJMCC) an, doch die grösste Arbeit bleibt bei Sobischs. Trainings wollen organisiert, Rennteilnahmen angemeldet werden. In der Region gibt es keine Strecken. Da die Trainings immer eine lange Anreise in die Ostschweiz, nach Frankreich, Deutschland oder Italien bedeuten und das Haus wie die dazugehörigen Tiere stets verlassen werden müssen, gehören zum «Team Sobisch» deutlich mehr als die beiden Kinder und deren Eltern. «Die besten Grosseltern, die man haben kann, leben gleich nebenan. Die kümmern sich zu Hause um alles, wenn wir weg sind», sagt Mirco Sobisch.
Werkstatt-Bus und Wohnwagen
Doch das reicht noch nicht. Seit die Kinder dem Motocross fröhnen, haben sich Sobischs mehrere Töffs zugelegt, ein Bus als Werkstatt und für den Transport musste her – und ein Wohnwagen, in dem die Familie an der Rennstrecke die Zeit verbringt. «Wir haben uns so oder so überlegt, einen Wohnwagen zu kaufen. Das hat die Entscheidung nur beschleunigt», sagt Vater Mirco. Aber Campen ohne Bezug zum Motocross? Das haben Sobischs noch nie erlebt. «Die Motocross-Comunity ist wie eine eigene grosse Familie. Die Kinder duellieren sich auf der Strecke. Dann stellen sie den Töff ab, setzen sich auf die Velos und gehen gemeinsam spielen. Es ist schön, wie sie in diesem Alter lernen, wann Konkurrenz angesagt ist und wann nicht», sagt Mirco Sobisch. Die Eltern sässen derweil gemeinsam vor dem Wohnwagen am Grill und essen zu Abend.
Der «Materialpark» der Sobischs lässt es erahnen: Motocross ist nicht billig. Zusätzliche Ferien im Familienverbund liegen nicht drin, und «die Kinder mussten lernen, dass es an Weihnachten und zum Geburtstag nun einmal stets etwas für den Töff gibt», sagt der Vater. Der Eis- und Bademeister erledigt die Reparaturen, ein Götti sponsert das eine, eine Gotte das andere. Einmal geht es um Pneus, einmal um Schutzkleidung, einmal ums Bedrucken des Busses. Und als die Kinder an einem Rennen Platz eins und zwei belegten, hing zu Hause schon das Gratulationsplakat an der Tür. Familie, Freunde, Nachbarn – sie alle gehören zum «Team Sobisch».
Nach jedem Training und jedem Rennen ist Mirco Sobisch froh, wenn seine Kinder unverletzt vom Töff steigen. Der heute 8-jährige Ben kam auf seiner 50-cm³-Maschine bisher mit ein paar Schrammen oder Prellungen davon, die 10-jährige Adina traf es schon beim allerersten Rennen härter: doppelter Armbruch. Aktuell kuriert sie eine Knieverletzung aus – das 65-cm3-Gefährt fiel nach dem Stillstand am Hang auf ihr Bein. Und doch will die ehemalige Kunstturnerin nichts anderes als zurück auf den Töff. Mirco und Claudia Sobisch haben sich schon oft gefragt, ob Motocross nicht zu gefährlich ist für ihre Kinder. «Aber wenn man dann ihre Augen sieht, wenn sie auf dem Motocross-Töff sitzen», sagt Mirco Sobisch, «dann merkt man, wie sehr sie das wollen. Und dann tut man als Eltern alles dafür, damit sie das erleben können.»