Mit einem Zwinkern in den Ruhestand
05.05.2020 SportSchiessen | Paul Salathe hat den Schiesssportverband geprägt
Der 68-jährige Baselbieter Paul Salathe hat für den Schweizer Schiesssportverband viel Geld verteilt und viel Werbung gemacht. Grund genug für den Verband, den Seltisberger zum Ehrenmitglied zu ...
Schiessen | Paul Salathe hat den Schiesssportverband geprägt
Der 68-jährige Baselbieter Paul Salathe hat für den Schweizer Schiesssportverband viel Geld verteilt und viel Werbung gemacht. Grund genug für den Verband, den Seltisberger zum Ehrenmitglied zu ernennen.
Michael Schenk
Geboren und aufgewachsen ist Paul Salathe in Seltisberg – einer 1300-Seelen-Gemeinde im Kanton Baselland. Bis heute ist der Vater einer Tochter und eines Sohnes Präsident der örtlichen Feldschützen – einem reinen 300-Meter-Verein. Seltisberg ist die Gemeinde, in der René Rhinow, Alt-Ständerat (FDP) und ehemaliger Präsident des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK), Ehrenbürger ist. Ehrenbürger von Seltisberg wird Paul Salathe jetzt nicht gerade – aber er wird als neues Ehrenmitglied des Schweizer Schiesssportverbandes (SSV) vorgeschlagen. «Ich freue mich sehr über diese Ehre und Wertschätzung», sagt Salathe.
Mehr als verdient hat sich der 68-Jährige diese Anerkennung für seinen engagierten Einsatz und seine Verdienste rund um das helvetische Schiesswesen. Schon bald nachdem der junge Leichtathlet aus dem lokalen Turnverein den Jungschützenkurs besucht hatte, fiel Paul Salathe im Kanton auf. «Das ist halt so, wenn man hie und da etwas trifft», gibt sich der Konstrukteur, der früher zum Beispiel Filteranlagen für den Chemiebau entwickelt hat, betont bescheiden.
Mit dem Enkel im Schiessstand
Später liess sich der Baselbieter zum Instruktor ausbilden. Noch heute gibt er auf kantonaler Ebene als Trainer ambitionierter 300-Meter-Schützen sein Wissen weiter. Beendet ist dagegen seine Tätigkeit für den SSV, die 2001 begonnen hat. Jahrelang rechnete er so manchen Abend lang die Nachwuchskurse der Vereine ab und überwies den Gesellschaften die ihnen zustehenden Entschädigungen des Verbands.
Nachdem die Schützen Teil der J+S-Familie geworden waren, liess sich Salathe als «Jugend und Sport»-Verbandscoach ausbilden. Wer fortan online beim Abrechnen seiner Kurse ein Blackout hatte oder sonst IT-technisch überfordert war, konnte den Hobbymusiker kontaktieren und ihn um Rat fragen. «Da gab es schon den einen oder anderen Hilferuf», erinnert sich der zweifache Grossvater.
Sein 14-jähriger Enkel ist Mitglied der Feldschützen Seltisberg. «Ich freue mich darauf, im Sommer mit ihm am ‹Eidgenössischen› in Luzern mitzumachen», sagte Salathe noch vor Kurzem. Wegen des Coronavirus fällt das nun ins Wasser. Ganz bestimmt hätten der Enkel und sein Grossvater, der 1969 in Thun als Jungschütze sein ESF-Debüt feierte, in Luzern den Zwinky-Stich geschossen.
«Zwinky» bleibt
«Zwinky» ist neben seiner Tochter und seinem Sohn sozusagen das dritte Kind von Paul Salathe. Das Projekt wurde seinerzeit von der früheren SSV-Präsidentin Dora Andres initiiert. Ziel der Übung: Den Mitgliederrückgang stoppen respektive neue Mitglieder gewinnen. Mit «Zwinky» will man die Vereine animieren, Events für die Bevölkerung zu organisieren, und ihnen dabei mit Werbematerial, Give-aways, Tipps und Ideen zur Seite stehen. «Die Leute kommen nicht zu uns in den Schiessstand und sagen: ‹Wir wollen Vereinsmitglied werden›», sagt Salathe. «Darum müssen wir zu den Leuten.»
Als ehemaliger Leichtathlet nennt er als Beispiel den Stabhochsprung-Wettkampf, der jeweils am Tag vor «Weltklasse Zürich» im Bahnhof stattfindet. «Zwinky» hat viele Vereine motiviert – und tut es auch weiterhin –, am Dorffest ein Volksschiessen durchzuführen oder ein «Chilbischiessen» oder einen Tag der offenen Tür und so weiter. Den Ideen sind keine Grenzen gesetzt. Die besten drei Anlässe werden jeweils am Vorabend der Delegiertenversammlung des SSV ausgezeichnet und mit einem feinen Nachtessen und Gutscheinen honoriert.
«Damit wollen wir besonderes Engagement belohnen und fördern», sagt Salathe. 50 bis 60 Events, schätzt er, würden so jährlich auf die Beine gestellt. «Viele Organisatoren melden sich gar nicht bei uns, um allenfalls ausgezeichnet zu werden.» Allein, das macht ja nichts – Hauptsache, die Vereine sind und bleiben diesbezüglich aktiv. Noch ist der Turnaround beim Stoppen des Mitgliederschwunds nicht geschafft. Freilich ist das auch ein extrem ambitioniertes Ziel, mit dem viele Vereine und Verbände zu kämpfen haben.
«‹Zwinky› war schon sehr intensiv und zeitlich nahrhaft», hält Paul Salathe fest. Allein, missen möchte er gar nichts. «Es war eine grossartige Erfahrung, nur schon wegen all der tollen Leute, mit denen ich zusammengekommen bin und zusammenarbeiten durfte.»
Einmal im Jahr treten die Projektverantwortlichen von «Zwinky», sprich der SSV selber, mit einem Publikumsschiessen an einer Veranstaltung oder einem Event auf, um Werbung in eigener Sache zu machen. Das war zum Beispiel beim Unspunnenschwinget 2017 oder dem Eidgenössischen Turnfest in Aarau 2019 der Fall.
Immer wieder Polka
Just vergangenes Jahr am Turnfest in Aarau, als es richtig heiss wurde, war sich der Projektverantwortliche nicht zu schade, um selbst ein Palett Wasser für seine rund 30 Helfer, die täglich im Schweisse ihres Angesichts im Einsatz standen, heranzuschleppen. «Die Leute standen zum Teil bis zu einer halben Stunde an, um auf einer der zehn respektive zwölf Scheiben zu schiessen», erinnert sich Salathe an die beiden genannten Events. «Das war super.» Wie viele davon seither Mitglied eines Schützenvereins sind, ist schwer nachzumessen.
Und was kommt jetzt, Paul Salathe? Nach der SSV-Karriere? Vielleicht die vierte Kanada-Reise? «Könnte ich mir gut vorstellen», so der Baselbieter. Die Weite des Landes mit seiner imponierenden Natur fasziniert ihn sehr. «Langweilig wird es mir gewiss nicht.» Mit seinen sechs Kollegen vom Brass-Ensemble 6+ tritt der Schützenkamerad regelmässig an Festen und Matinees auf. «Unsere Spezialität ist böhmisch-mährische Blasmusik», so Salathe.Wer also lupfig-rassigen Polka-Sound mag, kann sich bei «6+», sprich Trompeter Paul Salathe, melden. «Ja, das ginge schon – ein paar freie Termine hätten wir noch», sagt das neue Ehrenmitglied des SSV und lacht.