Elmar Gächter

Willi Weitnauer ist auf gewisse Ausflügler nicht gut zu sprechen. Der Landwirt vom Hof Bärenacker in Oltingen bewirtschaftet im Gebiet Schafmatt mehrere Hektaren Land, davon einen Teil als Ökofläche. Ausgerechnet auf diesem Stück Erde reizt es gewisse Natursuchende, ihre Autos abzustellen und sich unter dem einen und anderen Baum niederzulassen. Und selbst im wachsenden Frühlingsgras scheuen sich die Leute nicht, ihr Zelt aufzustellen. «Ich habe viele von ihnen direkt angesprochen und als Antwort immer wieder die Begründung erhalten, man habe es nicht gewusst, dass man dies nicht tun dürfe», sagt Weitnauer. Immerhin hätten sich alle entschuldigt und niemand sei ausfällig geworden.

So wie Weitnauer geht es in diesen Frühlingstagen manch anderen Landwirten. So hat Jeanette Gosteli aus Zeglingen in ihrem Leserbrief in der «Volksstimme» vom 23. April eindrücklich geschildert, wie immer mehr Leute querfeldein unterwegs sind, ohne Rücksicht durch Grasland marschieren oder ihre Decke unter einem Schatten spendenden Baum ausbreiten und ihren Abfall gedankenlos liegen lassen. Ähnliches schildert Stefanie Spycher-Gass aus Oltingen, wenn sie von jenen Wanderern berichtet, die mitten durch den bereits mehr als 10 cm hohen Urdinkel laufen, um den Weg abzukürzen. Lukas Kilcher, Leiter des Ebenrain-Zentrums für Landwirtschaft, Natur und Ernährung, ist sich der Problematik bewusst. Er habe schon viele Anrufe besorgter Landwirte erhalten. «Kürzlich hat mir ein Bauer aus Brislach berichtet, dass Fussgänger mitten durch seine Felder gelaufen sind und ihrem Picknick gefrönt haben. Als er sie aufklären wollte, dass ihr Verhalten den Kulturen schadet, hätten sie sich aggressiv verhalten.» Dies zeigt, dass sich solche Vorfälle längst nicht nur in den eigentlichen Hotspots rund um die Städte ereignen, sondern auch auf abgelegenen Betrieben.

Mit einer Plakataktion versuchen der Verband der Baselbieter Gemeinden, der Ebenrain und das Amt für Wald gemeinsam, die Spaziergänger, Wanderer und Velofahrer auf das Einhalten von Verhaltensregeln aufmerksam zu machen. Kilcher hat volles Verständnis, dass sich die Leute wegen des Fehlens ihrer gewohnten Freizeitaktivitäten vermehrt in der Natur aufhalten. «Ich weiss, dass unsere Landwirte dieses Bedürfnis durchaus nachvollziehen können, und ich erlebe sie als sehr kooperativ und verständnisvoll», hält Lukas Kilcher fest.

Landwirte bemängelten jedoch, dass in verschiedenen Gemeinden nicht genügend Plakate aufgehängt sind. Auch wünschten sie sich eine grössere Präsenz der Polizei. «Wenn sich jemand respektlos gegenüber dem Eigentum von Privaten benimmt, ist meines Erachtens die Polizei gefordert, Präsenz zu markieren», so Kilcher. Es könne nicht Aufgabe der Landwirte sein, die unerfreuliche Rolle einzunehmen, um den nötigen Respekt einzufordern und eine eigentliche Volkserziehung durchzuführen.

Aufklärungsbedarf noch gross
Auch beim Bauernverband beider Basel ist das negative Verhalten gewisser Bevölkerungskreise ein Thema. Sein Geschäftsführer ad interim, Samuel Guthauser, äussert sich wie folgt: «Die Mehrheit der Fussgänger und Wanderer hält sich an die Regeln und ist mit gesundem Menschenverstand unterwegs. Mit den schwarzen Schafen geht man am besten um, indem man sie direkt anspricht. Und da appelliere ich auch an die Zivilcourage der Einzelnen, wenn sie solches Fehlverhalten feststellen.»

Jeanette Gosteli ortet das Problem der mangelnden Rücksichtnahme nicht zuletzt darin, dass man in dieser Corona-Zeit zwar das Bedürfnis habe, nach draussen zu gehen, aber niemandem begegnen möchte. Dies gelte vor allem für Leute, die ortsunkundig seien. «Man läuft einfach irgendwohin und wenn es auf dem Weg nicht mehr weitergeht, kann man es ja querfeldein probieren.» Stefanie Spycher versucht, wenn immer möglich, im persönlichen Umfeld zu sensibilisieren. «Für mich ist es der richtige Weg, anständig und sachlich und im direkten Gespräch zu informieren.» Es sei längst nicht immer böser Wille, der zu diesem Fehlverhalten führe, denn es gebe immer mehr Leute, die keinen Bezug mehr zur Landwirtschaft hätten. Deshalb sei ein positiver Austausch mit der Bevölkerung sehr wichtig, ist sie überzeugt.

Lukas Kilcher ist sich bewusst, dass die Wirkung der Plakataktion noch ungenügend und weiterer Aufklärungsbedarf gross ist. Da könne sich die Coronakrise auch als Chance entpuppen. «Die Leute werden in und nach dieser besonderen Zeit vermehrt in die Natur gehen. Die Wertschätzung für Feld und Wald ist eine langfristige Informations- und Erziehungsaufgabe für Gross und Klein», so der Ebenrain-Leiter. «Die Menschen erfahren gerade jetzt, dass die Natur, die Arbeit der Landwirte und die Produkte aus der regionalen Landwirtschaft etwas Wertvolles sind, das man geniessen kann, aber auch etwas, das es zu respektieren gilt.»

Ausflügler auf Abwegen

Image Title

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Ja. Ich benötige ein Abo.

Article

Image Title